12 Demokratie Die österreichische Verfassung Das Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) wurde im Oktober 1920 beschlossen. Es war das Ergebnis schwieriger Verhandlungen und wurde von den Parteien als größtmöglicher Kompromiss angesehen. Mit einigen Abänderungen ist das Gesetz bis heute in Kraft. Die österreichische Verfassung besteht aus vier Grundsätzen (Prinzipien): Demokratisches Prinzip Österreich ist eine demokratische Republik. Das Staatsvolk wählt das Staatsoberhaupt, den Nationalrat, die Landtage und Gemeinderäte sowie seine Abgeordneten im EU-Parlament. Direkte Beteiligung am politischen Prozess ist möglich z.B. durch Volksabstimmung oder Volksbegehren. Alle Bürgerinnen und Bürger sollen sich frei an der politischen Meinungsbildung und an Wahlen beteiligen können und die Möglichkeit haben, auch selbst politisch aktiv zu werden. Republikanisches Prinzip Österreich ist eine Republik. Das Staatsoberhaupt ist auf Zeit gewählt. Seit der Verfassungsänderung 1929 wird die Bundespräsidentin bzw. der Bundespräsident direkt vom Volk für sechs Jahre gewählt und kann höchstens einmal wiedergewählt werden. Bundesstaatliches Prinzip Es gibt eine Aufgabenteilung zwischen der gesamtstaatlichen Regierung und den neun österreichischen Bundesländern. Über den Bundesrat wirken die Länder auch an der Gesetzgebung für den Bund mit, seine Mitglieder werden von den Landtagen entsendet. Das Bundes-Verfassungsgesetz legt die Zuständigkeiten von Bund und Ländern (sogenannte Kompetenzverteilung) fest. Darin wird bestimmt, wo es einheitliche Bestimmungen für ganz Österreich geben soll und welche Angelegenheiten je nach den Bedürfnissen in den Bundesländern unterschiedlich geregelt werden können. Alles, was in der Verfassung nicht ausdrücklich als Bundesangelegenheit festgelegt ist (z.B. Außenpolitik, Gesundheitswesen), ist Landessache (z.B. Jugendschutz, Bauordnung). Rechtsstaatliches Prinzip Die staatliche Verwaltung und Gerichtsbarkeit sind an die Gesetze gebunden und dürfen nur aufgrund von Gesetzen ausgeübt werden. Alle Gesetze müssen der Verfassung entsprechen. Der Verfassungsgerichtshof überprüft, ob Gesetze mit der Verfassung in Einklang stehen. Er wacht auch darüber, dass sich die öffentliche Verwaltung, dazu zählen beispielsweise Lehrerinnen und Lehrer sowie Polizistinnen und Polizisten, an die Gesetze hält. Änderung des Bundes-Verfassungsgesetzes 1929 Die Novelle war ein Ausdruck der damaligen politischen Diskussion über die Ausübung der politischen Macht in Österreich und brachte eine Machtverschiebung vom Parlament zum Staatsoberhaupt. Seine Rechte wurden erweitert: Sie oder er ernennt die Regierung (bis 1929 vom Parlament gewählt) und kann diese entlassen bzw. den Nationalrat einberufen und auflösen. Seither wird die Bundespräsidentin bzw. der Bundespräsident nicht mehr von der Bundesversammlung, sondern direkt vom Volk auf sechs Jahre gewählt. Sie oder er hat den Oberbefehl über das Bundesheer. Die Stellung des Verfassungsgerichtshofes wurde 1929 ebenfalls gestärkt. ÷ Eine Verfassung bildet die Rechtsgrundlage eines Staates. In ihr sind die Staatsform (z.B. Republik, Monarchie), der Aufbau des Staates (bundesstaatlich, zentralistisch), die Staatsorgane (z.B. Parlament, Präsidentin bzw. Präsident, Gerichte) und deren Aufgaben sowie die Stellung und Rechte der Bürgerinnen und Bürger festgeschrieben. Wählen in der Wahlkabine, Symbolfoto Digitales Zusatzmaterial h3sm48 P Novelle: Gesetzesergänzung, Nachtrag zu einem bereits bestehenden Gesetz ÷ Informationen zur Geschichte des Bundes-Verfassungsgesetzes findest du auch im Haus der Geschichte Österreich/Digitales Museum. Siehe dazu die QuickMedia App bzw. online. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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