Killinger Literaturkunde, Schülerband

BAROCK | 17. JAHRHUNDERT 71 Der protestantische Dichter Andreas Gryphius (1616 – 1664) wurde von der Not der Zeit und den Wirren des Krieges geprägt. In seiner Lyrik kehrt das barocke Vanitas-Motiv häufig wieder. Andreas Gryphius: Tränen des Vaterlandes (1636) Anno 1636 Wir sind doch nunmehr ganz, ja mehr denn ganz verheeret! Der frechen Völker1 Schar, die rasende Posaun, Das vom Blut fette Schwert, die donnernde Kartaun2 Hat aller Schweiß und Fleiß und Vorrat aufgezehret. Die Türme stehn in Glut, die Kirch ist umgekehret. Das Rathaus liegt im Graus3; die Starken sind zerhaun, Die Jungfraun sind geschändt; und wo wir hin nur schaun, Ist Feuer, Pest und Tod, der Herz und Geist4 durchfähret. Hier durch die Schanz und Stadt rinnt allzeit frisches Blut. Dreimal sind schon sechs Jahr, als5 unsrer Ströme Flut, Von Leichen fast verstopft, sich langsam fortgedrungen.6 Doch schweig ich noch von dem, was ärger als der Tod, Was grimmer denn die Pest und Glut und Hungersnot: Dass auch der Seelen-Schatz so vielen abgezwungen. 11. Interpretieren Sie das Gedicht: • Beschreiben Sie, wie der Krieg dargestellt wird. • Analysieren Sie das Gedicht in formaler Hinsicht (Strophen, Verse, Reime, Hebung, Gedichtform). • Untersuchen Sie den lyrischen Text im Hinblick auf die Sprache. Berücksichtigen Sie dabei die typischen Stilfiguren der Barockzeit. • Deuten Sie die Aussage dieses Textes. • Vergleichen Sie das Gedicht mit Grimmelshausens Roman und beurteilen Sie, welche der beiden Formen für Sie die Gräuel des Krieges eindrucksvoller darstellt. 12. Verfassen Sie ein Sonett aus Ihrer Perspektive: • Schreiben Sie selbst ein Sonett mit den Motiven/Stilfiguren der Barockzeit (Vergänglichkeit, Carpe diem, Antithese). Dabei sollte thematisch Ihre Lebenswelt im Mittelpunkt stehen. 13. Gestalten Sie eine Collage zum Thema Krieg: • Suchen Sie zunächst visuelle Elemente, die das Phänomen Krieg darstellen. • Ordnen Sie diese Elemente nach thematischen Schwerpunkten an. Z.B. materielle Folgen eines Krieges, Einsatz von Waffen, individuelle Schicksale, Flucht ... • Präsentieren Sie Ihre Ergebnisse in der Klasse und erläutern Sie Ihre Gestaltungsprinzipien. 14. Fertigen Sie ein Akrostichon mit dem Wort „FRIEDE“ an. Ein Akrostichon ist ein Gedicht, bei dem die Anfangsbuchstaben der Verszeilen ein Wort ergeben. 2 1 Völker: Kriegsvölker, Soldaten 2 Kartaun(e): eine Art Kanone 3 im Graus: in Schutt und Asche 4 Herz und Geist: im Barock häufige Fügung für Gemüt und Verstand 5 als: hier: so viel wie: dass 6 sich ... fort gedrungen: hier: für: sich drängen 4 6 8 10 12 14 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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