erleben und gestalten 4 - Geschichte und politische Bildung, Schulbuch

54 Holocaust Verlauf des Zweiten Weltkriegs Krieg gegen die Sowjetunion – Wende des Krieges Trotz des Nichtangriffspakts befahl Hitler am 22. Juni 1941 den Angriff auf die Sowjetunion („Unternehmen Barbarossa“). Den Nationalsozialisten ging es nicht nur um einen militärischen Sieg, sondern sie führten auch einen Ausrottungskrieg gegen „slawische Untermenschen“, um „deutschen Lebensraum im Osten“ zu schaffen. Anfangs siegten die deutschen Armeen mit etwa drei Millionen Soldaten an der langen Front zwischen Finnland und dem Schwarzen Meer. Doch je weiter sie in das Landesinnere vorstießen, desto stärker gerieten sie militärisch unter Druck. Im Dezember 1941 kam der Vormarsch vor Leningrad, Moskau und Stalingrad (heute Wolgograd) zum Stehen. Der einbrechende Winter war besonders hart (Temperaturen von minus 30 °C) und der sowjetische Widerstand wurde immer stärker. Im Herbst 1942 hatten deutsche Truppen Stalingrad zu zwei Dritteln erobert, als eine sowjetische Gegenoffensive einsetzte. Hitler wie Stalin wollten die Stadt aber um jeden Preis halten. Zur Jahreswende 1942/43 wurde die sechste deutsche Armee (ca. 280 000 Männer) eingeschlossen. Nach furchtbaren Kämpfen mussten sich Ende Jänner 1943 alle Soldaten, die nicht gefallen, erfroren oder verhungert waren, ergeben. Stalingrad wurde nahezu völlig zerstört. Die Verluste an Menschenleben auf beiden Seiten waren erheblich. Die Schlacht um Stalingrad kennzeichnet die Wende des Krieges. Verbrechen der Wehrmacht Die deutsche Wehrmacht führte nicht nur Krieg gegen andere Armeen im Osten und Südosten, sondern auch gegen Teile der Zivilbevölkerung. Die jüdische Bevölkerung sollte ausgerottet, Kriegsgefangene und die nichtjüdische Zivilbevölkerung durch Hunger und Terror dezimiert und zur Zwangsarbeit gezwungen werden. Dieses verbrecherische Vorgehen war von der politischen und militärischen Führung der Nationalsozialisten von Anfang an geplant (Vernichtungskrieg). Forschungen zeigen u.a., dass die deutsche Wehrmacht in der Sowjetunion und in anderen Kriegsgebieten am Völkermord an den Juden sowie an Verbrechen gegen Kriegsgefangene und die Zivilbevölkerung unterstützend und teilweise auch führend beteiligt war. Desertion (Fahnenflucht) Ein kleiner Teil von Wehrmachtssoldaten entfernte sich im Zweiten Weltkrieg unerlaubt von ihren Einheiten. Sie begingen dadurch Fahnenflucht. Viele von ihnen wollten nicht mehr für das verbrecherische NS-Regime kämpfen müssen. Manche versteckten sich mit Hilfe von Familie oder Freuden, andere schlossen sich Widerstandsgruppen an oder auch den alliierten Truppen (z.B. Großbritannien, USA). Die NS-Militärgerichte verurteilten gefasste Fahnenflüchtige hart, oft zum Tod. Mindestens 15 000 Deserteure wurden hingerichtet. Für das NS-Regime waren Deserteure Verräter. Diese Zuschreibung hielt sich auch nach 1945 noch lange in Österreich, sie bekamen auch keine Anerkennung oder Unterstützung. Erst seit 2009 werden ungehorsame Soldaten als NS-Opfer anerkannt und eine Fahnenflucht als eine Widerstandshandlung angesehen. Sowjetische und deutsche Tote im Schnee, Foto, 1942/43 Digitales Zusatzmaterial h5s2vw ÷ Aus eroberten Gebieten in der Sowjetunion wurden rund 4,7 Millionen Menschen nach Deutschland verschleppt. Diese Frauen, Männer und auch Kinder wurden dort zu schwerster Zwangsarbeit gezwungen. P dezimieren: durch einen gewaltsamen Eingriff stark verringern ÷ Das Hamburger Institut für Sozialforschung (HIS) zeigte Mitte der 1990er-Jahre eine Ausstellung zu den Verbrechen der Wehrmacht, was v.a. in Österreich und Deutschland zu heftigen Kontroversen (Auseinandersetzungen) in der Öffentlichkeit führte. Aufgrund inhaltlicher Mängel wurde die Ausstellung überarbeitet und die neue Fassung wurde zwischen 2001–2004 gezeigt („Verbrechen der Wehrmacht. Dimensionen des Vernichtungskrieges 1941-1944“). Mehr Information dazu findest du online oder in der QuickMedia App. Katalog zur Ausstellung, 2021, 3. Auflage Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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