320 LUDWIG schweigt. OTTO: Weiter ausziehn, der Herr! Tempo, das is ein Befehl. LUDWIG beginnt plötzlich zu weinen, die Tränen rinnen ihm vollkommen unkontrolliert über die Wangen, zugleich zieht er sich weiter aus, am Ende steht er nackt da. OTTO steht starr, schaut, er kann nichts mehr tun, er starrt seinen Sohn an, wie der so dasteht, von den fünfzig Mark ist trotzdem keine Spur. Große Pause. OTTO plötzlich leicht, wie entschuldigend: Vor die Eltern braucht man sich nicht geniern, weil sie einen schon als kleinen Bubn gsehn ham. Nickt. Pause. MARTHA verdeckt ihr Gesicht, sie will Ludwig nicht nackt sehen. OTTO: Hast einen Stolz, weilst schlau bist und gibst es nicht preis, das Geheimnis. Nickt. Das kennt man! Kleine Pause. Aus dir wird nie was, das garantier ich dir, da kannst Gift drauf nehmen. Ich kenn die Welt, solche wie dich könnens nicht brauchen, das is sicher wie das Amen in der Kirchn. Mir bist du nicht nach. LUDWIG schaut seinen Vater an, ruhig und weinend: Lieber tot, als so wie du. OTTO reißt es fast, er schaut seinen Sohn an, zu Martha: Hast des ghört? MARTHA: Was? Weint. Große Pause. OTTO: Des hab ich mir denkt, genau. Er schaut noch, dann geht er, plötzlich in sich gekehrt, unsicher schauend in sein Kämmerlein ab. Große Pause. MARTHA: Zieh dir was an, tust dich ja erkältn. LUDWIG rafft schnell seine Sachen zusammen, geht aus der Küche, zieht sich im Wohnzimmer wieder an. MARTHA vor sich hin: So schlimm is das auch ned, da gibts noch viel Schlimmeres. Nickt sich Mut zu. LUDWIG hat sich wieder angezogen, dann räumt er seine Sachen wieder ein, trauert um die zerrissenen Plakate etc. Dann nimmt er seine Reisetasche und packt einiges ein, was er braucht und was ihm lieb ist, auch aus dem Bad nimmt er seine Sachen weg. Nun hat er seinen Ranzen gepackt, er kommt zurück in die Küche. MARTHA schaut. LUDWIG nimmt unter einem Stoß Tassen in der Kredenz in der Küche die fünfzig Mark heraus. MARTHA schaut: Pass auf, dass dir nix passiert, und komm bald wieder. Ludwig nickt, steckt die fünfzig Mark ein und geht aus der Wohnung. MARTHA schaut ihm nach. Sehr große Pause. OTTO kommt aus seinem Kämmerlein in die Küche: Is er weg? MARTHA nickt. Pause. OTTO setzt sich linkisch an den Tisch, schaut Martha an. Große Pause. MARTHA sehr ruhig: Otto, das verzeih ich dir nie. OTTO schaut: Warum? Große Pause. 50 55 60 65 70 75 80 85 90 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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