389 INTERKULTURELLE LITERATUR Die heutige literarische Produktion ist dadurch gekennzeichnet, dass interkulturelle Einflüsse immer stärker sichtbar werden. So gibt es neben der überwiegend deutschsprachigen Literatur Österreichs auch eine beachtliche Literaturproduktion der sprachlichen und kulturellen Minderheiten, wie u. a. der Sloweninnen und Slowenen in Kärnten und der Südsteiermark, der kroatisch- und ungarischsprechenden Volksgruppen und der Roma und Sinti im Burgenland, die vielfach unbeachtet ist. Darüber hinaus treten auch immer wieder Autorinnen und Autoren hervor, die aus anderen Kultur- und Sprachräumen stammen, aber deren literarische Werke dennoch auf Deutsch publiziert bzw. ins Deutsche übersetzt werden. Die Auseinandersetzung mit der Sprache der Mehrheitsbevölkerung, die wechselseitigen sprachlichen und literarischen Einflüsse, die Vermischung und der Austausch der verschiedenen kulturellen Eigenheiten untereinander und die Zwei- bzw. Mehrsprachigkeit der Autorinnen und Autoren sind Charakteristika dieser Form der Literatur. Die Autorinnen und Autoren, die teilweise in ihren nichtdeutschen Erstsprachen schreiben, die aber jedenfalls mit ihrer Herkunftskultur verbunden sind, tragen somit wesentlich zum literarischen Leben bei. In thematischer Hinsicht spiegeln die Texte vielfach die jüngere Geschichte der jeweiligen Gruppen, die um kulturelle Anerkennung einerseits und um den Weiterbestand ihrer Sprache andererseits ringen. LITERATUR DER SLOWENISCHEN VOLKSGRUPPE Die slowenische Volksgruppe in Kärnten, deren sprachliche Grundlage wie auch die anderer Minderheiten, zunehmend gefährdet ist, wirken wesentlich an der literarischen Identität Österreichs mit. Die Entwicklung der slowenischsprachigen Literatur ist von besonderer Bedeutung, da sie neue Zugänge abseits der Tradition gefunden hat. Die Themen, die diese Werke bestimmen, gehen einerseits auf die Erfahrungen der Volksgruppe mit Ausgrenzung, Vertreibung, Ermordung und dem Widerstand gegen den Nationalsozialismus zurück und sind wesentlich vom Ringen um Anerkennung und Gleichberechtigung getragen. Andererseits werden Themen aus dem familiären Umfeld sowie die traditionellen Strukturen, die vielfach unter dem starken Einfluss der katholischen Kirche stehen, durchaus kontroversiell behandelt. Die poetische Sprache, die diese Texte heraushebt, zeugt von literarischer Qualität, die nicht zuletzt auf den Einfluss der slowenischsprachigen Kultur- und Literaturzeitschrift Mljade (Jungwald 1960 – 1991) zurückgeht, die von Florjan Lipuš (geb. 1937), Erik Pruncˇ (1941 – 2018) und Karel Smolle (geb. 1944) gegründet wurde und speziell in den 1960er und 1970er Jahren slowenischsprachigen Autoren und Autorinnen Publikationsmöglichkeiten bot. Namhafte slowenische Autoren und Autorinnen waren u. a. der Lyriker Gustav Januš (geb. 1939), Janko Messner (1921 – 2011), Andrej Kokot (1936 – 2012) und Valentin Polanšek (1928 – 1985). Zur jüngeren Generation gehörten u. a. Jani Oswald (geb. 1957), Maja Haderlap (geb. 1961), später auch Fabjan Hafner (1966 – 2016) und Cvetka Lipuš (geb. 1966). Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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