erleben und gestalten 4 - Geschichte und politische Bildung, Schulbuch

76 Soziale Ungleichheiten Neue Wertehaltungen in der Politik Earth Day (Tag der Erde) – 22. April 1969 flossen von einer Ölbohrplattform vor der Küste Kaliforniens (USA) nahe der Stadt Santa Barbara Millionen Liter Rohöl unkontrolliert ins Meer und verursachten eine bedrohliche Ölpest. Als Reaktion auf die Gesundheits- und Umweltschäden schlossen sich Menschen zu einer Umweltbewegung zusammen. Sie forderten, dass der Umgang mit der Umwelt Thema der Politik und ein Bewusstsein für Umweltprobleme geschaffen werden müsse. Am 22. April 1970 organisierte die Gruppe in den USA den ersten Earth Day. Inzwischen wird der Tag der Erde weltweit in über 175 Ländern begangen, so auch in Österreich. Umweltschutz als neues Politikfeld Auch in Österreich entwickelte sich ab den 1970er-Jahren ein Bewusstsein, dass der menschliche Einfluss auf die Umwelt größere Probleme verursachen kann. Umweltschützerinnen und -schützer machten Umweltthemen öffentlich und forderten eine entsprechende Umweltpolitik. Die Entwicklung in Österreich prägen mehrere Ereignisse: æ Im Herbst 1973 schränkten arabische Ölstaaten die Förderung von Rohöl stark ein. Dies führte zu einem starken Preisanstieg (Ölpreisschock) und zeigte die große Abhängigkeit vom Rohstoff Erdöl v.a. auf wirtschaftlicher Ebene auf. 1969 begann die österreichische Regierung mit der Planung und dem Bau eines Atomkraftwerks in Zwentendorf (NÖ) für die Energieversorgung. Dagegen entwickelte sich ab 1974 zunehmend Protest und eine österreichweite Anti-Atomkraft-Bewegung. Aufgrund des breiten Protestes ließ der Nationalrat am 5. November 1978 die erste Volksabstimmung in der Zweiten Republik durchführen. Knapp mehr als die Hälfte der Österreicherinnen und Österreicher (50,5%) stimmte gegen die Inbetriebnahme des Atomkraftwerkes. Diese Entscheidung ist bis heute für Umwelt- und Energiefragen von Bedeutung. æ Die österreichische Regierung wollte bei Hainburg in der Stopfenreuther Au (NÖ) ein Donaukraftwerk bauen. Dagegen gab es massiven Protest zum Schutz der Natur und Umwelt. Nachdem im Dezember 1984 mit Rodungsarbeiten begonnen worden war, besetzten Demonstrantinnen und Demonstranten die Au. Der Protest für den Erhalt einer intakten Umwelt war erfolgreich. Die Regierung ließ die Rodungsarbeiten abbrechen und gab den Plan für den Bau des Kraftwerks 1986 auf. Die Hainburger Au – heute Teil des Nationalpark Donau-Auen – blieb erhalten. Die steigende Aufmerksamkeit für die Folgen menschlicher Eingriffe in die Natur und für Umweltthemen veränderte auch die politische Landschaft in Österreich: Aus zivilgesellschaftlichen Protestgruppen entstand eine neue Partei – die Grünen. Fragen des Umwelt- und Naturschutzes und des Klimawandels zählen heute zu den wichtigsten global diskutierten Themen. Auch haben sich neue Protestbewegungen gebildet wie z.B. Fridays for Future Austria, in denen sich besonders Jugendliche für Klimagerechtigkeit einsetzen. O Gesellschaftlicher Wandel, S. 138 Anti-Zwentendorf-Demonstration, Wien, Foto, 1978 ÷ Ölpest: Verschmutzungen des Meeres, der Küsten und Strände verursacht durch auslaufendes Rohöl (z.B. aus beschädigten Tankschiffen, Ölbohrplattformen); im giftigen Ölschlamm verenden Tiere (z.B. Fische, Wale, Robben, Vögel) und Pflanzen und Riffe sterben ab ÷ 2009 erklärte die Generalversammlung der Vereinten Nationen (UNO) den 22. April zum „International Mother Earth Day“. P Ölpreisschock: Zeitraum eines starken Anstiegs des Ölpreises, der sich in betroffenen Industrieländern auf die Gesamtwirtschaft auswirkte und deren Wirtschaftsleistung schrumpfen ließ P Anti-Atomkraft-Bewegung: weltweite soziale Bewegung, die sich gegen die Nutzung der Kernergie und für den Ausstieg aus der Atomkraft einsetzt Demonstration gegen den Bau des Wasserkraftwerks, Foto, 8. Dezember 1984 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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