Killinger Literaturkunde, Schulbuch

DEUTSCHSPRACHIGE LITERATUR NACH 1945 321 41. Kommentieren Sie das von Kroetz gestaltete Sittenbild einer ländlichen Familie: • Beschreiben Sie, wie Vater, Mutter und Sohn einander begegnen. • Beziehen Sie Stellung zu ihrem Verhalten. 42. Untersuchen Sie die Verwendung der Sprache durch die drei Figuren: • Bestimmen Sie haufig verwendete Satzarten. • Analysieren Sie, wie stehende Phrasen verwendet werden. • Erlautern Sie, welche Regieanweisungen die haufigsten sind und was damit deutlich werden soll. DARSTELLUNG DER FRAU IM DRAMA Im 18. und 19. Jahrhundert haben fast ausschließlich männliche Schriftsteller Frauenfiguren geschaffen, Lessing (Emilia Galotti), Schiller (Maria Stuart), Goethe (Iphigenie), Hebbel (Maria Magdalene), Hauptmann (Rose Bernd). Besonders wichtig für die Darstellung der Frau im Drama war das Stück Nora. Ein Puppenheim (1879) des Norwegers Henrik Ibsen (1828 – 1906), da sich in der Originalfassung Nora von ihrer Umgebung und den gesellschaftlichen Konventionen emanzipiert und ihre Familie verlässt, um ein eigenständiges Leben zu führen. Nora fälscht auf einem Schuldschein die Unterschrift ihres Vaters. Ohne Wissen ihres Mannes, des Bankdirektors Helmer, zahlt sie ihre Schulden ab. Die kriminelle Handlungsweise Noras fliegt durch einen erpresserischen Angestellten ihres Mannes auf. Es kommt zur Krise in der Ehe und schließlich zur großen Auseinandersetzung: Henrik Ibsen: Nora. Ein Puppenheim (1879) HELMER: Freudig würd’ ich Tag und Nacht für dich arbeiten, Nora – Kummer und Not um deinetwillen tragen. Aber niemand opfert derjenigen, die er liebt, seine Ehre. NORA: Das haben Millionen von Frauen getan! HELMER: Ach, du denkst und redest wie ein unverständiges Kind. NORA: Mag sein. Aber du denkst und redest nicht wie der Mann, an den ich mich halten könnte. Als dein Schreck vorüber war – nicht über das, was mir drohte, sondern über das, was dir bevorstand – und als dann nichts mehr zu fürchten war – da war’s in deinen Augen, als sei gar nichts geschehen. Ich war wieder wie vorher deine kleine Singlerche, deine Puppe, die du in Zukunft doppelt behutsam auf Händen tragen wolltest, weil sie so zart und zerbrechlich war. (Erhebt sich) Torvald – in diesem Augenblick wurde mir klar, dass ich acht Jahre lang mit einem fremden Manne zusammengelebt, dass ich ihm drei Kinder geboren – oh, der Gedanke ist mir unerträglich! Henrik Ibsen, Nora. Ein Puppenheim. (Maria Köstlinger und Herbert Föttinger als Nora und Helmer), Theater in der Josefstadt, Wien. Bruch der Konvention 5 10 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

RkJQdWJsaXNoZXIy MjU2NDQ5MQ==