93 Die „Wehrmachtsaustellung“ Bis in die 1990er-Jahre hatte man in der deutschen und österreichischen Erinnerungskultur die Angehörigen der Wehrmacht als „anständige“ Soldaten wahrgenommen. Zwei Wehrmachtsausstellungen (1995–1999 und 2001– 2004) widerlegten den Mythos der „sauberen“ Wehrmacht im Gegensatz zur verbrecherischen SS oder Gestapo. Vor allem auf den Kriegsschauplätzen im Osten und in Südosteuropa haben Wehrmachtsangehörige zahlreiche Verbrechen gegen Kriegsgefangene und die Zivilbevölkerung verübt (s. S. 76 und 83). Die Ausstellung spaltete die Bevölkerung in Befürworter und Gegner dieser Aussage. Viele ehemalige Wehrmachtssoldaten fühlten sich ungerechtfertigt verurteilt. M3: Christian M. Kreuziger: Schwere Ausschreitungen, 50 Verletzte, Dutzende Anzeigen bei gewaltsamen Demonstrationen rund um die Wehrmachtsausstellung in Wien (Ausschnitt), Fotografie, 13.04.2002 Gedenken der Opfer Nach den Auseinandersetzungen in Österreich rund um Waldheims Kandidatur für das Präsidentschaftsamt 1986 und Bundeskanzler Vranitzkys Eingeständnis der österreichischen Mitverantwortung an den nationalsozialistischen Verbrechen 1993 (s. S. 91) entstanden Initiativen, die ein Gedenken der NS-Opfer einforderten. 1997 wurde vom Nationalrat der 5. Mai – der Tag der Befreiung des Konzentrationslagers Mauthausen – als „Gedenktag gegen Gewalt und Rassismus im Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus“ festgelegt. Außerdem finden in der KZ-Gedenkstätte Mauthausen und in den ehemaligen Außenlagern jährlich im Mai Gedenk- und Befreiungsfeier statt, an denen internationale Delegationen sowie Vertreter/innen der österreichischen Regierung und der Bundespräsident teilnehmen. Am 8. Mai schließlich – am Tag der bedingungslosen Kapitulation der Deutschen Wehrmacht – veranstaltet das Mauthausen Komitee Österreich jährlich „im Gedenken an die Opfer und die Freude über die Befreiung von der NS-Terrorherrschaft“ das „Fest der Freude“ mit Reden und Musikdarbietungen. M4: Joe Klamar: Fest der Freude am Heldenplatz in Wien, am Videoscreen spricht die Zeitzeugin Rosa Schneeberger. Fotografie, 8.5.2024 Jetzt bist du dran: Beantworte auf der Grundlage von Kapitel 4.13 und 4.14 die historischen Fragen in einer schriftlichen Darstellung: Welche Phasen der Erinnerungskultur sind in Österreich hinsichtlich der NS-Diktatur feststellbar und welche Charakteristik weisen sie auf? 1. Ordne zunächst die Gedenk- und Erinnerungsformen M2 bis M4 einer Phase bzw. Position der Erinnerungskultur zu. Beachte dabei den Text M1 der Historikerin Uhl. Beschreibe, analysiere und interpretiere dann M2 bis M4 auf Grundlage der Informationen von Kapitel 4.13 und 4.14 in Stichworten oder kurzen Sätzen. 2a. Recherchiere, in welcher Form in der Nähe deines Wohnortes oder deiner Schule die Zeit zwischen 1938 und 1945 erinnert wird. Ziehe dazu folgende Website heran: https://gams.uni-graz.at/context:derla. Stelle fest, ob es auch ein Kriegerdenkmal für die Gefallenen im Zweiten Weltkrieg gibt. 2b. Notiere auch dazu Stichworte und kurze Sätze. 3. Beantworte nun die historische Fragen in Form einer schriftlichen Darstellung. Ziehe hierfür deine Stichworte und kurzen Sätze heran. Füge Fotos ein, wenn du bestimmte Denkmäler als Beispiele anführst. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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