Alles Geschichte! 7, Schulbuch

157 Weltweit entstanden neue Formen des Zusammenlebens, wie Kommunen, Wohngemeinschaften und Patchworkfamilien. Die sexuelle Revolution stellte die bisherige Sexualmoral infrage und forderte die freie Auslebung der Sexualität. Unterstützt wurde sie durch die Einführung der Pille, einer hormonellen Verhütungsmethode. Außerdem entstanden erste Homosexuellen-Bewegungen, da Homosexualität in vielen Ländern verboten war und (heute sogenannte) LGBTIQ+-Menschen gesellschaftlich ausgegrenzt wurden. Österreich und Deutschland In Österreich und Deutschland hatten die Jugendlichen und jungen Erwachsenen, wenn überhaupt, den Zweiten Weltkrieg nur als Kleinkinder miterlebt. Nun begannen sie, die Elterngeneration zu hinterfragen, die im NS-Regime gelebt hatte und die eigenen Rollen oder die Einstellungen aus dieser Zeit großteils verschleierte oder leugnete. Sie forderten Aufklärung und Nachforschungen, protestierten aktiv gegen Personen mit NS-Vergangenheit, die an öffentlichen Institutionen tätig waren. M5: Unbekannt: Ostermarsch auf der Wiener Mariahilfer Straße. Fotografie, 1968. Die Tradition der Ostermärsche entstand in der Bundesrepublik Deutschland (BRD) als Demonstration für den Frieden. Die Anhänger/innen der 1968er-Bewegung wollten nicht nach den traditionellen Werten ihrer Eltern leben, z. B. nach Pflicht und Gehorsam, sondern neue Lebensformen ausprobieren. Sie demonstrierten für Freiheit, Selbstbestimmung, Frieden und Gleichberechtigung. Autoritäten jeder Form, auch staatliche, lehnten sie ab, sie wollten an der Gestaltung der Gesellschaft mitarbeiten. So besetzten beispielsweise Studierende weltweit Universitäten, um demokratische Strukturen durchzusetzen. Studierende und Schüler/innen forderten Reformen und eine moderne Bildungspolitik. Autor Ralf Fücks über die 1968er-Bewegung Es ist nicht vermessen zu sagen, dass der politische Aufbruch jener Jahre entscheidend zur Herausbildung einer selbstbewussten Zivilgesellschaft beigetragen hat, die auf Augenhöhe mit dem Staat agiert. M3: Fücks: Was bleibt? 1968 als Gezeitenwende, 27.2.2008. Online auf: www.boell.de (22.4.2025). Eine Gegenkultur entsteht Aus diesen Strömungen bildete sich in den USA eine alternative Kultur: die Hippie- bzw. Flower-Power-Bewegung. Ihr Ideal von einem friedlichen, naturverbundenen Zusammenleben ohne Zwänge wurde von den jungen Erwachsenen in Europa übernommen. Die Anhänger/innen der neuen Kultur waren an ihrer bunten Kleidung sowie an ihren langen Haaren und Bärten erkennbar. Den Kapitalismus und den Massenkonsum lehnten sie ab. M4: Mary Evans: „Festival of the Flower Children” in Woburn Abbey, England. Fotografie, 1967 Jetzt bist du dran: 1. Arbeite drei zentrale Forderungen der 1968er-Bewegungen aus dem Autorentext heraus. 2. Analysiere M1 und M5. Vergleiche die beiden Bilder hinsichtlich der von den Demonstrierenden getragenen Objekte und der Protestinhalte. 3. Interpretiere die Aussage in M3, dass eine „selbstbewussten Zivilgesellschaft […] auf Augenhöhe mit dem Staat agiert“. Recherchiere zivilgesellschaftliche Beispiele im Österreich der Gegenwart. 4. Analysiere das Foto M4 in Hinblick auf die gezeigten Personen und vergleiche diese mit Fotos von aktuellen Musikfestivals auf Ähnlichkeiten und Unterschiede. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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