348 62. Untersuchen Sie diesen Text nach folgenden Gesichtspunkten: • Nennen Sie das Thema dieses Textes. • Beschreiben Sie die Perspektive, aus der dieser Text geschrieben ist. • Analysieren Sie die stilistischen Auffalligkeiten des Textes (Wortwahl, Satzbau, Koharenz). 63. Erörtern Sie die Absichten, die mit einem derartigen Text verfolgt werden. Satire Die Satire, die in allen Gattungsformen vorkommt, beruht auf einer spezifischen sprachlichen Verfahrensweise: Die Schreiberinnen und Schreiber üben an Schwächen der Menschen, an Institutionen und Zuständen Kritik, indem sie übertreiben (wie die Karikaturistin und der Karikaturist) und ihre Opfer der Lächerlichkeit preisgeben. Die Leserinnen und Leser sollen aus der Satire lernen. Alois Brandstetter: Verunklimpfung der Zither (1971) Die Zither ist ein rührseliges Instrument. Das Spielen der Zither heißt in der musikalischen Fachsprache Verunklimpfung. Der Kasten ist aus Zeder, einem widerstrebenden Holz oberhalb der Baumgrenze. Beim Spielen der Zither bilden die Finger der rechten Hand mit den Saiten ein Gitter. Die linke Hand vibriert am Steg. Das Tremolo ahmt Tirol nach. Der Spieler sitzt fest auf einer ledernen Hose. Wie die Harfe gilt auch die Zither als seraphisch.1 Es gibt einerseits schlechte Zitherspieler und gute. Die guten teilt man in Virtuosen ein. Gämsen kommen der Zither entgegen. Auch Wildschützen besitzen den unverkennbaren Ton. Die Zither ist hoch und klingt im alpenländischen Menschen nach. Die Zither ist ein Abbild der Riste. Der Bergbauer zupft das Heu aus der Erde, hängt es über lange Drähte in die schneidige Zugluft und entzieht es so der Feuchtigkeit. Ein Kirtag ohne Zither ist wie eine Zither ohne Kirtag. Beim Stimmen muss man noch nicht aufpassen. Der Gämsbart am Hut des Spielers ist lustig und zittert im Takt mit. Auch die Schuhsohlen sind gewichst. Die Plattler juchzen und flitzen über die gewachste Diele. Das Zentrum der Zither ist Imst. Sie zieht sich aber bis München hin. 64. Erläutern Sie, wie Brandstetter hier eine geläufige Textsorte parodiert: • Bestimmen Sie die Textsorte. • Nennen Sie Verstöße gegen Semantik und Syntax. • Erklären Sie die Wortspiele und Neubildungen (Neologismen), z. B. „Verunklimpfung“ statt Verunglimpfung. 65. Erarbeiten Sie in Partnerarbeit eine Lesung dieses Textes: • Experimentieren Sie mit verschiedenen Vortragsweisen und variieren Sie Tempo, Lautstärke, Tonhöhe, Stimmung, Betonung. • Tragen Sie den Text vor der Klasse vor. Parodie Unter Parodie versteht man die inhaltliche und stilistische Nachahmung eines Textes oder einer Textsorte. Die Komik entsteht durch Überzeichnung von Formmerkmalen und durch das – bewusst herbeigeführte – Auseinanderbrechen von scheinbarer Absicht und Wirkung. Satirische Kurzprosa 5 10 1 seraphisch: engelsgleich Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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