62 Zweite Republik Neuanfang – die Zweite Republik Befreiung vom Nationalsozialismus Die Befreiung Österreichs vom Nationalsozialismus leiteten sowjetische Truppen ein. Sie überschritten am 29. März 1945 die damalige Grenze des Deutschen Reichs im Burgenland und nahmen am 13. April die Stadt Wien ein. Bis Anfang Mai besetzten US-amerikanische, französische und britische Truppen die westlichen und südlichen Bundesländer. Mit der bedingungslosen Kapitulation (Unterwerfung) der Deutschen Wehrmacht am 8. Mai 1945 endete der Zweite Weltkrieg. Österreich kam unter militärische Verwaltung der Siegermächte (Alliierten). Die USA, Großbritannien, Frankreich und die Sowjetunion teilten das Land in vier Besatzungszonen auf, auch Wien wurde viergeteilt. Gründung der Zweiten Republik In der Moskauer Deklaration (1943), einer gemeinsamen Erklärung der Außenminister der Sowjetunion, Großbritanniens und der USA, war beschlossen worden, Österreich nach dem Krieg als freien und selbstständigen Staat wieder aufzubauen. Bereits im April 1945 gründeten sich im sowjetisch besetzten Wien und Niederösterreich drei Parteien wieder, die Sozialistische Partei Österreichs (SPÖ), die Österreichische Volkspartei (ÖVP) und die Kommunistische Partei (KPÖ). Unter der Führung von Karl Renner (SPÖ) bildeten Politikerinnen und Politiker der drei Parteien am 27. April 1945 eine Provisorische Staatsregierung. Diese verkündete am gleichen Tag die Wiedererrichtung der Republik Österreich. Ziel war es, eine Regierung für ganz Österreich zu bilden und an die Verfassung von 1920/29 als rechtsstaatliche Grundlage anzuknüpfen. Wiederaufbau nach dem Krieg Nach Kriegsende herrschten Nahrungsmittelknappheit, Wohnungsnot, Armut und hohe Arbeitslosigkeit. Viele Verkehrswege, landwirtschaftliche Flächen und Industrieanlagen waren zerstört. Die Menschen betrieben in den ersten Nachkriegsjahren oftmals Tauschhandel, um sich mit dem Nötigsten zu versorgen. Die Natur wurde nach Heizmaterial und Lebensmittel abgesucht, selbst in öffentlichen Parks in Städten bauten die Menschen Gemüse an. Die Schillingwährung wurde 1945 wieder eingeführt und die Regierung verstaatlichte 1946/47 wichtige Großbetriebe (z.B. Eisen- und Metallindustrie, Elektrizitätswerke, Kohle- und Eisenerzabbau). Doch ohne ausländische Unterstützung wäre der rasche Wiederaufbau der österreichischen Wirtschaft und Industrie nicht möglich gewesen. Mit Hilfe des Marshallplans wurden z.B. Straßen errichtet und Industriebetriebe auf- und ausgebaut. Die „Tauernkraftwerke Kaprun“, ein Großprojekt aus der NS-Zeit, wurden mit Marshallplangeldern fertig gestellt. Es gelang die Inflation einzudämmen und die Löhne, Preise und Tarife zu kontrollieren. So konnte der Übergang von der zentral geplanten Kriegswirtsschaft zur Marktwirftschaft fließend gestaltet werden. Die Regierung schuf viele Fördermaßnahmen für Wirtschaft und Infrastruktur sowie sozialverträgliche Gesetze zur Deckung der Grundbedürfnisse. Österreich erlebte rasch einen deutlichen Aufschwung. Zu typischen Zeichen dieses „Wirtschaftswunders“ in den 1950er-Jahren wurden u.a. das Auto und Reisen an die Adria. Familienurlaub an der Adria, Foto, 1950er-Jahre P Besatzungszone: Gebiet in einem Land, das ein anderer Staat kontrolliert Die Provisorische Staatsregierung auf dem Weg zum Parlament (vorne links Karl Renner, rechts Theodor Körner), Foto, 29.4.1945 P Verstaatlichung: Überführung von Privat- in Staatseigentum zur Stabilisierung des Staatshaushaltes P Marshallplan: „European Recovery Program“ (ERP), initiiert von US-Außenminister George C. Marshall; Hilfsprogramm der USA für den Wiederaufbau des zerstörten Europas nach dem Zweiten Weltkrieg in Form von Krediten, Rohstoffen, Lebensmitteln und Waren (1948–1952) P Wirtschaftswunder: Bezeichnung für das unerwartet schnelle und nachhaltige Wirtschaftswachstum nach dem Zweiten Weltkrieg Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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