102 Globalisierung Urbanisierung in einer globalen Welt Begriffsklärung – Stadt Historisch betrachtet waren Städte immer mit besonderen Rechten, wie z.B. einem Stadtrecht und/oder Marktrecht sowie einer eigenen Verwaltung und Gerichtsbarkeit verbunden. Gut sichtbar unterschieden sich Städte von Siedlungen, indem sie durch eine Stadtbefestigung (z.B. Stadtmauer) abgegrenzt waren. Heute gibt es keine scharfe Abgrenzung mehr zwischen der Stadt und dem Land. Ab einer bestimmten Einwohnerzahl, die nicht verbindlich festgelegt ist, werden Gemeinden als "städtisch" definiert. Ein Unterschied zwischen einer Stadt und einem Dorf ist beispielsweise, dass in der Stadt vielmehr Anonymität herrscht, während im Dorf nahezu jeder jeden kennt. In Städten findet sich meist auch eine dichte Verbauung der Fläche sowie hohe Gebäude mit vielen Stockwerken. Die zunehmende Verstädterung Die Urbanisierung begann Mitte des 19. Jh. im Zuge der Industrialisierung. Städte, in denen sich Industrien ansiedelten, wuchsen massiv an, da sich der Lebensmittelpunkt unzähliger Menschen vom Land in die Stadt verlagerte (Landflucht). Um 1900 lebten etwa 10 % der Weltbevölkerung in Städten, am Beginn des 21. Jh. wohnten schon 54 % der Weltbevölkerung (2014) in urbanen Räumen. Schätzungen zufolge werden 2030 zwei Drittel der Weltbevölkerung in Städten leben. Am schnellsten schreitet die Urbanisierung in Ländern des Globalen Südens voran. Eine rasch voranschreitende Urbanisierung bringt soziale und wirtschaftliche Herausforderungen mit sich. Dabei geht es um die Versorgung der Einwohnerinnen und Einwohner mit Wohnraum, Arbeitsplätzen, Ernährung, Versorgung mit Strom und Wasser, Entsorgung von Abfällen und Abwässern, Verkehr, Schulen, Gesundheitsversorgung etc. Zugleich bieten geplante Stadtentwicklungen aber auch Chancen für eine Verbesserung der Lebenssituation der Menschen (z.B. Zugang zur medizinischen Versorgung, Bildung, Wohnraum). Rasantes Städtewachstum im 20. und 21. Jahrhundert Städte sind meistens für das nähere Umland, die Region oder ein Bundesgebiete von Bedeutung. Nur einige wenige Städte haben Weltbedeutung. Im Jahr 1900 gab es weltweit 17 Millionenstädte, heute existieren bereits ca. 550. Davon gelten derzeit über 30 Städte als Megacities (Stand 2024), das sind nach Definition der UNO Städte mit einer Bevölkerung von mehr als 10 Millionen. Dazu zählen z.B. Tokio (derzeit größte Stadt der Welt mit 37,5 Millionen Menschen), Delhi, Shanghai, São Paulo, Mexiko Stadt, Kairo, Mumbai und Peking. Städte, von denen aus globale Wirtschaftskreisläufe kontrolliert und gesteuert werden, bezeichnet man als Global Cities. Kennzeichen solcher Städte ist, dass von dort aus u.a. die globalen Finanzströme kontrolliert und verwaltet werden. Oftmals befinden sich Zentralen von Banken und Börsen in den Global Cities. Tokio (Japan), Foto, 2008 P Anonymität: eine Person oder eine Gruppe kann nicht identifiziert werden; sie ist unerkannt P Urbanisierung: lat. urbs, Stadt; Verstädterung ÷ Früher nannte man Länder des Globalen Südens auch Entwicklungs- bzw. Schwellenländer; auf der Schwelle zum Industrieland ÷ Global Cities und Megacities sind nicht gleichzusetzen. Während Megacities nur nach der Bevölkerungszahl definiert werden, werden Global Cities nach ihrer Bedeutung für nationale und internationale Steuerungs-, Versorgungs- und Kontrollfunktionen bewertet. In Global Cities werden oftmals auch globale Trends, beispielsweise in Kunst und Kultur, entwickelt, die sich von dort aus verbreiten. Kärntnerstraße (Wien), Foto, 2024 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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