erleben und gestalten 4 - Geschichte und politische Bildung, Schulbuch

66 Zweite Republik Digitales Zusatzmaterial h6d8ce Verfassung und Staatsvertrag Die Verfassung der Zweiten Republik Als die Republik Österreich nach Ende des Zweiten Weltkrieges 1945 wiedererrichtet wurde, schrieb man keine neue Verfassung, sondern setzte das Bundes-Verfassungsgesetz (in der Form von 1929) wieder in Kraft. Aufgrund ihrer grundlegenden Bedeutung können Verfassungsgesetze nur erschwert geändert werden: Es muss eine Zweidrittelmehrheit im Parlament dafür stimmen und es müssen mindestens 50 % der Nationalratsabgeordneten anwesend sein. Für eine Gesamtänderung der Verfassung muss eine Volksabstimmung abgehalten werden. Dies war beim Beitritt von Österreich zur Europäischen Union (EU) 1995 der Fall. Staatsvertrag – Grundlage der politischen Unabhängigkeit Österreichs Nach jahrelangen Verhandlungen wurde im Mai 1955 der Staatsvertrag zwischen Österreich und den vier alliierten Mächten unterzeichnet. Damit endete die alliierte Besatzung. Während des Kalten Krieges hatten die Beteiligten unterschiedliche Positionen inne, das verzögerte die Einigung. Österreich verpflichtete sich im Staatsvertrag keinen Anschluss an Deutschland anzustreben und verzichtete darauf, jemals einem Militärbündnis beizutreten. Nationalsozialistische Wiederbetätigung blieb verboten. Auch Rechte von Minderheiten wurden geregelt (z. B. das Recht auf Elementarunterricht in slowenischer und kroatischer Sprache in bestimmten Regionen Kärntens, der Steiermark und im Burgenland). Im Zuge der Staatsvertragsverhandlungen hatte sich Österreich auch zur immerwährenden Neutralität verpflichtet, dafür wurde ein eigenes Gesetz erlassen. Gründung des österreichischen Bundesheers Das Bundesheer wurde im September 1955 gegründet und wird auf Basis der allgemeinen Wehrpflicht (Männer) gebildet. Ursprünglich dauerte der Präsenzdienst neun Monate (heute sechs Monate). Neben der militärischen Verteidigung Österreichs zählen der Schutz von wichtigen Personen und Einrichtungen, Hilfe bei Notfällen und Katastrophen (z. B. Überschwemmungen, Waldbrände, Lawinenabgänge) sowie Hilfe im Ausland (z.B. Friedenssicherung nach Kriegen, Hilfe nach Naturkatastrophen) zu den Aufgaben des Heeres. 1974 wurde ein Wehrersatzdienst (Zivildienst) für jene eingeführt, die aus Gewissensgründen den Dienst mit der Waffe ablehnen. Der Ersatzdienst kann bei gemeinnützigen Institutionen geleistet werden (z.B. Rotes Kreuz, Altersheime). Seit 2001 können auch Frauen den Beruf der Soldatin ausüben, seit 2023 können sie freiwillig den Grundwehrdienst absolvieren (Anteil 6 %, Stand 2025). Unterzeichnung des Staatsvertrags im Schloss Belvedere am 15. Mai 1955, Foto 1955 Siegel und Unterschriften auf dem österreichischen Staatsvertrag, Foto, 1955 ÷ Der österreichische Verfassungsgerichtshof (VfGH) sichert die demokratischrechtsstaatliche Ordnung. Er besteht aus 14 Verfassungsrichterinnen und -richtern und sechs Ersatzmitgliedern. Sie werden von der Bundesregierung, dem Nationalrat und dem Bundesrat ernannt und handeln unabhängig von politischen Parteien. Mit 70 Jahren müssen sie aus Altersgründen aus dem Amt scheiden. P Kalter Krieg: Konflikt zwischen den Westmächten unter Führung der USA und dem sogenannten Ostblock unter Führung der Sowjetunion zwischen 1947 und 1989; die Supermächte standen sich misstrauisch gegenüber und stellten in einem Wettrüsten immer mehr Waffen zur Abschreckung des jeweiligen Gegners her ÷ Das Neutralitätsgesetz wurde 1955 im Nationalrat beschlossen. Im Gedenken an die Unterzeichnung dieses Gesetzes wurde im Jahr 1965 der 26. Oktober als österreichischer Nationalfeiertag eingeführt. ÷ Der Zivildienst dauert neun Monate (Stand 2025). Eine besondere Form des Zivildienstes ist der Gedenkdienst (12 Monate), der sich speziell dem Gedenken der Opfer des Holocausts widmet. Weiterführende Informationen dazu findet ihr in der QuickMedia App bzw. online. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

RkJQdWJsaXNoZXIy MTA2NTcyMQ==