10 Demokratie Sozialgesetzgebung Die Anfänge des Sozialstaates in Österreich Zur Verbesserung der schwierigen Lage der Arbeiterinnen und Arbeiter wurden 1919/20 Sozialgesetze beschlossen. Diese wurden in Europa damals als sehr fortschrittlich angesehen. Das waren z.B. das Verbot der Kinderarbeit, die Einführung des 8-Stunden-Arbeitstages, die Invalidenentschädigung, eine staatliche Arbeitslosenunterstützung oder Urlaub für Arbeiterinnen und Arbeiter. Neben der Schaffung von Sozialgesetzen war die Durchsetzung bzw. Einführung des Wahlrechts für Frauen im Jahr 1918 eine wichtige politische Neuerung der Ersten Republik. Moderner sozialer Wohnbau in Wien Unter sozialdemokratischer Führung errichtete die Gemeinde Wien rund 400 Wohnbauten in der Ersten Republik. Die Wohnungen in diesen Wohnanlagen wurden modern gestaltet: direktes Licht in allen Räumen, fließendes Wasser, Toiletten, Gemeinschaftsräume, großzügige Höfe mit Grünflächen. Einen großen Stellenwert hatte die Gesundheitspolitik, die Stadtregierung bot beispielsweise kostenlose medizinische Versorgung an und richtete Mütterberatungsstellen ein. Auch das Bildungswesen sollte durch eine Schulreform und neu errichteten Büchereien verbessert werden. (Rotes Wien). Internationale Finanzhilfe für Österreich – die Völkerbundanleihe Nach Kriegsende stiegen die Preise enorm an, schließlich sogar täglich. Durch die Inflation verloren die Löhne stark an Kaufkraft, das heißt, das Geld wurde weniger wert. Die Menschen konnten sich also viel weniger leisten, viele mussten hungern. Zur Bekämpfung der Inflation erhielt Österreich 1922 vom Völkerbund eine Anleihe (Kredit). Der Erhalt des Geldes war u.a. an die Bedingung geknüpft, ein strenges Sparprogramm durchzuführen. Mit Jänner 1925 wurde auch eine neue Währung, der Schilling, eingeführt. Um weitere Staatsschulden zu vermeiden, wurden Steuern erhöht bzw. neue Steuern eingeführt. Etwa ein Drittel der Beamtinnen und Beamten wurde abgebaut und Löhne, Gehälter und Pensionen wurden gekürzt. Der Börsenkrach 1929 und die Weltwirtschaftskrise Die Weltwirtschaftskrise war eine Finanzkrise, die sich auf die ganze Welt auswirkte. Viele Menschen hatten damals Aktien gekauft und verloren durch den Börsencrash im Oktober 1929 ihr ganzes Erspartes (Schwarzer Freitag). Die Folgen waren u.a. Massenarbeitslosigkeit und Armut, auch in Österreich und Deutschland litten viele Menschen Hunger oder wurden obdachlos. Die schlechte wirtschaftliche und soziale Lage wirkte sich auch auf ihre politische Einstellung aus. Radikale politische Parteien wie z.B. die Nationalsozialistische Partei (NSDP) erhielten bei Wahlen immer mehr Zuspruch. Dies führte beispielsweise in Deutschland 1933 zur Machtergreifung durch die NSDAP. Karl-Marx-Hof, Wien, 19. Bezirk, Gemeindebau erbaut 1927–1930, Foto, 2023 P Invalidenentschädigung: sozialpolitische Maßnahme (Gesetz) zur Versorgung von Soldaten, die im Ersten Weltkrieg dauerhaft verletzt wurden und nur mehr eingeschränkt bzw. gar nicht mehr arbeiten konnten P Rotes Wien: Bezeichnung für die Zeit von 1920 bis 1934, während der die Sozialdemokratie mit absoluter Mehrheit in Wien regierte P Schwarzer Freitag: Bezeichnung für den 25. Oktober 1929; das war der Tag, an dem in Europa bekannt wurde (aufgrund der Zeitverschiebung), dass Aktien und Wertpapiere an der New Yorker Börse massive Kursverluste erlitten hatten und die Börse zusammengebrochen war ÷ Der Schilling löste die Krone ab und war von 1925 bis 1938 und von 1945 bis zum 28. Februar 2002 gesetzliches Zahlungsmittel in Österreich. Schilling Münze, Foto, 2014 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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