KINDER- UND JUGENDLITERATUR 415 Die Protagonistinnen und Protagonisten dieses Genres sind häufig Außenseiterinnen und Außenseiter, die besondere Fähigkeiten auszeichnen und die sich klar von ihrer Umgebung unterscheiden (z. B. Momo (1973) von Michael Ende). Insgesamt ist festzuhalten, dass diese Trends oft stark vermischt auftreten und daher einzelne Werke nur schwer einem einzigen speziellen Bereich zugeordnet werden können. Eine besondere Form stellen Graphic Novels dar, in denen das Geschehen in Bildstrecken wie in Comics erzählt wird, deren Inhalte aber durchaus ernst gemeint sein können (siehe S. 435f.). Um den kommerziellen Erfolg zu steigern, werden Kinder- und Jugendbücher oft in Serien produziert, was sich aufgrund der speziellen Erzählstruktur anbietet. Darüber hinaus sind Filmproduktionen, Adaptierungen für das Sprechtheater und Musicalbühnen sowie Hörbücher gängige Verbreitungskanäle geworden. Die Werke, die heute zur älteren Jugendliteratur zählen, waren zunächst meist nicht für Jugendliche, sondern für Erwachsene geschrieben, wurden dann aber auch unter Jugendlichen populär. Umgekehrt haben sich auch Jugendbücher zu Bestsellern im Erwachsenenmarkt entwickelt, z.B. der Roman tschick (2010) von Wolfgang Herrndorf (1965 – 2013). Zu den Klassikern der Jugendliteratur gehören Texte wie der Roman Robinson Crusoe (1719) des Engländers Daniel Defoe (1660 – 1731) oder Die Abenteuer des Tom Sawyer (1876) und Die Abenteuer des Huckleberry Finn (1884) des Amerikaners Mark Twain (1835 – 1910) sowie das literarische Meisterwerk Moby Dick (1851) von Herman Melville (1819 – 1891) und Alice in Wonderland (1865) von Lewis Carroll (1832 – 1898). Der britische Autor John Ronald Reuel Tolkien (1892 – 1973) schuf mit The Hobbit (1937) und Der Herr der Ringe (1954/55) grundlegende Werke der modernen Fantasy-Literatur ebenso wie C. S. Lewis (1898 – 1963) mit seiner Reihe Die Chroniken von Narnia (1939 – 1954), die die Abenteuer von Kindern erzählen, die durch einen magischen Schrank in das Land Narnia gelangen, wo sie sich in epischen Schlachten gegen das Böse stellen. Die Erzählung Der kleine Prinz (1943) des französischen Schriftstellers und Piloten Antoine de SaintExupéry (1900 – 1944) zeigt die Welt aus der Sicht eines kleinen Kindes und behandelt Themen wie Freundschaft, Liebe sowie die Bedeutung des Lebens und hat weit über die Kinder- und Jugendliteratur hinaus Geltung erlangt. Die schwedische Autorin Astrid Lindgren (1907 – 2002) prägte in ihren Romanen über Pippi Langstrumpf (1945 – 1948), die Kinder aus Bullerbü (1947 – 1966) und Mio, mein Mio (1954) die Jugendliteratur seit der Mitte des 20. Jahrhunderts. Der Fänger im Roggen (1951) des Amerikaners Jerome David Salinger (1919 – 2010) ist ein typischer Roman über die Pubertätsprobleme eines amerikanischen Jugendlichen, der hohe Bekanntheit erlangt hat und oft in der Originalsprache im schulischen Kontext gelesen wird. Zur traditionellen deutschen Kinder- und Jugendliteratur gehören Autoren wie Karl May (1842 – 1912) (siehe S. 429) und Erich Kästner (1899 – 1974), der u.a. mit seinen Werken Emil und die Detektive (1929), Pünktchen und Anton (1931), Das fliegende Klassenzimmer (1933), Das doppelte Lottchen (1949), lange Zeit prägte. Anne Frank: Tagebuch der Anne Frank (1947) Eine Sonderstellung nimmt das ursprünglich auf Niederländisch verfasste Tagebuch der im Konzentrationslager Bergen-Belsen ums Leben gekommenen Anne Frank (1929 – 1945) ein, da es sich zunächst um ein reales historisches Dokument handelte. Nach einem Aufruf des niederländischen Königs, Dokumente der Okkupation für die Zeit nach dem Krieg aufzubewahren, bearbeitete Anne Frank ihren Text jedoch, weil sie die Absicht hatte, ihn später zu veröffentlichen. Außenseiterinnen und Außenseiter Graphic Novels Klassische Jugendliteratur Auseinandersetzung mit Nationalsozialismus und Krieg Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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