DEUTSCHSPRACHIGE LITERATUR NACH 1945 351 Moderne Heimatliteratur Vielfach stellen die Werke aus dieser Zeit das Leben auf dem Land mit all seinen wenig idyllischen Aspekten im bewussten Gegensatz zur Heimatliteratur traditioneller Prägung dar, deren Ziel es war und ist, das vorhandene System als mehr oder weniger gegeben zu akzeptieren beziehungsweise zu respektieren. In der modernen Heimatliteratur wird das Leben auf dem Land schonungslos kritisch beleuchtet. Dabei wird immer wieder auf die eigene, persönliche Geschichte zurückgegriffen (autofiktionaler Charakter) und die Vergangenheitsnostalgie, die den österreichischen Identitätsdiskurs lange geprägt hat, hinterfragt. Der Kärntner Autor Josef Winkler und seine Werke können als Beispiele für diese Art von Literatur dienen ebenso wie Reinhard P. Grubers Aus dem Leben Hödlmosers. Darüber hinaus finden sich eine Reihe von Werken, die in ironisch-satirischer Form Kritik an den gesellschaftlichen Zuständen üben, wie etwa die Texte von Alois Brandstetter. Neue Subjektivität Es zeigt sich, speziell seit den 1970er Jahren, eine Hinwendung zur Frage nach der eigenen Identität, nach der eigenen, oftmals traumatisch geprägten Kindheit und Jugend und den als beklemmend empfundenen gesellschaftlichen Zuständen. Viele dieser Werke enthalten autobiographische Elemente und die Schilderung individueller Schicksale. In diesem Zusammenhang wird in jüngster Zeit – einem gesellschaftlichen Trend folgend – auch die Geschlechteridentität thematisiert. Die politische Dimension der Texte wird zugunsten einer subjektiven Sichtweise zurückgedrängt, sprachlich werden die Texte der Alltagssprache angeglichen. Neigung zu Autofiktionalität Verschiedene Romane der Nachkriegszeit (u. a. Holzfällen von Thomas Bernhard) stellen offensichtlich selbst Erlebtes in der wenig verblümten Form des Schlüsselromans dar. Darüber hinaus thematisieren autofiktionale Texte Aspekte der eigenen Vergangenheit der Autorin bzw. des Autors, sind jedoch mit fiktionalen Elementen, Handlungssträngen, Motiven etc. angereichert, um ein literarisches Ganzes zu erzeugen. Monika Helfers Texte Bagage oder Vati über ihre eigene Familie sind typische Beispiele dafür. Auseinandersetzung mit der Rolle der Frau In vielen modernen Texten, speziell von feministischen Autorinnen, wird die traditionelle Rolle der Frau in der Gesellschaft kritisch beleuchtet. Autorinnen wie Elfriede Jelinek oder Marlene Streeruwitz entlarven typisch männlich geprägte Sichtweisen und weisen eindringlich auf die Einhaltung der Frauenrechten hin, indem sie die traditionellen Frauenbilder hinterfragen und die Auseinandersetzung mit diesen Haltungen einfordern. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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