erleben und gestalten 4 - Geschichte und politische Bildung, Schulbuch

82 Erinnerungskulturen Digitales Zusatzmaterial h6p2ur Erinnerung und Gedenken Vom Erinnern und Vergessen Die Vergangenheit wird aus der Perspektive der jeweiligen Zeit unterschiedlich bewertet. Geschichte wurde und wird selten umfassend dargestellt, meist wird eine bestimmte Auswahl getroffen, sodass nur Ausschnitte der Vergangenheit ins Blickfeld geraten. Manche Erinnerungen werden sogar bewusst aus dem Gedächtnis ausgeblendet, d.h. es gibt in jeder Gesellschaft oder Gruppe Themen bzw. Ereignisse, über die aus unterschiedlichen Gründen wenig oder gar nicht gesprochen wird. Es existieren verschiedene Formen von Gedächtnis, z.B. individuelle, subjektive Erinnerungen eines Menschen. Aber es gibt auch eine gemeinsame Kultur des Erinnerns in bestimmten Gruppen oder Nationen. Einige Ereignisse sind von so großer allgemeiner Bedeutung, dass sie zu offiziellen Feiertagen erhoben werden (z.B. Nationalfeiertag). Anlässlich von Jubiläen wichtiger historischer oder politischer Ereignisse werden diese gefeiert und in diesem Zusammenhang aus aktuellem Blickwinkel neu betrachtet und bewertet. Für Österreich sind wichtige Gedenkjahre beispielsweise 1918, 1938, 1955 oder 1995. Blickwinkel auf die Vergangenheit Ereignisse, die noch nicht so weit zurückliegen und für die es noch Zeitzeuginnen und Zeitzeugen gibt, werden unterschiedlich erinnert und interpretiert. Für viele Menschen wirken Zeitzeugeninterviews überzeugend und motivierend, weil unmittelbare Begegnungen mit einem Menschen, der Geschichte erlebt hat, oftmals berührend und emotional sind. Auch bei Dokumentationen im Fernsehen oder im Rahmen einer Ausstellungen über zeithistorische Geschehnisse werden in der heutigen medialen Geschichtskultur Zeitzeugenaussagen miteinbezogen. In diesem Zusammenhang ist es umso wichtiger, dass Kompetenzen erworben werden, um medial dargebotene Lebenserzählungen zu analysieren, zu interpretieren und in einen größeren Zusammenhang einzuordnen. Dabei sollte nicht übersehen werden, dass Zeitzeuginnen und Zeitzeugen über die von ihnen erlebte Vergangeheit erzählen und somit aus ihrer persönlichen Perspektive heraus berichten. Zeitzeugeninterviews geben Veranlassung zum Nachdenken jedoch unter der Berücksichtigung, dass Erinnerungen immer subjektiv sind und vom Wissen, Glauben, den Gefühlen und Standpunkten der sich erinnernden Person beeinflusst sind. Symbole öffentlicher Erinnerung In vielen Ländern, so auch in Österreich, errichtete man über Jahrhunderte Denkmäler im öffentlichen Raum für verschiedene Persönlichkeiten aus Politik, Militär, Kultur oder Wissenschaft zu deren Erinnerung. Denkmäler sind ein vertrauter Teil des Stadt- und Landschaftsbildes, sie sind Symbole für das Gedenken aber auch Botschaften an zukünftige Generationen. Politische und gesellschaftliche Diskussionen über die Errichtung von Denkmälern und deren Gestaltung sind wichtige Quellen, um Einblicke in Standpunkte gegenüber historischen Ereignissen oder Persönlichkeiten zu erhalten. Denkmäler können Mahnmale, Gedenken, Personenkult, Propaganda oder auch Machtdemonstration sein. Zeitzeugeninterview mit Stanislav Zalewski, polnischer Überlebender dreier Konzentrationslager, Wien, Foto, 2024 ÷ In Österreich regelt das Denkmalschutzgesetz den Umgang mit Denkmälern und baulichen Ensembles sowie deren Schutz und Pflege. Das „Mahnmal gegen Krieg und Faschismus“ wurde vom Bildhauer Alfred Hrdlicka geschaffen und 1988 am Wiener Albertinaplatz errichtet, Foto, 2005 P Mahnmal: spezielle Form eines Denkmals im öffentlichen Raum; soll mahnend an ein historisches Ereignis erinnern Mahnmal zum Gedenken an den Todesmarsch ungarischer Jüdinnen und Juden, Präbichl (Stmk), Foto, 2013 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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