116 Europäisierung „Europa“ – ein vielfältiger Begriff Europa als Idee – zwischen Einheit und Vielfalt Wenn heute von „Europa“ gesprochen wird, ist damit meist vereinfacht die „Europäische Union“ gemeint. Doch dieser Verbund aus derzeit 27 Mitgliedstaaten ist bei weitem nicht die einzige Möglichkeit, um den Begriff „Europa“ zu definieren. Europa als vielfältiges „Projekt“ meint meist die Idee einer „Europäischen Einheit“ im politischen und wirtschaftlichen Sinn sowie auf Basis von gemeinsamen Werten. Über Jahrhunderte standen sich die Nationen Europas immer wieder in verheerenden Kriegen als Feinde gegenüber. Daraus wurde im 20. Jh. schließlich die Idee geboren, die Staaten Europas müssten sich zusammenschließen, um aufbrechenden Konfliktherden durch einen möglichst engen Austausch und Zusammenhalt entgegenzuwirken. Dabei wird aber immer wieder auch auf die enorme Wichtigkeit eines Erhalts der Diversität innerhalb Europas hingewiesen, die sich z.B. in Form verschiedener Esskulturen, Sprachen, Gebräuchen oder auch Formen des Zusammenlebens zeigt, ganz nach dem Motto der Europäischen Union: in Vielfalt geeint. Grundlagen für die Entwicklung einer europäischen Gemeinschaft Nach dem Zweiten Weltkrieg beeinflussten die Siegermächte (USA, UdSSR, Großbritannien, Frankreich) das Schicksal Europas wesentlich mit. Der amerikanische Präsident Franklin D. Roosevelt bevorzugte die Idee „Eines Europas“. Stalin als auch der britische Premierminister Winston Churchill dachten jedoch an die Errichtung unterschiedlicher Einflusszonen der Siegerstaaten. Die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS, Gründung 1951) sowie die Europäische Gemeinschaft (EG, Gründung 1967) waren die ersten Schritte auf dem Weg eines freiwilligen Zusammenschlusses von europäischen Staaten. Mit dem Vertrag von Maastricht, 1993, beschlossen die damaligen Mitgliedstaaten u.a. die Umbenennung in Europäische Union. Seit 2009 hat die EU folgende Kompetenzbereiche: Subsidiarität – sind jene Bereiche, für die nicht ausschließlich die EU zuständig ist, diese werden auf staatlicher, regionaler oder kommunaler Ebene bearbeitet; Supranationalität – die Staaten gemeinsam, überstaatlich und verbindlich; Solidarität – Unterstützung der Mitgliedstaaten, die Achtung von Beschlüssen und Regeln (Rechtstreue), Kompromissbereitschaft, kleine Staaten erhalten relativ gesehen mehr Gewicht (degressive Proportionalität). Für den Beitritt zur EU müssen gewisse Kriterien erfüllt werden. Die Mitgliedstaaten geben freiwillig Teile ihrer Souveränität an die EU ab, um gemeinsam zu einer europäischen Lösung zu kommen. Die EU-Staaten arbeiten wirtschaftlich und politisch eng zusammen, um global betrachtet mehr Einfluss zu erlangen. Demnach versteht sich die EU als Föderation, die demokratisch getroffene Entscheidungen anerkennt und umsetzt. Darstellung Europas als „ersten Erdteil in Form der Jungfrau“, Holzschnitt, 1582 ÷ Der Name Europa geht auf die griechische Mythologie zurück, wonach sich der griechische Göttervater Zeus in Europa, eine phönizische Königstochter, verliebt. Durch eine List – er verwandelte sich in einen zahmen Stier – entführt er Europa auf die Insel Kreta. Die griechische 2-Euro-Münze zeigt die mythologische Darstellung Europas, Foto, 2002 P Föderation: Bündnis, Gemeinschaft ÷ Die wirtschaftspolitische Staatengemeinschaft EFTA (European Free Trade Association), deren Mitglied auch Österreich war, wurde 1960 gegründet. Ihre Ziele waren u.a. Handelserleichterungen sowie die Förderung von Wirtschaftswachstum. Jubiläumsbriefmarke 1985 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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