162 4.7 Neue Frauenbewegung, Frauenpolitik und Gleichstellungspolitik in Österreich Frauen in den sozialen Bewegungen der 1950er-/1960er-Jahren Die Bürgerrechtsbewegung (Civil Rights Movement) in den USA hatte in den 1950er- und 1960er-Jahren wichtige Rechte für die schwarze Bevölkerung erkämpft (s. S. 156). Auch viele Frauen waren in der Bürgerrechtsbewegung aktiv, sie wurden jedoch oft herabgewürdigt oder fanden mit ihren Anliegen kein Gehör. Dieselbe Diskriminierung erlebten Frauen innerhalb der Studierendenbewegungen der 1960er-Jahre. Die Neue Frauenbewegung Auf Grundlage dieser gemeinsamen Erfahrung und mit dem neuen Bewusstsein für gesellschaftliche Ungleichbehandlungen bildeten sich Gruppen von Feministinnen, die sich gegen die Diskriminierung von Frauen engagierten und für Gleichbehandlung eintraten. Sie werden unter den Begriff „Neue Frauenbewegung“ gefasst. Feminismus Feminismus ist ein Überbegriff für viele Strömungen und Gruppierungen, die sich für die Gleichstellung von Frauen mit Männern, gegen Gewalt gegen Frauen und gegen Diskriminierung von Frauen einsetzen. Indem alle bestehenden Machtverhältnisse analysiert und kritisiert werden, können darüber hinaus Forderungen für Chancengleichheit, Menschenwürde und Selbstbestimmung aller Menschen aufgestellt werden. Eine Feministin der jüngeren Generation ist die Schauspielerin Emma Watson. Sie ist als UNO-Sonderbotschafterin für Frauen- und Menschenrechte an der Kampagne „HeForShe“ beteiligt. Patriarchat Patriarchat bezeichnet ein Gesellschaftssystem, in dem Männer in allen Lebensbereichen die wesentlichen Machtpositionen einnehmen und Frauen diskriminiert werden. „Das Private ist politisch“ In den 1970- und 1980er-Jahren bildeten sich einzelne Gruppen von Frauen abseits politischer Parteien, die unabhängig von Männern für ihre Rechte und Gleichbehandlung einstehen wollten. Diese autonome Frauenbewegung griff unter dem Slogan „Das Private ist politisch“ Probleme und Themen auf, die damals als privat galten, wie Familienplanung, Schwangerschaftsabbruch (Abtreibung) oder die Beziehungsgestaltung zwischen Eheleuten. Die Gruppen machten diese Themen durch Aktionen, Demonstrationen und durch ihre nicht traditionellen Lebensweisen in der Öffentlichkeit bekannt. M1: Votava: Demonstration am Internationalen Frauentag. Fotografie, 8.3.1980 Die Gruppen gründeten Kulturzentren, Cafés, Buchhandlungen und andere Einrichtungen für Frauen. Dort diskutierten sie beispielsweise darüber, wie die traditionellen Rollen von Frauen und Männern aufgebrochen werden könnten, sowie über Schriften mit feministischen Inhalten. Philosophin Simone de Beauvoir über das „Frauwerden“ (1949) Man kommt nicht als Frau zur Welt, man wird es. Keine biologische, psychische oder ökonomische Bestimmung legt die Gestalt fest, die der weibliche Mensch in der Gesellschaft einnimmt. M2: Beauvoir: Das andere Geschlecht, 2002, S. 334. Sex und Gender Um die sozialen und kulturellen Einflüsse bei der Entwicklung der Geschlechtsidentität von Menschen zu benennen, wurde von den Aktivistinnen der Neuen Frauenbewegung der Begriff „Gender“ dem biologischen Geschlecht gegenübergestellt. Das heutige Verständnis von Gender Heute bezeichnet Sex als ein Teil von Gender das biologische Geschlecht, das durch Reproduktionsorgane, Hormone usw. gebildet wird. Das Gender einer Person wird außerdem durch ihre Kommunikation mit anderen Menschen und durch ihre Beziehung zu diesen geprägt. Gender wird somit auf der Grundlage biologischer, sozialer und kultureller Faktoren gebildet. Daher gibt es viele Varianten von Gender. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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