Alles Geschichte! 7, Schulbuch

98 Lebendige Geschichte Mode als politisches Statement – Die Tracht Die Literatur- und Kunstströmung der Romantik mit ihrem Motiv „Zurück zur Natur“ und die Entstehung des Nationalismus lenkten die Aufmerksamkeit Ende des 18./Anfang des 19. Jh. auf die ländliche Kleidung. In Österreich trug Erzherzog Johann (1782–1859) die Tracht, um seine Verbundenheit mit dem Volk zu zeigen, die ihm ein echtes Anliegen war. Er förderte damit aber auch einen Trend. Der aufkommende Tourismus brachte eine rasche Verbreitung von Dirndl und Lederhose als Urlaubskleidung bei Bürgerlichen und Adel. Das Dollfuß-Schuschnigg-Regime förderte das Tragen von Dirndl und Trachtenanzug. Die Tracht sollte Österreich-Bewusstsein zeigen, gegen die NS-Propaganda für den „Anschluss“ an Deutschland (s. S. 53 und 58). M11: Tracht auf Briefmarken 1934−1938 und 1948−1958. Briefmarken eigneten sich in Zeiten ohne Fernsehen und Internet auch als Propagandamittel. Auch nach dem Krieg wurde mit dem Tragen von Tracht die Eigenständigkeit Österreichs betont, die ein diplomatischer Puzzlestein auf dem Weg zum Staatsvertrag war. Das Dirndl als Trend im 21. Jh.? Heute hat das Tragen von Tracht sehr unterschiedliche Bedeutung: Auf der einen Seite steht das Traditionsbewusstsein einer bestimmten Region mit seiner individuellen Tracht. Aber Dirndl und Lederhose sind auch Arbeitskleidung im Tourismus oder werden auf Bier- und Zeltfesten, Kirtagen oder Volksmusikkonzerten getragen. Diese kostengünstigen „Party-Dirndl“ aus dem Kaufhaus haben nichts mit einer traditionellen Tracht zu tun, sie dienen vor allem dem Spaßfaktor. M12: Martin Huber: Seewiese am Altausseer See. Fotografie, 2018 M10: Einflussfaktoren auf die Art der Bekleidung Schutz vor Umweltfaktoren (z.B. Sonne, Kälte) berufliche Vorgaben (z.B. Arbeits- schutzkleidung, Warnwesten, Uniform, Anzug/Kostüm) Anlass oder Zweck (z.B. Date, Sport, Hochzeit) Produktionstechniken (z.B. mechanischer Webstuhl) und Wirtschaftsfaktoren (z.B. Preis des Garns, Löhne) Ausdrücken von Zugehörigkeit (z.B. Jugendkultur, Religion, Geschlecht) Ausdrücken der eigenen Persönlichkeit (Wie viel Individualität wird gesellschaftlich toleriert?) finanzielle Möglichkeiten externe Faktoren Art der Kleidung persönliche Faktoren Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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