Alles Geschichte! 7, Schulbuch

64 Das Prinzip der „Gleichschaltung“ Unter Gleichschaltung verstanden die Nationalsozialisten zum einen die Abschaffung der Landesregierungen und der Selbstverwaltung in Bundesländern und Gemeinden zugunsten einer zentralen Verwaltung, die von nicht gewählten „Reichstatthaltern“ übernommen wurde. Diese waren oftmals Parteiorgane mit Funktionen in der NSDAP. Diese Verschmelzung von Partei und Staat ist ein Merkmal der NS-Diktatur. Im weiteren Sinn wurden mit der Gleichschaltung auch die Bereiche Wirtschaft, Kultur, Bildung, Wissenschaft, die Presse und das gesamte Sozialleben der Bürger/innen an die NSDAP angeschlossen. Einen alle Lebensbereiche durchdringenden diktatorischen Staat bezeichnet man als totalitär, dies ist ein weiteres Merkmal der NS-Herrschaft. Letzter Schritt zur Ausschaltung der Demokratie Mit dem „Gesetz zur Behebung der Not von Volk und Staat“ („Ermächtigungsgesetz“) setzte Hitler 1933 das Recht durch, Gesetze auch ohne Zustimmung des Reichtages zu erlassen, sogar, wenn diese der Verfassung widersprachen. Damit wurde das Prinzip der Gewaltentrennung aufgehoben. Der Reichstag beschloss das Gesetz gegen die Stimmen der SPD, die auf die Gefahren des Gesetzes hinwies. Die KPD-Abgeordneten waren bereits inhaftiert oder auf der Flucht. Durch seine Zustimmung schaltete sich das Parlament selbst aus. Auszug aus der Rede von Otto Wels im Reichstag gegen das Ermächtigungsgesetz Nach den Verfolgungen, die die Sozialdemokratische Partei in der letzten Zeit erfahren hat, wird […] niemand von ihr verlangen oder erwarten können, dass sie für das hier eingebrachte Ermächtigungsgesetz stimmt. […]. Noch M3: Unbekannt: Vereidigung ehemaliger Pfadfinder bei ihrer Eingliederung in die Hitlerjugend. Fotografie, undatiert niemals, seit es einen Deutschen Reichstag gibt, ist die Kontrolle der öffentlichen Angelegenheiten durch die gewählten Vertreter des Volkes in solchem Maße ausgeschaltet worden, wie es jetzt geschieht, und wie es durch das neue Ermächtigungsgesetz noch mehr geschehen soll. Eine solche Allmacht der Regierung muss sich umso schwerer auswirken, als auch die Presse jeder Bewegungsfreiheit entbehrt. […] Wir Sozialdemokraten wissen, dass man machtpolitische Tatsachen durch bloße Rechtsverwahrungen nicht beseitigen kann. Wir sehen die machtpolitische Tatsache Ihrer augenblicklichen Herrschaft. Aber auch das Rechtsbewusstsein des Volkes ist eine politische Macht, und wir werden nicht aufhören, an dieses Rechtsbewusstsein zu appellieren. […] M4: Wels: Rede vom 23.3.1933 vor dem Reichstag. Online auf: webarchiv.bundestag.de (6.9.2023). 1933 wurden die freien und die christlichen Gewerkschaften aufgelöst, Arbeitnehmer/innen und Arbeitgeber/innen wurden in der „Deutschen Arbeitsfront“ (DAF) zwangsvereinigt. Wenig später wurde die SPD verboten. Die Parteien des bürgerlichen Lagers lösten sich selbst auf, somit gab es keine legale Opposition mehr. Ausschaltung interner Konkurrenz 1934 Die mächtige SA mit ihren ca. 4 Millionen Mitgliedern stand in Konkurrenz zur Reichswehr – dem deutschen Heer, das später in Wehrmacht umbenannt wurde. Hitler stellte sich in diesem Machtkampf auf die Seite der Reichswehr und ließ 1934 die gesamte SA-Führungsriege mit ihrem Stabschef Ernst Röhm ermorden. Große Teile der SA gingen in der SS auf. Als Vorwand diente ein von der NS-Führung behaupteter Putschversuch der SA („Röhm-Putsch“). Ebenfalls im Jahr 1934 starb Reichspräsident Hindenburg und Hitler übernahm auch dessen Amt. Er trug nun den Titel „Führer und Reichskanzler“. Die Reichswehr wurde auf seine Person vereidigt – nicht auf Deutschland. Jetzt bist du dran: 1a. Fasse die Voraussetzungen für den Aufstieg der Nationalsozialisten zusammen. 1b. Arbeite aus dem Autorentext und M1 die wesentlichen Forderungen der Nationalsozialisten heraus. 2. Analysiere mithilfe des Autorentextes das Plakat M2. Gehe auf die Aussage des Plakates und die Wirkung auf die Adressatinnen und Adressaten ein. 3. Analysiere die Fotografie M3 hinsichtlich der Gleichschaltung von Jugendorganisationen. 4. Interpretiere den Auszug aus der Rede von Otto Wels (M4). Arbeite heraus, welche Gefahr er kommen sieht und was seiner Meinung nach zu tun bleibt. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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