Alles Geschichte! 7, Schulbuch

136 Die Eroberung Algeriens Algerien stand seit dem 16. Jh. unter der Herrschaft des Osmanischen Reiches. Mit dem fortschreitenden Niedergang des Osmanischen Reiches konnte Frankreich 1830 die Hauptstadt Algeriens (Algier) und zwei weitere Hafenstädte erobern. Der französische Einmarsch hatte vor allem wirtschaftliche und politische Gründe. Die algerische Bevölkerung leistete zunächst erfolgreich Widerstand. Die weitere Eroberung des Landes nahm Züge eines Vernichtungskrieges gegen die Bevölkerung an. Algerien wird zu einem Teil Frankreichs 1847 wurden die Küstenregionen Algeriens mit den etwa 100 000 dort lebenden europäischen Siedlern zu einem Teil Frankreichs erklärt. Damit setzte eine systematische Siedlungspolitik ein, um die einheimische Bevölkerung zurückzudrängen. Grund und Boden wurden enteignet und an die europäischen Siedler/innen verkauft. Widerstände gegen diese Enteignungen führten zu militärischen Interventionen Frankreichs, mit denen sich die Situation der einheimischen Bevölkerung weiter verschlimmerte. 1875 wurde die Bevölkerung gesetzlich in zwei Gruppen geteilt: Menschen aus europäischen Ländern, die sich in Algerien ansiedelten, galten als französische Staatsbürger/innen, die einheimische Bevölkerung als Untertanen. Algerier/innen mussten Zwangsarbeit leisten, unterlagen einer nächtlichen Ausgangssperre, ihr Heim durfte jederzeit durchsucht werden. Sie mussten eine Kopfsteuer zahlen, durften aber nur regionale Gremien wählen. Der algerische Nationalismus Die entstehenden politischen Bewegungen und Parteien der Algerier/innen hatten anfänglich nur das Ziel, die Rechte der algerischen Bevölkerung an die der französischen Staatsbürger/innen anzugleichen. Nachdem diese Bemühungen keinen Erfolg hatten, radikalisierte sich die Situation erneut und es kam zu Unruhen mit Todesopfern auf beiden Seiten. Nach dem Zweiten Weltkrieg reformierte Frankreich seine Kolonialpolitik. In Algerien wurde ein Regionalparlament gewährt, Arabisch wurde zur zweiten Landessprache erhoben und die algerischen Männer bekamen politische Mitbestimmung. Diese war allerdings begrenzt, da 8 Millionen Algerier/innen von der gleichen Anzahl an Parlamentariern vertreten wurden wie die eine Million Siedler/innen. Zusätzlich wurden Wahlen manipuliert, um die Interessen Frankreichs durchzusetzen. Der Bevölkerungsanstieg und die wenigen verfügbaren Anbauflächen führten zu einer Landflucht, in den Vororten der großen Städte entstanden Slums. Aus diesen Gründen wandten sich viele Algerier/innen vom demokratischen Weg ab, es bildete sich militärischer Widerstand gegen Frankreich. Der französisch-karibische Schriftsteller Frantz Fanon schreibt über den Kolonialismus Als 1956 […] die Nationale Befreiungsfront in einem berühmten Flugblatt feststellte, daß der Kolonialismus nur nachgebe, wenn ihm das Messer an der Kehle sitze, hat tatsächlich kein Algerier diese Ausdrücke zu gewalttätig gefunden. Das Flugblatt drückte nur aus, was alle Algerier empfanden: Der Kolonialismus ist keine Denkmaschine, kein vernunftbegabter Körper. Er ist die Gewalt im Naturzustand und kann sich nur einer noch größeren Gewalt beugen. M1: Fanon: Die Verdammten dieser Erde, 1961, S. 51. Der Algerienkrieg 1954–1961 1954 wurde zur Erreichung der Unabhängigkeit Algeriens die marxistisch ausgerichtete Nationale Befreiungsfront Algeriens (FLN) gegründet. Frankreichs Interesse an Algerien galt vor allem den neu entdeckten Ölfeldern und dem nuklearen Testgelände in der Sahara. Es war deshalb nicht bereit, auf Algerien zu verzichten. Säuberungsaktionen der französischen Armee, bei denen ganze Dörfer bombardiert wurden, und der Einsatz der Fremdenlegion gegen die Kämpfer/innen der FLN führten zu von beiden Seiten verursachten Massakern. Die Opferzahlen des Guerillakrieges machten den Algerienkrieg zum brutalsten Kolonialkrieg. M2: Für unsere Kinder. Frieden in Algerien. Plakat der Abstimmung 1961. Fotografie, 1961 3.4 Algerien Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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