48 Holocaust NS-„Euthanasie“ und Widerstand „Euthanasie“-Morde Ab 1939 begann die planmäßige Ermordung von Menschen mit Behinderung und von unheilbar Kranken jeglichen Alters. Diese Morde bezeichneten die NS-Behörden missbräuchlich bzw. verschleiernd als „Euthanasie“-Progamm. Die menschenverachtende Rechtfertigung für das Mordprogramm war, dass diese Menschen kein schönes Leben hätten und ihr Dasein daher als „lebensunwert“ bewertet wurde und man mit der Tötung den Betroffenen helfen würde. Der Massenmord trug die Tarnbezeichnung „Aktion T4“, der sich von der Adresse der NS-Organisationszentrale ableitete (Tiergartenstraße 4, Berlin). Es wurden eigene „Euthanasie“-Anstalten errichtet und die Transporte in die Tötungsanstalten fanden oft in grauen Bussen statt. Betroffene wurden meist sofort nach der Ankunft durch die Zuleitung von Gas (Kohlenmonoxid) in eigens eingerichteten Räumen ermordet. Im August 1941 wurde die „Aktion T4“ offiziell gestoppt. Dazu trugen v.a. Widerstand von Seiten der Angehörigen, der Kirche und Berichte über die Vorgänge im deutschsprachigen Radiosender der britischen Rundfunkanstalt (BBC) bei. Bis dahin waren bereits 70 000 Menschen in den „Euthanasie“-Anstalten getötet worden. Danach wurde das Morden in öffentlichen Pflegeanstalten fortgeführt. Man nimmt an, dass bis zum Kriegsende etwa 300 000 Menschen der „Euthanasie“ zum Opfer fielen. Tötungsanstalt Hartheim In Österreich war Schloss Hartheim bei Alkoven (OÖ) die größte Tötungsanstalt für die „Euthanasie“-Morde. Zwischen 1940 und 1944 wurden dort nahezu 30 000 Menschen ermordet. Auch in sogenannten Genesungsheimen oder Krankenhäusern wie z.B. in der Wiener Heil- und Pflegeanstalt „Am Steinhof“ (heute Klinik Penzing) bzw. in der sogenannten Kinderfachabteilung „Am Spiegelgrund“ wurden Patientinnen und Patienten – Kinder und Erwachsene – ermordet bzw. von dort nach Hartheim abtransportiert. Widerstand gegen den Nationalsozialismus Es war viel Mut notwendig, wenn sich Menschen gegen den Terror des Nationalsozialismus stellten. Sie setzten ihr Leben für Menschlichkeit und Freiheit aufs Spiel und mussten mit Verrat und Verfolgung rechnen. Widerstandshandlungen galten im NS-Regime als Verbrechen (z.B. Hochverrat) und erfolgten aus unterschiedlichen Gründen. Es gab einen parteipolitisch organisierten Widerstand von Frauen und Männern aus sozialistischen, kommunistischen oder katholisch-konservativ-bürgerlichen Gruppierungen (z.B. mit Flugblättern, Untergrundzeitungen). Auch Nonnen und Priester traten gegen den Nationalsozialismus auf oder auch Personen mit humanistischer Einstellung ohne einem bestimmten politischen oder religiösen Hintergrund. Manche halfen z.B. verfolgten Jüdinnen und Juden und versteckten sie. Andere wie Franz Jägerstätter verweigerten den Wehrdienst aus Gewissensgründen. Dies taten auch viele Zeugen Jehovas. Eine der bekanntesten Widerstandsgruppen in Österreich war die überparteiliche Organisation „O5“. Die Zahl der am Widerstand beteiligten Österreicherinnen und Österreicher wird auf rund 100 000 geschätzt. Mindestens 2700 aktive Widerstandskämpferinnen und -kämpfer wurden hingerichtet und etwa 32 000 politisch Verfolgte kamen in Gefängnissen und Konzentrationslagern oder in Gestapo-Haft um. Stolpersteine, Salzburg, 2011, Foto Digitales Zusatzmaterial h5ka23 P Euthanasie: griech., ursprünglich „schöner Tod“ P Kohlenmonoxid: giftiges, farb- und geruchloses Gas; entsteht bei unvollständiger Verbrennung von kohlestoffhaltigem Material (Kohle, Benzin); führt zu Atemnot und Ersticken ÷ Bevor Schloss Hartheim 1940 zu einer NS-Tötungsanstalt wurde, war es ein Pflegeheim für Menschen mit Behinderung. Seit 2002 ist das Schloss Lern- und Gedenkort u.a. über und für Opfer der „Euthanasie“-Morde. P Franz Jägerstätter: geb. 1907, wegen Kriegsdienstverweigerung 1943 zum Tode verurteilt und hingerichtet P O5: die „5“ steht für den fünften Buchstaben im Alphabet („E“), das „O“ und das „E“ standen für die Anfangsbuchstaben von „Österreich“ Erinnerung an das Zeichen der Widerstandsbewegung „O5“ am Wiener Stephansdom, Foto, 2010 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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