92 Erinnerungskulturen Mythen, Medien und Unterhaltung Der Habsburgermythos Der Tourismus, speziell in Wien, lebt heute noch vom Mythos der Habsburger. In Reiseführern werden Stadtspaziergänge und spezielle Programme zum Thema „Habsburgerreich“ angeboten. Die Frage, was Österreich und seine Identität ausmacht, war nach dem Zerfall des großen Habsburgerreiches mit seinen vielen Völkern nach dem Ersten Weltkrieg nicht leicht zu beantworten. Kunst und Kultur wurden wichtige Erkennungsmerkmale für Österreich. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Habsburgermonarchie u.a. vom Tourismus und der Unterhaltungsindustrie entdeckt und instrumentalisiert. In zahlreichen Historien- und Heimatfilmen der 1950er-Jahre wurde die Zeit der Monarchie beschönigt und als glückselige Ära dargestellt. Dadurch sollte eine emotionale Verbundenheit mit dem wiederentstandenen österreichischen Staat hergestellt werden sowie eine klare Abgrenzung gegen Deutschland. Auch heute noch, mehr als 100 Jahre nach dem Ende der Monarchie, wird der „Mythos Habsburg“ v.a. in der Tourismusbranche erfolgreich genutzt. In diesem Zusammenhang müssen die Darstellungen von der Vergangenheit und der Geschichte und Kultur der Monarchie kritisch hinterfragt werden. Medien und Unterhaltung in der Erinnerungskultur Kaiserin Elisabeth, die 1898 ermordet wurde, ist auch heute noch in der Medienlandschaft omnipräsent. Ihre Lebensgeschichte wird in Büchern, Dokumentationen, Filmen und Serien erzählt. Diverse Schauspielerinnen interpretierten die Rolle der Kaiserin aus verschiedenen Perspektiven. Sogar Streamingdienste nahmen die Geschichte von Kaiserin Elisabeth sehr erfolgreich in ihr Programm auf. Die Konstruktivität, also die Darstellung des Lebens von Kaiserin Elisabeth aus einem bestimmten Blickwinkel, bewegt sich je nach Wirkungsabsicht von nahe an Überlieferungen aus Quellen bis zu fiktiven Erzählungen. Für die Erinnerungskultur sind auch digitale Spiele und ähnliche Medienformate von großer Relevanz. Die Inszenierung von Geschichte in Form von Spielen ist für viele Menschen ansprechend. Historische Themen aller Epochen sind in den unterschiedlichen Spielformen, von Strategiespielen über Abenteuerspiel bis hin zu Shooter-Spielen allgegenwärtig. Dabei ist es wichtig, die oftmals faszinierenden Zugänge zur Geschichte kritisch zu hinterfragen. Auch historische Dokumentationen erzielen meist hohe Einschaltquoten. Diese Geschichtsdokumentationen werden auch in Form von Dokutainment angeboten. Sie können Interesse an Geschichte bei einem bisher wenig geschichtsinteressierten Publikum wecken und haben auch einen Anteil am Bewahren und Gedenken von Geschichte. O Faschismus, S.38 Musicalaufführung „Elisabeth“ im Theater an der Wien, Foto, 2005 Romy Schneider und Karlheinz Böhm als Kaiserpaar, Filmplakat, 1955 ÷ Verfilmungen wie die „Sissi-Trilogie“ in den 1950erJahren trugen stark zum Habsburgermythos bei, der bis heute anhält. ÷ Das Leben von Kaiserin Elisabeth kam 1992 in Form eines Musicals auf die Bühne und wurde bis 1998 durchgehend am Theater an der Wien gespielt sowie von 2003 bis 2005. Das Stück erzählt die Lebensgeschichte der österreichischen Kaiserin Elisabeth als eine Art Totentanz. Das Drama-Musical wurde weltweit in 12 Staaten und 7 verschiedenen Sprachen aufgeführt. P omnipräsent: allgegenwärtig, überall verbreitet Touristen vor dem Maria Theresia Denkmal, Wien, Foto, 2017 ÷ Die Tourismus-Statistik verzeichnete im Jahr 2023 ca. 12,3 Millionen Nächtigungen in Wien, es ist ein überaus beliebtes Reiseziel. 2024 standen dem WienTourismus 15,3 Millionen Euro für Werbeaktivitäten zur Verfügung. Wien gehört zu den Top 10 Reisezielen in Europa. P Dokutainment: Unterhaltsame Darbietung dokumentarischen Materials Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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