138 3.5 Die Unabhängigkeit Britisch-Indiens aus der indischen Bevölkerung rekrutierten Soldaten der BEIC. Nach dessen gewaltsamer Niederschlagung wurde Britisch-Indien formell eine Kronkolonie, die direkt der britischen Krone unterstand. Als Repräsentant der Königin war der Generalgouverneur nun Vizekönig von Indien. Königin Victoria von England nahm 1876 den Titel „Kaiserin von Indien“ an. Das koloniale Indien Das Versprechen, Indern gleiche Aufstiegschancen für höhere Verwaltungsposten zuzugestehen, wurde nur selten eingelöst. Es bildete sich eine tiefe Kluft zwischen den Kolonialbeamten und Offizieren aus England und der indischen Bevölkerung. M2: Unbekannt: Ein britischer Offizier bekommt eine Pediküre von einem indischen Diener. Fotografie, undatiert Die Partei „Indischer Nationalkongress“ (INC) wurde 1885 als Interessenvertretung der indischen Bevölkerung gegründet. Sie setzte sich z. B. für den gleichen Zugang zu Verwaltungsposten ein. Eine radikale Strömung im INC wollte weiters die Fremd-herrschaft gewaltsam beenden, die liberalen Kräfte arbeiteten hingegen auf Zugeständnisse der britischen Regierung zu politischer Mitbestimmung hin. Wirtschaftlich war Indien von England abhängig. Der Salzhandel war ein britisches Monopol und während zu Beginn der Handelsbeziehungen von Indien fertige Textilien nach England ausgeführt worden sind, wurden in England durch die Erfindungen der Industrielle Revolution (s. Band 6) nur noch Rohstoffe wie Baumwolle benötigt. Mahatma „die große Seele“ Gandhi Mohandas Karamchand Gandhi wurde 1869 in eine Kaufmannsfamilie der dritten Kaste geboren. Er konnte ein Studium der Rechtswissenschaften in England absolvieren und versuchte zunächst, dem Idealbild eines britischen Gentleman zu entsprechen. Die Britische Ostindien-Kompanie Die ersten, mit Erlaubnis der Lokalherrscher gegründeten europäischen Handelsstützpunkte enstanden an der Küste Indiens. Mitte des 18. Jh. konnte die Britische Ostindien-Kompanie (BEIC), eine private Kaufmannsgesellschaft (s. Band 6, S. 49) ihren Einfluss im Staat des Großmoguls ausweiten. Nach einer militärischen Auseinandersetzung kamen 1757 mit Bengalen erste Teile Indiens unter direkte Kontrolle der BEIC, was dazu führte, dass die Kompanie zunehmend staatliche Aufgaben der Verwaltung übernahm. Durch steigende Ausgaben für Militär und Verwaltung drohte ein Konkurs des Unternehmens, worauf das britische Parlament 1773 einen Generalgouverneur als Aufsicht einsetzte und auch das britische Gerichtswesen einrichtete. Mohandas Gandhi schreibt in „Hind Swaraj“ („Indiens Freiheit“), 1909 Wir haben gesehen, daß die englischen Händler in Indien Fuß fassen konnten, weil wir sie dazu ermutigt haben. Unsere Fürsten bekämpften sich gegenseitig und baten um die Hilfe der Handelsgesellschaft. Die gesellschaftlichen Handlungsweisen sind beim Geschäftemachen und im Krieg die gleichen. Sie lassen sich von moralischen Fragen nicht stören. Das eigentliche Ziel der Engländer war die Vermehrung des Handelsvolumens in Indien, um daraus großen Reichtum zu erzielen. Sie nahmen unsere Hilfe an und steigerten die Zahl ihrer Handelshäuser. Um diese Handelshäuser zu schützen, haben sie eine Armee geschaffen, und wir dienten in dieser Armee für die Engländer. Ist das richtig, die Engländer für das anzuklagen, was wir selbst damals getan haben? Die Hindus und die Mohammedaner waren bis an die Zähne gegeneinander gerüstet. Diese Tatsache gab der Handelsgesellschaft die günstige Gelegenheit. Auf diese Weise schufen wir die Bedingungen, die es in der Handelsgesellschaft ermöglichten, die Kontrolle über Indien zu bekommen. Deshalb ist es richtiger zu sagen, daß wir den Engländern Indien gegeben haben, und zwar zu einem Zeitpunkt, als Indien bereits verloren war. M1: Gandhi: Wege und Mittel, 1996, S. 56–57. Indien wird eine britische Kronkolonie Mit der Zunahme der britischen Verwaltung setzte auch die Reformierung der indischen Kultur nach christlich-europäischen Idealen ein. Der christliche Missionseifer sowie die Überheblichkeit gegenüber den einheimischen Traditionen und Gebräuchen führte 1857 zu einem Aufstand der Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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