DEUTSCHSPRACHIGE LITERATUR NACH 1945 375 der partner: nein, man sei hier auch nicht ausgewählt worden, er habe sich frei dazu entschlossen, hier zu sein. „sehen sie, ich glaube, ich muß sie von einer vorstellung befreien, die sie anscheinend verfolgt: das ist keine heimliche verabredung, die wir getroffen haben.“ das sei so eine phantasie aus den – na, er würde fast sagen: 70er jahren. der senior associate: warum er hier ausgewählt worden sei? ja, warum er hier ausgewählt worden sei? sei er hier ausgewählt worden? er erinnere sich nicht daran. wahrscheinlich liege es an seinem leistungsprofil. und dann werde es wohl bekannt sein, daß er ohnehin kaum mehr schlafe, ach, letztendlich werde man doch immer ausgewählt. „ich meine, du hast uns doch ausgewählt!“ der partner: noch mal, er sei hier nicht ausgewählt worden, er habe sich selbst dazu entschlossen. „und wenn ich ausgewählt worden wäre, würden sie das doch sicher am besten wissen, warum, oder irre ich mich?“ jedenfalls sei es seine entscheidung gewesen, hier zu sein. der it-supporter: wenn er sich hier einschalten dürfe, so ganz freiwillig sei es bei ihm nicht gewesen. er sei da schon unter druck gesetzt worden, wenn auch nicht so direkt, auf die messe zu kommen, eben die übliche geschichte. „man sagt ja nicht: ‚sie müssen das jetzt machen!’ man sagt: ‚es wäre besser für sie, sie könnten dies und das machen, sie könnten diese oder jene aufgabe wahrnehmen.’“ – aber direkt hat man es ihm nicht gesagt? – nein, er hat doch eben gesagt: so direkt eben nicht. da gibt es schon andere arten, es einem zu verklickern. – eben. – was eben? – auch er hat es freiwillig gemacht. * also bitte, er wolle noch selber entscheiden dürfen, wann er hier pause mache und wann nicht. er wolle selber entscheiden dürfen, wann er hier gehe oder nicht, „wann schluß ist“, oder? * der partner: „nein, da kann ich sie beruhigen.“ er könne sich ja so manche erschöpfungszustände vorstellen, aber ein erschöpfungszustand sei das nicht. er sei ja seit jahren an seine schlaflosigkeit gewöhnt, da sei nichts aufregendes für ihn dabei. sicher, ein paar wahrnehmungsstörungen träten schon auf mit der zeit, würde er sagen, und daß es so ruhig geworden sei, liege mehr an seinem inneren zustand – „ach, kennt man doch, daß man sich unschlüssig gegenübersteht und sich nicht sicher ist, ob das wirklich der mensch ist, mit dem man beispielsweise eine schwierige situation durch gestanden hat, oder ob das doch ein ganz fremder ist.“ psychische dissonanzen würde er das nennen, die neben den kognitiven dissoziationen durchaus mal auftreten könnten. * die key account managerin: aber es stimme, man würde nicht mehr so viel mitkriegen, man spare doch so einiges aus aus dem wahrnehmungsfeld. eine art tunnelblick stelle sich mit der zeit ein, und man könne nur froh sein, wenn dieser tunnelblick einen nicht so treffe, denn so einer könne vernichtend sein. 45 50 55 60 65 70 75 80 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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