erleben und gestalten 4 - Geschichte und politische Bildung, Schulbuch

18 Demokratie Lebenswelten in der Demokratie Das allgemeine und gleiche Wahlrecht für Frauen Während des Ersten Weltkriegs waren die meisten Männer als Soldaten eingezogen und Frauen übernahmen ihre Arbeit (z.B. als Briefträgerinnen, Schaffnerinnen, in Banken oder in Rüstungsbetrieben). Frauen erkämpften sich auch die Möglichkeit der politischen Mitbestimmung, so wurde etwa in Österreich 1918 das allgemeine und gleiche Wahlrecht für Frauen verfassungsrechtlich durchgesetzt. Dies war ein wichtiger Schritt in Richtung gesellschaftlicher und rechtlicher Gleichstellung. Bei der Wahl der Konstituierenden Nationalversammlung im Februar 1919 wurden die ersten acht weiblichen Abgeordneten ins Parlament gewählt. Bild der Frau im Wandel Nach der Rückkehr der Männer aus dem Krieg war es für Frauen schwierig, ihre neuen Arbeitsbereiche zu behalten. Dennoch stellten Frauen Mitte der 1920erJahre etwa ein Drittel aller Angestellten. Telefonistin, Sekretärin oder Verkäuferin wurden klassische Frauenberufe. Frauen erhielten für die gleiche Arbeit allerdings weniger Lohn als Männer. Die vielen Arbeiterinnen an Fließbändern in Fabriken waren noch schlechter gestellt. Zusätzlich zur Berufstätigkeit übernahmen Frauen die Hausarbeit und die Kindererziehung, was eine erhebliche Mehrfachbelastung war. Obwohl die Berufstätigkeit von Frauen in dieser Zeit immer selbstverständlicher wurde, gab es für viele Frauen v. a. in ländlichen Gebieten nur wenig positive Veränderungen. Filme, Werbung und Zeitschriften verbreiteten das veränderte Frauenbild einer berufstätigen, selbstständigen und emanzipierten Frau. Dies zeigte sich besonders im Aussehen und in der Mode v. a. bei Frauen, die in Städten lebten: Einige trugen kurze Haare, schminkten sich und legten das einengende Korsett ab. Die Röcke wurden kürzer und manche Frauen trugen auch Hosen. Auch das Verhalten von v. a. jungen Frauen in den Städten änderte sich: Sie gingen aus zum Tanzen, trieben Sport und manche fuhren Auto. Modernes Leben in der Stadt am Beispiel Berlin Während der 1920er-Jahre erlebte Berlin eine starke Modernisierung und zog viele Menschen an. In der Stadt herrschte eine offene und tolerante Atmosphäre, es gab viele Unterhaltungsmöglichkeiten (z.B. Tanzlokale, Kabaretts, Cafés, Kinos). Filmstars wie Marlene Dietrich wurden zum Symbol der modernen Zeit. Neue Modetänze wie z.B. Charleston und Tango lösten große Tanzbegeisterung aus, die Jazz-Musik erfreute sich großer Beliebtheit. In der Kunst entwickelten sich neue Stilrichtungen (z. B. Expressionismus). Kunst, Kultur und Literatur wurden als Plattform für Kritik gegen Missstände und Politik genutzt. Die Zwischenkriegszeit ist aber auch gezeichnet von wirtschaftlichen Krisen, der Ablehnung des Parlamentarismus und der Demokratie sowie dem Aufstieg radikaler Parteien. Mit der nationalsozialistischen Machtergreifung endete auch die kulturelle Vielfalt. Von Frauen forderte man nun ein „Zurück an den Herd“ und das Gebären vieler Kinder. O Faschismus, S.36 Marlene Dietrich, Foto, 1930 P Klassische Frauenberufe: sind v.a. personenbezogene, oftmals gering bezahlte Dienstleistungsberufe z.B. in den Bereichen Erziehung, Soziales, Gesundheitswesen, Büroarbeit, Handel, Reinigung ÷ Der Bubikopf war eine Kurzhaarfrisur für Mädchen und Frauen, die in den 1920er-Jahren zum Merkmal einer emanzipierten, selbstbestimmten und modernen Frau wurde. Porträt der US-amerikanischen Schauspielerin Louise Brooks (1906–1985), die in Stummfilmen mit dem damals modernen Bubikopf auftrat, Foto, 1927 P Expressionismus: Stilrichtung der bildenden Kunst und Literatur, im Mittelpunkt des Schaffens steht die persönliche emotionale Ausdrucksfähigkeit Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

RkJQdWJsaXNoZXIy MTA2NTcyMQ==