Alles Geschichte! 7, Schulbuch

72 4.6 Diskriminierung und Vertreibung der Jüdinnen und Juden M2: Unbekannt: Boykottaktion gegen ein jüdisches Geschäft. Fotografie, Berlin, 1.4.1933 An den antisemitischen Maßnahmen beteiligten sich neben der SA und SS auch die HJ sowie Teile der Bevölkerung, die mit der NS-Ideologie sympathisierten. Feindschaftliche Parolen in ganz Deutschland zeigten der jüdischen Bevölkerung, dass sie unerwünscht war. M3: Unbekannt: Antijüdische Aktion in Behringersdorf. Fotografie, 1933 Durch antisemitische Gesetze wurde die jüdische Bevölkerung systematisch aus dem Berufsleben gedrängt. Das betraf alle Menschen, die einen jüdischen Eltern- oder Großelternteil hatten. Jüdische Ärztinnen und Ärzte durften nicht mehr praktizieren, Richter, Anwälte und Lehrer/innen wurden entlassen. Jüdische Presse-Mitarbeiter/innen und alle in der Kunst und Kultur Tätigen durften ihre Berufe nicht mehr ausüben. Die berufliche Ausgrenzung zog wirtschaftliche Not nach sich. Im weiteren Verlauf wurden jüdische Kinder und Studierende nach und nach aus den öffentlichen Bildungseinrichtungen verdrängt. Die Gewalt und der Terror des NS-Regimes gegen Jüdinnen und Juden lassen sich in mehrere Phasen gliedern: Ab der nationalsozialistischen Machtübernahme 1933 wurden diese systematisch ausgegrenzt, ab 1935 entrechtet und spätestens ab 1938 Opfer von Gewaltakten. Danach begannen Verfolgung und Deportationen, welche ab 1941 im geplanten Massenmord mündeten. Antisemitismus hat(te) Tradition Antisemitismus ist eine menschenfeindliche Weltanschauung, die bereits lange vor der NS-Herrschaft existierte (s. Längsschnitt, Bd. 5, S. 172). Die Nationalsozialisten radikalisierten sie, erfanden sie aber nicht. Auch verschwand der Antisemitismus nicht mit dem Ende der NS-Herrschaft, sondern existiert auch heute noch. Eine gängige Definition von Antisemitismus ist jene der International Holocaust Remembrance Alliance (IRHA), einer überstaatlichen Organisation zum Gedenken an den Holocaust und dessen Erforschung. Antisemitimus-Definition der IRHA (2016) Antisemitismus ist eine bestimmte Wahrnehmung von Jüdinnen und Juden, die sich als Hass gegenüber Jüdinnen und Juden ausdrücken kann. Der Antisemitismus richtet sich in Wort oder Tat gegen jüdische oder nichtjüdische Einzelpersonen und/oder deren Eigentum sowie gegen jüdische Gemeindeinstitutionen [z.B. Museen oder Bibliotheken] oder religiöse Einrichtungen. M1: IRHA: Arbeitsdefinition von Antisemitismus. Online auf: www.holocaustremembrance.com (12.9.2023). Der Antisemitismus im NS-Regime unterschied sich von früheren Formen. Zum einen wurde der Antisemitismus von der Politik bzw. vom Staat getragen. Weiters kennzeichnete ihn die starke Bereitschaft zur Gewalt. Boykotte und antijüdische Gesetze 1933 Das NS-Propagandaministerium organisierte bereits im April 1933, kurz nachdem Hitler an die Macht gekommen war, eine Boykottaktion gegen Geschäfte jüdischer Besitzer/innen. An den Geschäftslokalen wurden antisemitische, ausgrenzende Parolen angebracht, z.B. „Juden unerwünscht“. SA-Männer hinderten Kundinnen und Kunden am Eintreten in die Geschäfte. Jüdische Kaufleute wurden so wirtschaftlich geschädigt. In anderen Ländern wurde der Boykott kritisiert, vor allem amerikanische und englische Firmen riefen als Antwort zum Boykott deutscher Waren auf. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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