70 4.5 Gesellschaft im Nationalsozialismus Zustimmung in der Gesellschaft zum Regime Der Großteil der laut NS-Ideologie zur deutschen „Volksgemeinschaft“ zählenden Menschen verhielt sich „systemkonform“, befolgte also die Regeln des Regimes. Der Zustimmungsgrad zur NS-Diktatur hing aber davon ab, ob eine Person Mitläufer/in oder Opportunist/in war, sich also Vorteile erhoffte oder Nachteile befürchtete, oder ob sie als Unterstützer/in die NS-Ideologie nahezu fanatisch vertrat. In der Geschichtswissenschaft spricht man von einer „Diktatur mit dem Volk“ – nicht gegen das Volk. Auch der fehlende breite Widerstand stützt diese Sicht. Zwischen Mutterschaft und Erwerbstätigkeit Frauen war im Nationalsozialismus die Rolle der Mutter zugedacht. Ihre Funktion war zunächst auf die Familie und das Heim reduziert, Mutterschaft wurde als Beruf gesehen. Die NS-Propaganda bewarb das rassenhygienische Ideal der „arischen“ Frau als Mutter möglichst vieler Kinder. Um die Mutterschaft zu fördern, wurde Frauen, die vier oder mehr „erbgesunde Kinder“ geboren hatten, eine Medaille verliehen, das sogenannte „Mutterkreuz“. Hinzu kamen ökonomische Anreize wie Kindergeld und Steuervorteile. Diese Maßnahmen zeigten Wirkung, die Geburtenrate stieg, was auch in Hinblick auf einen Krieg und eine Expansion in den Osten von der NS-Diktatur gewünscht war. M1: Theo Matejko: NS-Propagandaplakat. Druckgrafik, 1941. Ledige Frauen arbeiteten in damals frauentypischen Berufen, z. B. als Pflegende, Hausgehilfinnen oder Sekretärinnen. Während des Krieges stieg die Zahl der erwerbstätigen Frauen an. Die Kriegswirtschaft erforderte den vermehrten Arbeitseinsatz von Frauen, vor allem in der Landwirtschaft und der Rüstungsindustrie. Außerdem wurden Zwangsarbeiter/innen aus den besetzten Gebieten im Osten verschleppt. Rund 7,5 Millionen sogenannte „Fremdarbeiter/innen“, ein Drittel davon Frauen, arbeiteten für die deutsche Wirtschaft. Arbeit und Freizeit Die Schicht bzw. gesellschaftliche Gruppe der Arbeiter/innen fand sich nun zunehmend unter der Anhängerschaft der Nationalsozialisten. Das Regime verfolgte in Bezug auf die Arbeiter/innen zwei Strategien: Einerseits wurden bestehende Gewerkschaften verboten und stattdessen Arbeitnehmer/innen und Arbeitgeber/innen in der „Deutschen Arbeitsfront“ (DAF) vereinigt. Andererseits wurden Arbeitsbeschaffungsprogramme, soziale Hilfen und Möglichkeiten der Freizeitgestaltung geschaffen. Zur DAF gehörte die Organisation „Kraft durch Freude“ (KdF), die Freizeitaktivitäten für Arbeiter/innen anbot. Sie organisierte Urlaube und Kreuzfahrten, Vorträge und diverse Kurse wie Nähen oder Gymnastik sowie kulturelle Veranstaltungen. Es ging dabei aber nicht nur um leistbare Freizeitgestaltung, sondern auch um Indoktrination, also die ideologische Einflussnahme. Ziele waren z. B. die Stärkung der Volksgemeinschaft, der Heimatverbundenheit und des Nationalstolzes. Aus dem Erlass über die Deutsche Arbeitsfront vom 24. Oktober 1934 §2 Das Ziel der Deutschen Arbeitsfront ist die Bildung einer wirklichen Volks- und Leistungsgemeinschaft aller Deutschen. Sie hat dafür zu sorgen, dass jeder einzelne seinen Platz im wirtschaftlichen Leben der Nation in der geistigen und körperlichen Verfassung einnehmen kann, die ihn zur höchsten Leistung befähigt und damit den größten Nutzen für die Volksgemeinschaft gewährleistet. […] §7 […] Die Bildung anderer Organisationen oder ihre Betätigung auf diesem Gebiet ist unzulässig. M2: Aus: Siegel: Leistung und Lohn in der nationalsozialistischen „Ordnung der Arbeit“, 1989, S. 66 u. 68. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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