Alles Geschichte! 7, Schulbuch

158 KOMPETENZTRAINING Der Konflikt um die Kernkraft in Österreich Das weltweit erste Atomkraftwerk (AKW), auch Kernkraftwerk genannt, wurde 1954 in der Sowjetunion in Betrieb genommen. In den Jahren darauf wurden weitere AKWs auf allen Kontinenten gebaut. Österreich folgte diesem Trend und begann 1972 mit dem Bau eines Atomkraftwerks nahe bei Zwentendorf in Niederösterreich. Beteiligt waren der Verbund, das staatliche Energieunternehmen, und mehrere Landesgesellschaften. Historiker Oliver Rathkolb über den Beginn der Anti-­ Atomkraft-Proteste (o. J.) 1969–1973 protestierten nur vereinzelte Experten gegen das AKW-Programm der Bundesregierung. Öffentlicher Widerstand regte sich erst in St. Pantaleon-Stein. Dort, an der oberösterreichisch-niederösterreichischen Grenze, sollte ein zweites Atomkraftwerk entstehen, gegen das lokale BürgerInnen 74.000 Unterschriften sammelten. Bundesweite Proteste entstanden aber erst um den Standort Zwentendorf. Die Bundesregierung unter Bruno Kreisky beschloss davon unbeeindruckt den Energieplan mit mindestens drei AKWs in Österreich bis 1990 (Zwentendorf, St. Pantaleon–Stein und St. Andrä/Lavanttal). M1: Rathkolb: Atomkraftwerke in Österreich. Online auf: hdgoe.at/ atomkraftwerke (30.9.2023). Aktivistinnen und Aktivisten begannen, die Bevölkerung über die Gefahren der Atomkraft und die ungelöste Frage, wo die abgebrannten Brennstäbe und weitere hochradioaktive Abfälle über Hunderttausende von Jahren gelagert werden sollten, aufzuklären. Journalist Martin Steinmüller-Schwarz über Beginn und Zusammensetzung der Anti-AKW-Bewegung (2018) Der Widerstand gegen die Atomenergie war anfangs vor allem lokal begrenzt. In Vorarlberg demonstrierten die Menschen gegen das AKW-Projekt Rüthi, gleich hinter der Schweizer Grenze. Aber auch die AKW-Pläne in St. Pantaleon riefen regionalen Widerstand auf den Plan. Und im Waldviertel gingen die Menschen gegen die Überlegungen zu einem dortigen Atommülllager auf die Straße. […] Je größer die Anti-Atomkraft-Bewegung wurde, desto mehr zeigte sich, was sie nicht war: homogen. In ihren Anfängen verstanden sich die Proteste zumeist als unpolitisch oder waren konservativ geprägt. M2: Steinmüller-Schwarz: „Lausbuben“ gegen die Kernkraft, 5.11.2018. Online auf: orf.at (30.9.2023). 4.4 Darstellungen hinsichtlich Orientierungsmuster befragen: Protest der Zivilgesellschaft und politische Konfliktlösungsprozesse Darstellungen der Vergangenheit hinsichtlich angebotener Orientierungsmuster für die Gegenwart und Zukunft befragen Historische Darstellungen, z. B. in Form von Texten, Schaubildern und Fotografien, helfen uns nicht nur dabei, die Vergangenheit zu verstehen, sie können auch Aufschluss über gegenwärtige Phänomene und zukünftige Entwicklungen geben. Darstellungen der Vergangenheit können den Blick für Gegenwart und Zukunft schärfen, indem ihre Orientierungsmuster, d.h. die angebotenen Perspektiven und Standpunkte, im Hinblick auf Gegenwart und Zukunft analysiert werden. Darstellungen hinsichtlich angebotener Orientierungsmuster befragen – so gehst du vor: − Lies die historischen Darstellungen und markiere die Schlüsselwörter und bedeutsamen Passagen. Identifiziere anhand der markierten Schlüsselwörter und Passagen die jeweiligen Aussagen zum gemeinsamen Thema, das von den Darstellungen verhandelt wird. − Betrachte die Bilddarstellungen und beschreibe die Szene, die Personen usw. − Fasse auf dieser Grundlage die wesentlichen Aussagen der einzelnen Darstellungen zusammen. − Wenn du eine Aussage nicht verstehst, recherchiere den Hintergrund des Autors bzw. der Autorin, z. B. welche politischen, gesellschaftlichen, religiösen oder biografischen Faktoren ihn bzw. sie beeinflussten. Interpretiere die Aussage auf dieser Grundlage. − Vergleiche deine Ergebnisse zu den einzelnen Darstellungen miteinander und suche nach ähnlichen Standpunkten und Aussagemustern. Wenn es sich um Darstellungen aus verschiedenen Jahren handelt, arbeite heraus, ob bzw. in welcher Weise sich die Aussagemuster verändert haben. − Analysiere deine Ergebnisse hinsichtlich der Frage, welche Orientierungsmuster sich dir für gegenwärtige Phänomene und zukünftige Entwicklungen erschließen. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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