80 4.9 Expansionspolitik – Vorstufen zum Zweiten Weltkrieg Das NS-Regime verfolgte von Beginn an eine außenpolitische Doppelstrategie: Öffentlich wurden friedliche Absichten bekundet (s. S. 60), aber hinter den Kulissen bereitete es einen Krieg vor, der Deutschland die Vormacht in Europa bringen sollte. Bereits 1933 trat das Deutsche Reich aus dem Völkerbund aus, 1935 wurde die allgemeine Wehrpflicht wiedereingeführt. Außenpolitisch geriet das Deutsche Reich zunehmend in Isolation und schmiedete eigene Bündnisse, z. B. mit dem faschistischen Italien. Noch hielt Großbritannien an seiner Appeasement-Politik fest (s. S. 26) und die westlichen Großmächte blieben zurückhaltend. Die Achse Berlin–Rom 1936 begründeten Adolf Hitler und Benito Mussolini die Achse Berlin–Rom. Mit diesem Bündnis sicherten sie sich gegenseitige Hilfe und Unterstützung zu. Im Juni 1940 trat Italien an der Seite des Deutschen Reiches in den Zweiten Weltkrieg ein. Verhältnis zur Sowjetunion Nach dem Ersten Weltkrieg fand zunächst eine Annäherung zwischen Deutschland und der Sowjetunion statt. Beide Länder waren nach dem Krieg Außenseiter in Europa – Deutschland wegen seiner zugeschriebenen Kriegsschuld und Russland wegen seiner starken sozialistischen Bewegung. 1922 schlossen die beiden Staaten in der italienischen Stadt Rapallo einen Handelsvertrag, der später zu einem Freundschaftsvertrag erweitert wurde. Beide Länder wollten als Verbündete agieren und ihre Position und ihr Ansehen wieder stärken. Zudem verzichteten sie gegenseitig auf eine Entschädigung der Kriegskosten und Kriegsschäden des Ersten Weltkriegs. Eine Zerschlagung Polens wurde zwar im Vertrag nicht erwähnt, doch zielten die Vertragspartner langfristig darauf ab. Der Hitler-Stalin-Pakt Etwa eine Woche vor Beginn des Zweiten Weltkriegs wurde in Moskau der sogenannte Hitler-Stalin-Pakt unterschrieben. Dieser Nichtangriffspakt garantierte Adolf Hitler die sowjetische Neutralität in Hinsicht auf den bereits geplanten Angriff auf Polen am 1. September 1939. Er enthielt darüber hinaus ein geheimes Zusatzprotokoll, das die Aufteilung des überfallenen und eroberten Polen zwischen dem Deutschen Reich und der Sowjetunion festlegte. Dazu gehörte auch das Vorhaben, deutsche, ukrainische und weißrussische Minderheiten in jeweils neue Gebiete umzusiedeln. M1: Clifford Berryman: Wonder how long the honeymoon will last? Karikatur, The Washington Star, 1939 Auch Finnland, Estland und Lettland sollten an die Sowjetunion fallen. Finnland wehrte sich jedoch erbittert im sogenannten Winterkrieg. Die Verträge zwischen der Sowjetunion und Deutschland endeten am 22. Juni 1941, als auf Hitlers Befehl hin die Sowjetunion ohne Kriegserklärung überfallen wurde. Der „Anschluss“ Österreichs und die Zerschlagung der Tschechoslowakei Der so genannte „Anschluss“ Österreichs an das Deutsche Reich im März 1938 (s. S. 53) wurde von den westlichen Großmächten Großbritannien und Frankreich ohne Widerspruch hingenommen. Das nächste Ziel der NS-Expansionspolitik war die Tschechoslowakei, wo Deutsche als Bevölkerungsminderheit im so genannten Sudetenland (an der Grenze zu Deutschland und Österreich) lebten. Die NS-Propaganda verkündete, die Sudetendeutschen „heim ins Reich“ holen zu wollen, und schürte den Konflikt zwischen Sudetendeutschen und der tschechoslowakischen Regierung. Hitler drohte offen mit Krieg und verlangte die Abtretung des sudetendeutschen Gebietes. Mit dem Münchner Abkommen vom 29. September 1938 stimmten Großbritannien, Frankreich und Italien schließlich einer Abtretung des Gebietes zu, um eine weitere Eskalation und einen Kriegsausbruch zu vermeiden. Im Gegenzug wurde der Bestand des tschechoslowakischen Reststaates garantiert. Vertreter der Tschechoslowakei waren nicht geladen. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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