30 Faschismus „Anschluss“ an das Deutsche Reich Das Ende der politischen Selbstständigkeit Mussolini näherte sich ab 1935 dem Deutschen Reich an, um außenpolitisch nicht isoliert zu sein („Achse Berlin–Rom“). Die Westmächte und der Völkerbund hatten nämlich Italiens Angriff auf Äthiopien verurteilt. Damit verlor Österreich aber Italiens Unterstützung und Hitler erhöhte seinen Anschlussdruck. Bei einer Besprechung in Berchtesgarden (Deutschland) im Februar 1938 zwang Hitler Bundeskanzler Kurt Schuschnigg unter Androhung militärischer Maßnahmen, die verbotene NSDAP wieder zuzulassen und Arthur Seyß-Inquart als Innenminister mit absoluter Polizeigewalt einzusetzen (Berchtesgadener Abkommen). Zur Rettung des bestehenden Regimes setzte Schuschnigg eine Volksbefragung über die Selbständigkeit Österreichs für den 13. März fest. Doch der Druck der Nationalsozialistinnen und Nationalsozialisten von innen und außen wurde immer größer. Hitler erzwang am 11. März den Rücktritt Schuschniggs und die Ernennung Seyß-Inquarts zum Bundeskanzler. Dennoch befahl er den Einmarsch deutscher Truppen in Österreich. Der „Anschluss“ am 12. März 1938 wurde von einem großen Teil der österreichischen Bevölkerung bejubelt. Nicht wenige sahen darin eine Chance auf ein besseres Leben. Für viele, v.a. für die jüdische Bevölkerung und politische Gegnerinnen und Gegner, begann allerdings eine Zeit der Verfolgung und des Terrors. Die Republik Österreich hörte auf eigenständig zu existieren. Österreich wurde in das Deutsche Reich eingegliedert. Hitler ordnete für den 10. April eine Volksabstimmung an, damit sollte die Eingliederung ins Deutsche Reich legalisiert werden. Massive Propaganda, aber auch Gewaltandrohungen führten schließlich zu einer Zustimmung von 99,73 % für den eigentlich bereits vollzogenen „Anschluss“. Die Stimmabgabe im Wahllokal erfolgte beinahe immer vor den Augen aller, um den Verdacht einer möglichen Nein-Stimme zu vermeiden. NS-Herrschaft auf Österreich – Auswirkungen Nach dem Einmarsch wurde das ehemalige Österreich binnen kurzer Zeit „gleichgeschaltet“. Politik, Verwaltung, die Wirtschaft und das Alltagsleben wurden nach deutschem Vorbild umstrukturiert. Das Bundesheer wurde bereits am Tag nach dem „Anschluss“ auf Hitler vereidigt und Teil der deutschen Wehrmacht. Wie schon zuvor in Deutschland wurden „unzuverlässige“ Beamtinnen und Beamte, also jene, die politisch anders dachten, sowie Beamtinnen und Beamte jüdischer Herkunft entlassen. Die Medien (Presse, Rundfunk, Film) unterstanden nun direkt Reichspropagandaminister Goebbels. Die Polizei kam unter SS-Oberherrschaft. Die Erinnerung an Österreich sollte ausgelöscht werden: Ab 1. Mai 1938 hieß Österreich „Ostmark“; ab 1942 durfte nur mehr die Bezeichnung „Alpen- und Donau-Reichsgaue“ verwendet werden. Das ehemalige Österreich wurde in Reichsgaue eingeteilt, die nur teilweise den Bundesländern entsprachen. Begrüßung von Adolf Hitler beim „Anschluss“ in Linz, Foto, 12.3.1938 P Kurt Schuschnigg: (1897– 1977); christlich-sozialer Politiker, Nachfolger von Dollfuß als Bundeskanzler in der Ständestaat-Diktatur; zugleich auch Außen-, Verteidigungs- und Unterrichtsminister, Führer der Vaterländischen Front P Arthur Seyß-Inquart: (1892–1946, hingerichtet); Nationalsozialist, 1938 Innenminister, dann Bundeskanzler; 1940–1945 Reichskommissar für die Niederlande; als NS-Kriegsverbrecher durch das internationale Militärgericht 1946 in Nürnberg zum Tode verurteilt P Joseph Goebbels: (1897–1945), Propaganda- und Kulturminister im nationalsozialistischen Deutschland; kontrollierte die Medienberichterstattung im Sinne der rassistischen NS-Ideologie; beging bei Kriegsende Suizid P Schutzstaffel (SS): eigenständige Organisation der NSDAP; erlangte Kontrolle über die Polizei, stellte Verbände in den Konzentrationslagern, übernahm auch militärische Funktion Begrüßung der deutschen Wehrmacht in Salzburg, Foto, 12.3.1938 Digitales Zusatzmaterial h4n4ui Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
RkJQdWJsaXNoZXIy MTA2NTcyMQ==