173 Entwicklungen bis 1848 Im Rahmen der europäischen Geschichte finden sich immer wieder mehr oder weniger erfolgreiche demokratische Bestrebungen, die vom Wunsch nach Partizipation, nach Mitbestimmung getragen werden. Auch abseits der Antike finden wir mit dem „Althing“ im nordisch-germanischen Island ab 930 einen Vorläufer der heutigen Parlamente. Eine modernisierte und reformierte Form des „Althing“ besteht in Island bis heute. Auch im Mittelalter finden sich immer wieder regionale Landgemeinden oder Stadtstaaten mit (vor-)demokratischen Strukturen (z. B. Venedig). In Österreich wurden erst ab dem 19. Jh. einzelne demokratische Elemente in die Regierung aufgenommen. Dies liegt auch an der fast 650 Jahre andauernden Herrschaft der Habsburger, die jegliche Mitbestimmung ablehnten und solche Strömungen bekämpften. Es gab daher keine folgenreiche Revolution wie im Frankreich der Aufklärung (s. Band 6, S. 100–103). USA 1800 – der Aufbau einer Demokratie M2: Foto eines Ausschnitts der ersten Seite der amerikanischen Verfassung aus dem Jahr 1787 Das Vorbild für unser heutiges Demokratieverständnis lieferte die Verfassung der USA aus dem Jahr 1787/1788 (s. Band 6, S. 99). Sie garantierte einer exklusiven Gruppe männlicher Weißer das Recht, regelmäßig Wahlen ihrer Abgeordneten und Vertreter abzuhalten, die Gesetze beschlossen oder die Regierung besetzten. Weiters wurde die Macht auf jene drei institutionellen Säulen verteilt, die heute noch das Verständnis von Demokratie prägen: Exekutive, Legislative, Judikative. Diese müssen voneinander unabhängig sein, üben aber eine gegenseitige Kontrolle aus. Am Ende des 18. Jh. führte diese Entwicklung dazu, dass sich die gemeinsamen Interessen individueller Wähler in Gruppen bündelten, um eine höhere Durchsetzungskraft zu entwickeln. So entstanden die ersten politischen Parteien. Das Jahr 1848 Im sogenannten „Vormärz“, der Zeit zwischen dem Wiener Kongress 1814/15 und dem Beginn der bürgerlichen „Märzrevolution“ im Jahr 1848, ließ Kanzler Metternich aufkeimende liberale politische Strömungen im Habsburgerreich unterdrücken und verfolgen (s. Band 6, S. 112–114). Doch der stärker werdende Nationalismus im Vielvölkerstaat sowie die Verbreitung neuer politischer Konzepte, wie des Sozialismus, führten 1848 – wie im gesamteuropäischen Raum – zu Aufständen gegen das 1815 installierte „System Metternich“, das die absolutistische Herrschaft wiederhergestellt hatte (s. Band 6, S. 114 u. 116). Ziele der Aufstände waren eine Verfassung und die Möglichkeit zur Mitbestimmung. Tatsächlich wurde ein Reichstag gewählt, der eine Verfassung ausarbeitete, die jedoch nie beschlossen wurde. Der Historiker D. Binder beschreibt das Wahlsystem nach der Revolution (2019) Zunächst wurden Wahlmänner gewählt, die im Anschluss daran ihrerseits Vertreter für den Reichstag auserkoren. Allerdings blieben dabei neben den Frauen auch mittellose Arbeiter und Dienstboten ohne politische Vertretung. […] Die Landtage selbst setzten sich aus den Repräsentanten der Kurien – Großgrundbesitzer, Städte, Märkte und Industrieorte, Handels- und Gewerbekammern, Landgemeinden – zusammen, die wiederum Vertreter in den Reichsrat entsandten. M3: in: Parlamentsdirektion (Hg.): Umbruch und Aufbruch, Wien 2019, S. 31. Jetzt bist du dran: 1. Vergleiche die demokratischen Grundkonzepte mit Partizipationsmöglichkeiten, die du bei wichtigen Entscheidungen an deiner Schule hast. Befasse dich mich dem SGA und zeichne ein Schaubild über die demokratische Struktur deiner Schule. 2. Analysiert zu zweit eine Möglichkeit, wie eure Idee einer „mehrtägigen Schulveranstaltung“ zu einer Ausführung im SGA gelangen kann. 3. Beschreibt die drei Säulen der Demokratie und beurteilt ihre Funktion in der Klasse. 4. Erörtert, inwiefern die Anfangsformulierung der Verfassung M2 im historischen und politischen Kontext zutrifft. 5. Vergleicht das Wahlsystem der Verfassung der USA von 1787 mit dem in M3 beschriebenen. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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