Killinger Literaturkunde, Schulbuch

VOM ERSTEN ZUM ZWEITEN WELTKRIEG | 1920 – 1945 275 14. Setzen Sie sich damit auseinander, wie Joseph Roth die Situation in der Donaumonarchie schildert: • Fassen Sie zunächst diesen Abschnitt zusammen. • Charakterisieren Sie, was die Hauptfigur dieser Passage kennzeichnet. • Analysieren Sie, worin fur den Erzahler der Reiz der osterreichisch-ungarischen Monarchie liegt. • Kommentieren Sie diese Haltung der Erzählperson. 15. Untersuchen Sie den Realitätsgehalt des Textes: • Recherchieren Sie, an welchen Problemen die Monarchie nach der neuesten Geschichtsschreibung scheiterte, und sammeln Sie die Thesen in einem ubersichtlichen Dokument. • Vergleichen Sie die Ergebnisse Ihrer Recherche mit den Feststellungen des Erzählers. Robert Musil (1880 – 1942) Robert Musil stammte aus einer altösterreichischen Beamten- und Offiziersfamilie aus Klagenfurt mit Vorfahren in Böhmen. Der Vater war Professor an der Technischen Hochschule in Brünn. Der spätere Dichter studierte zuerst Maschinenbau, dann Philosophie und schlug die angebotene Hochschullaufbahn aus, um das ungewisse Los eines freien Schriftstellers auf sich zu nehmen. Er lebte in Berlin und Wien und emigrierte aus Abneigung gegen Hitler 1938 in die Schweiz. Zu Musils frühen Werken gehört die Erzählung Die Verwirrungen des Zöglings Törleß (1906). Der junge Internatsschüler Törleß steht einer bösen Welt grausamer und sadistischer Kameraden gegenüber und nimmt auch an deren Aktivitäten teil, was sich im Rückblick folgendermaßen darstellt: Die Verwirrungen des Zöglings Törleß (1906) Von den Rätseln, die ihn erst vor kurzem gequält hatten, war noch eine unbestimmte Nachwirkung geblieben, die wie ein dunkler ferner Ton am Grunde seiner Erlebnisse klang. Gerade daran mochte er jetzt nicht denken. Aber zeitweilig mußte er es. Und dann befiel ihn tiefste Hoffnungslosigkeit, und eine ganz andere, eine müde, zukunftslose Beschämung konnte ihn bei diesen Erinnerungen ergreifen. Trotzdem vermochte er aber auch über diese nicht sich Rechenschaft zu geben. Dies bewirkten die besonderen Verhältnisse im Institute. Dort, wo die jungen aufdrängenden Kräfte hinter grauen Mauern festgehalten wurden, stauten sie die Phantasie voll wahllos wohllüstiger Bilder, die manchem die Besinnung raubten. Ein gewisser Grad von Ausschweifung galt sogar als männlich, als verwegen, als kühnes Inbesitznehmen vorenthaltener Vergnügungen. Zumal wenn man sich mit der ehrbar verkümmerten Erscheinung der meisten Lehrer verglich. Denn dann gewann das Mahnwort Moral einen lächerlichen Zusammenhang mit schmalen Schultern, mit spitzen Bäuchen auf dünnen Beinen und Augen, die hinter ihren Brillen harmlos wie Schäfchen weideten, als sei das Leben nichts als ein Feld voll Blumen ernster Erbaulichkeit. Im Institute endlich hatte man noch keine Kenntnis vom Leben und keine Ahnung von allen jenen Abstufungen von Gemeinheit und Wüstheit bis zu Krankheit und Lächerlichkeit, die den Erwachsenen in erster Linie mit Widerwillen erfüllen, wenn er von solchen Dingen hört. Alle diese Hemmnisse, deren Wirksamkeit wir gar nicht abzuschätzen vermögen, fehlten ihm. Er war förmlich naiv in seine Vergehen hineingeraten. Robert Musil, undatiertes Foto. Pubertätsprobleme 5 10 15 20 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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