94 LÄNGSSCHNITT Mode in Europa – vom Ersten Weltkrieg bis in die 1940er Jahre Aufbruch ins 20. Jahrhundert Als Mode bezeichnet man den in einer bestimmten Zeit (meist kurzfristig) als vorbildlich geltenden, bevorzugten Geschmack/Zeitgeschmack, der sich u.a. auch in der Art, sich zu kleiden oder zu frisieren äußert. Mode spiegelt gesellschaftliche, geistige und kulturelle Strömungen wider und wandelt sich ständig. Kleidung hat in erster Linie einen funktionalen Zweck und wird getragen, um den Körper zu bedecken und sich zu schützen. Der Wandel der Gesellschaft durch die Industrialisierung zeigte sich auch in der Mode. Durch Massenherstellung wurde Kleidung günstiger. Trotzdem bestanden weiterhin große Unterschiede zwischen Arm und Reich und zwischen Stadt und Land in Bezug auf die Möglichkeit und die Bereitschaft, sich modisch zu kleiden. Ein Großteil der Bevölkerung hatte ein Alltagsgewand, das gleichzeitig Arbeitskleidung war, und ein schönes Gewand für den Sonntag und festliche Gelegenheiten. Die Textilindustrie lieferte noch keine fertige Kleidung. Meist nähten Schneider/innen für ihre Kundinnen und Kunden. Modische Kleidung konnten sich nur Leute mit höherem Einkommen anfertigen lassen. Für die Ärmeren wurde geändert und geflickt. Besonders geschätzt waren Stoffe und Kleidung aus Großbritannien, von wo aus sich die Textilindustrie nach Europa ausbreitete. Ein wesentliches Zentrum, vor allem für Damenmode, war Paris. Der Erste Weltkrieg war auch für die Mode eine Zäsur (= gewaltiger Einschnitt). Besonders in Deutschland und Österreich-Ungarn machte sich die Blockade von Importen rasch bemerkbar. Baumwolle stand kaum mehr zu Verfügung. Als Ersatz wurden Brennnesselfasern und Papiergarn zu Stoffen verwoben. Auch im übrigen Europa wurden für die meisten Menschen die wirtschaftlichen Folgen des Krieges, menschlich und finanziell, so stark spürbar, dass modische Kleidung generell an Bedeutung verlor. Während der Zwischenkriegszeit (s. S. 30) wurden modische Entwicklungen der Vorkriegszeit wieder aufgenommen und neue Impulse gesetzt. Diese spiegelten neue gesellschaftliche Entwicklungen wider, z. B. größere Freiheiten für Frauen. Mit dem Zweiten Weltkrieg wiederholten sich viele Probleme, die man schon aus dem Ersten Weltkrieg kannte. M1: Unbekannt: Fünf Damen stehen bekleidet im Wasser, Canvey Island (Großbritannien). Fotografie, erschienen in: „Das Blatt der Hausfrau“ Nr.21, 1926 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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