Alles Geschichte! 7, Schulbuch

145 Wirtschaftliche Probleme Kolonien dienten den Kolonialmächten in erster Linie als Rohstofflieferanten, die Industrie war daher nur schwach ausgebaut, auch an Fachkräften mangelte es. Das änderte sich auch durch die formale politische Unabhängigkeit nicht. Um Schulen, Straßen, Krankenhäuser etc. bauen zu können, mussten sich die neuen Staaten Geld leihen und verschuldeten sich. In vielen unabhängigen Staaten übten die ehemaligen Kolonialmächte weiterhin ihren wirtschaftlichen, politischen und auch militärischen Einfluss aus. Durch die schwache Wirtschaftslage gerieten die ehemaligen Kolonien in Abhängigkeit zu anderen reichen Industriestaaten, etwa den USA oder China. China versucht heute beispielsweise, seinen Einfluss in Afrika durch große Investitionen in die Infrastruktur auszuweiten, um Zugang zu wichtigen Rohstoffen des Kontinents zu erhalten. Die dadurch entstehende Armut führt zu einer höheren Migration aus den Ländern des Globalen Südens, was wiederum von den Ländern des Globalen Nordens als Bedrohung wahrgenommen wird, die darauf mit strengeren Einreisebestimmungen reagieren. Aufarbeitung von Verbrechen der Kolonialzeit Viele Verbrechen der Kolonialmächte, wie z. B. der Völkermord an den Herreros und Namas in Deutsch-Südwestafrika (heutiges Namibia) zwischen 1904 und 1908 durch die deutsche Schutztruppe oder die Verbrechen der japanischen Kolonialmacht in Korea, Taiwan und anderen besetzten Gebieten (Massentötungen, Folter, systematisierte Zwangsprostitution), wurden nach wie vor nicht aufgearbeitet, von den Verantwortlichen anerkannt oder entschädigt. Kulturelle Dekolonisation Zur Zeit der Kolonisation wurde die indigene Bevölkerung systematisch ihrer kulturellen Identität und ihres kulturellen Erbes beraubt. Alltagsgegenstände, kultische und religiöse Objekte wurden gestohlen und in die Heimat der Kolonialmächte gebracht. Dort lagern sie zum größten Teil noch immer in Museen, Sammlungen und Forschungseinrichtungen wie Universitäten. In den letzten Jahren kam die Debatte um Rückgabe (Restitution) dieser kolonialen Raubkunst wieder in Schwung, sie ist aber noch lange nicht abgeschlossen. M3: Brian Harris: Bronzene Köpfe aus dem Königreich Benin, das 1897 von britischen Truppen erobert und geplündert wurde. British Museum, London. Fotografie, 2021 Auch in österreichischen Museen befindet sich geraubte Kunst, die auf dem internationalen Markt verkauft wurde, um aus den Eroberungen einen Gewinn zu erzielen. Die Journalistin Angie Jaimie zu Kunstwerken aus den ehemaligen Kolonien (30.6.2020) We really have to go back to colonial encounters. How the art world accrued its wealth, its value, and its objects over time,” Saffore says. “The Brooklyn Museum, for example, has [one of] the largest collection of African art objects in the nation. On one hand, from a very capitalist point of view, you could think, ‘what a valuable museum, we should support the museum at all costs,’ but from a decolonial perspective, you’re immediately asking, not just who’s curating those objects, but how did they get those objects. And we know the answer: it’s through looting and imperialism. M4: Online auf: https://www.teenvogue.com (27.8.2023). Jetzt bist du dran: 1. Beurteile anhand von M1 die Sichtweise zur gehemmten Europäisierung in den Kolonien durch die Kolonialisierung. 2. Erörtere mögliche Gründe für den territorialen Anspruch auf unwirtschaftliche Gebiete wie die Hans-Insel (M2). 3. Diskutiere anhand von M3 und M4, wie Museen mit Raubkunst umgehen sollen. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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