Alles Geschichte! 7, Schulbuch

183 Im Gegensatz zu den USA verfügte Russland bzw. die Sowjetunion schon sehr früh über einen gut ausgebauten Spionageapparat. So wurde bereits im Zuge der Oktoberrevolution 1917 (s. S. 16) ein Inlands- und 1920 ein Auslandsgeheimdienst gegründet. Diese beschäftigten bald weit über 100 000 Mitarbeitende. 1954 wurde der Geheimdienst als KGB (Komitee für Staatssicherheit) neu gegründet. Dieser konnte sich auf die vorhandenen Strukturen stützen. Die Stasi in der DDR Wie die CIA legte auch der sowjetische Geheimdienst nach dem Zweiten Weltkrieg ein besonderes Augenmerk auf Deutschland. So wurde 1950 in der DDR, in enger Abstimmung mit dem sowjetischen Geheimdienst, das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) eingerichtet, das heute vor allem als Stasi bekannt ist. Wie in den anderen Staaten des Ostblocks stand das MfS unter der Leitung und Kontrolle des KGB. Erste Operationen in den Satellitenstaaten Nach dem Zweiten Weltkrieg war der KGB zunächst am Aufbau von an der Sowjetunion orientierten Einparteiensystemen in Satellitenstaaten beteiligt – durch Niederschlagung von Protesten, Wahlmanipulationen, Verfolgung und Folter von Oppositionellen und der Auflösung ganzer Parteien aufgrund fingierter Skandale und Vorwürfe. Die Spionageabwehr war ein weiteres Betätigungsfeld. Konkret sollten Aktionen der CIA in Osteuropa sabotiert werden. Dazu wurden oft aufwändige Täuschungsmanöver inszeniert. In Polen beispielsweise ließ man die zuvor erfolgreich bekämpfte und besiegte polnische Heimatarmee, die der Sowjetunion feindlich gesinnt war, zum Schein wieder aufleben und besetzte sie mit eigenen Agenten. So gelang es, die CIA in die Irre zu führen, und man erhielt ab 1950 finanzielle Unterstützung und Waffenlieferungen direkt vom US-amerikanischen Erzfeind. Schlussendlich konnte man diesen Coup auch medial ausschlachten und die CIA bloßstellen, als man nach zwei Jahren entschied, die Aktion zu beenden und Teile davon der Öffentlichkeit preiszugeben. Industriespionage und die Atombombe Eine wichtige Aufgabe des sowjetischen Geheimdienstes war die Industriespionage. Der Kalte Krieg war stets auch ein Kampf um technologische Vorherrschaft. Die Sowjetunion war in einigen Bereichen im Rückstand, sodass Informationen gerade deshalb umso bedeutender waren. Pläne von Computern, Kampfflugzeugen und anderem militärischen Gerät waren von hohem Interesse. Hauptsächlich um diese im Anschluss selbst nachbauen zu können, aber auch, um etwaige Schwachstellen auszuspionieren. In den 1940er-Jahren gelangte man mehrfach an geheime Unterlagen des amerikanischen Atomwaffenprogramms. Schätzungsweise ersparte man sich damit etwa fünf Jahre Entwicklungszeit und so verfügte auch die Sowjetunion ab 1949 über funktionsfähige Nuklearwaffen, denen im Kalten Krieg eine zentrale Rolle als Abschreckungsinstrument zukam (s. S. 110). Woher kommt unser Wissen über Geheimdienste Über diese Tätigkeit [des KGB, Anm.] gibt es bis heute praktisch keine offiziell freigegebenen Akten. Durchgesickert ist trotzdem einiges. Das ist unter anderem das Verdienst von Wassili Mitrochin. Der 1922 geborene Russe arbeitete von 1948 bis 1984 als Offizier beim sowjetischen Geheimdienst. Allerdings geriet er frühzeitig ins Abseits, nach eigenen Angaben schon 1956 – und wurde ins Archiv der 1. Hauptverwaltung des KGB abgeschoben, zum Auslandsnachrichtendienst. In dieser Funktion schrieb Mitrochin über viele Jahre hinweg mit der Hand Akten ab, die über seinen Schreibtisch gingen. Nach seiner Pensionierung erstellte er aus diesem Material maschinenschriftliche Analysen über KGB-Aktionen in verschiedenen Teilen der Welt. 1992 wandte er sich zunächst erfolglos an den US-Geheimdienst, dann an die Briten, die seine Familie und ihn zusammen mit dem Material aus der ehemaligen Sowjetunion holten. Seither sind mehrere Bücher in verschiedenen Sprachen erschienen. Sie dokumentieren die Skrupellosigkeit, mit der KGB und KPdSU [der Kommunistischen Partei der Sowjetunion] in vielen Ländern weltweit sowjetische Machtinteressen durchsetzten. M11: Kellerhoff: Hier mischte der KGB bei Terror und Putschen mit, in: Welt, 29.8.2013. Online auf: www.welt.de (25.7.2023). Jetzt bist du dran: 1. Im Unterschied zum KGB sind viele Akten über die Arbeit der CIA mittlerweile frei zugänglich, allerdings mit geschwärzten Stellen. Erörtere eine wie in M11 beschriebene Veröffentlichung von als geheim eingestuften Akten durch eine Privatperson und benenne dabei relevante Grundwerte, die in einer Abwägung berücksichtigt werden müssen. Der KGB Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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