Zeitbilder 4
Zeitbilder 4, Schulbuch + E-Book Schulbuchnummer: 225262 Zeitbilder 4, Schulbuch E-Book Solo Schulbuchnummer: 225265 Mit Bescheid des Bundesministeriums für Bildung und Forschung vom 7. Oktober 2025, Geschäftszahl 20240.675.165, gemäß § 14 Absatz 2 und 5 des Schulunterrichtsgesetzes, BGBl. Nr. 472/86, und gemäß den derzeit geltenden Lehrplänen als für den Unterrichtsgebrauch an Mittelschulen und allgemein bildenden höheren Schulen – Unterstufe für die 4. Klasse im Unterrichtsgegenstand Geschichte und Politische Bildung geeignet erklärt. Dieses Werk wurde auf der Grundlage eines zielorientierten Lehrplans verfasst. Konkretisierung, Gewichtung und Umsetzung der Inhalte erfolgen durch die Lehrerinnen und Lehrer. Liebe Schülerin, lieber Schüler, du bekommst dieses Schulbuch von der Republik Österreich für deine Ausbildung. Bücher helfen nicht nur beim Lernen, sondern sind auch Freunde fürs Leben. Kopierverbot Wir weisen darauf hin, dass das Kopieren zum Schulgebrauch aus diesem Buch verboten ist – § 42 Abs. 6 Urheberrechtsgesetz: „Die Befugnis zur Vervielfältigung zum eigenen Schulgebrauch gilt nicht für Werke, die ihrer Beschaffenheit und Bezeichnung nach zum Schul- oder Unterrichtsgebrauch bestimmt sind.“ Umschlagbild: akg-images / Matthias Koeppel Illustrationen & Grafiken: Bettina Kumpe, Braunschweig; Cindy Leitner, Wien Karten von Klett-Perthes, Gotha / öbv, Wien: S. 65, M5; Cindy Leitner, Wien: S. 111, M5; S. 113, M4; S. 129, M5; S. 131, M10; S. 142, M6; S. 169, M4; Wolfgang Schaar, Grafing: S. 112, M1; Wolfgang Zettlmeier, Barbing: S. 116, M1; Kompass Freytag & Berndt GmbH, Wien: S. 120, M1; Adam Silye, Wien: S. 123, M6; 1. Auflage (Druck 0001) © Österreichischer Bundesverlag Schulbuch GmbH & Co. KG, Wien 2026 www.oebv.at Alle Rechte vorbehalten. Jede Art der Vervielfältigung, auch auszugsweise, gesetzlich verboten. Schulbuchvergütung/Bildrechte © Bildrecht GmbH/Wien 2026 Redaktion: Dr. Dietlind Pichler, Andrea Truppe, Wien Herstellung: Sigrid Prünster, Wien Umschlaggestaltung & Layout: Jens-Peter Becker, normaldesign GbR, Schwäbisch Gmünd Satz: Arnold&Domnick, Leipzig Druck: Ferdinand Berger & Söhne Ges.m.b.H., Horn ISBN 978-3-209-13151-5 (Zeitbilder-US SB 4 + E-Book) ISBN 978-3-209-13163-8 (Zeitbilder-US SB 4 E-Book solo) Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
Barbara Kronberger-Schmid www.oebv.at Zeitbilder 4 Geschichte und Politische Bildung Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
2 Inhalt Antike heute 1922 1975 1918 1933 So arbeitest du mit dem Buch „Zeitbilder“ 4 Kompetenzbeschreibungen 5 Operatoren und Anforderungsbereiche 6 Österreich wird eine Republik 8 Anwendungsbereich 1: Demokratie in der Zwischenkriegszeit Österreich wird eine Republik 10 Von der Monarchie zur Republik Methode: Mit Bildern arbeiten – Bauwerke 14 Radikalisierung der Innenpolitik 16 Auf einen Blick, Wir trainieren Methoden 18 Wir trainieren Kompetenzen 20 Faschismus, Nationalsozialismus, Kommunismus 22 Anwendungsbereich 2: Faschismus – Nationalsozialismus – Kommunismus Diktaturen 24 Stalinismus – Diktatur in der UdSSR 26 Faschismus in Italien und Austrofaschismus 28 Nationalsozialismus 30 Nationalsozialistische Diktatur im Deutschen Reich Methode: Mit Bildern arbeiten – Propagandafotos 32 Das Ende der Ersten Republik in Österreich 34 Nationalsozialismus in Österreich 36 Frauen: viele Kinder für das Reich! 38 Schülerinnen und Schüler in der NS-Zeit 40 Jugendliche in Diktaturen des 20. Jahrhunderts 42 Der Weg in den Zweiten Weltkrieg 46 „Blitzkriege“ und Weltkrieg 48 Widerstand gegen den Nationalsozialismus 50 Vom „totalen Krieg“ zur totalen Niederlage 52 Der Zweite Weltkrieg aus anderen Perspektiven 54 Auf einen Blick, Wir trainieren Methoden 56 Wir trainieren Kompetenzen 58 Von Rassismus, Völkermord und Erinnerungskulturen 60 Anwendungsbereich 3: Shoah und Genozid Feindlichkeit gegen jüdische Menschen, Roma und Sinti 62 Ausgrenzung, Verfolgung, Shoah 64 „Euthanasie“ und Opfergruppen Methode: Mit Texten arbeiten – Oral History 66 Täterinnen und Täter, Mitläuferinnen und Mitläufer 68 Genozid (Völkermord) 70 Anwendungsbereich 6: Geschichtskulturen – Erinnerungskulturen – Erinnerungspolitik Geschichte und Gegenwart 72 Vergangenheitsbewältigung 74 Erinnern: Zweiter Weltkrieg und Shoah 76 Auf einen Blick, Wir trainieren Methoden 78 Wir trainieren Kompetenzen 80 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
3 heute 1945 heute 1948 heute Zweite Republik und Gesellschaft in Österreich 82 Anwendungsbereich 4: Zweite Republik Österreich Die Zweite Republik – ein neues Österreich 84 Parteien und Regierungen der Zweiten Republik Methode: Mit Bildern arbeiten – Diagramme 86 Österreich wird ein moderner Staat 88 Umfassende Landesverteidigung und Bundesheer 90 Anwendungsbereich 5: Soziale Ungleichheiten und Strategien zu deren Überwindung Sozialstaat und Wohlfahrtsstaat 92 Unterschiedliche Lebensmodelle 94 Aktuelle Probleme in Österreich 96 Auf einen Blick, Wir trainieren Methoden 100 Wir trainieren Kompetenzen 102 Europa in einer globalisierten Welt 104 Anwendungsbereich 7: Aspekte von Globalisierung im 20. und 21. Jahrhundert UNO – der unerfüllte Traum vom Weltfrieden 106 Der Ost-West-Konflikt 108 Der Kalte Krieg 110 Das Ende des Kolonialismus 112 Aktuelle Konflikte 114 Weltweit vernetzte Wirtschaft 116 Globalisierter Alltag, globalisierte Kultur 118 Umwelt und Klima – Herausforderungen und Lösungsansätze 120 Anwendungsbereich 8: Europäisierung Auf dem Weg zu einem gemeinsamen Europa 122 Österreich und die EU 126 Europa nach 1989 128 Krisen und Herausforderungen für Europa Methode: Mit Bildern arbeiten – Karikaturen 132 Anwendungsbereich 9: Gesellschaftlicher Wandel im 20. und 21. Jahrhundert in Österreich Sich engagieren 134 Den eigenen Weg finden 138 Gefahren für Demokratie und Gesellschaft 140 Lebensbedingungen und Globalisierung 142 Auf einen Blick, Wir trainieren Methoden 144 Wir trainieren Kompetenzen 146 Politik und Medien 148 Anwendungsbereich 10: Politische Mitbestimmung in Gegenwart und Zukunft Grundrechte und demokratische Werte 150 Politische Mitbestimmung 152 Alle dürfen mitbestimmen? 154 Bürgerbeteiligung in Österreich 156 Anwendungsbereich 11: Medien und politische Kommunikation in Gegenwart und Zukunft Die Macht der Medien 158 Politische Rede Methode: Mit Texten arbeiten – Politische Rede 160 Digitale Medien und Politik 162 Politik und (neue) Medien in Österreich 164 Auf einen Blick, Wir trainieren Methoden 166 Wir trainieren Kompetenzen 168 Namen und Begriffe 170 Quellennachweis 172 Bildnachweis 175 82 83 1 Sprecht in der Klasse darüber, was ihr bereits über Österreich seit 1945 wisst. Schreibt Schlagwörter zu diesem Thema auf ein Plakat. (HFK II) 2 Beschreibt die Collage M1. (HMK I) 3 Diskutiert, welche Personengruppen eurer Meinung nach in der Collage fehlen. (HMK III) Zweite Republik und Gesellschaft in Österreich M1 Die Vielfalt der österreichischen Gesellschaft vor dem Parlament in Wien (Collage, 2023) XXXXX In diesem Kapitel erfährst du über: • das Kriegsende und den Beginn der Zweiten Republik. • jüdisches Leben vor und nach der Shoah. • Parteien und Regierungen der Zweiten Republik. • Österreichs Entwicklung zum Sozial- und Wohlfahrtsstaat. • Landesverteidigung und Bundesheer. • Lösungsansätze für aktuelle Probleme. 8. Mai 1945 Kapitulation des Deutschen Reichs ab 1947 Marshallplan 1947–1991 Kalter Krieg 1949 Gründung der NATO 1955 Neutralitätsgesetz 1956 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz 1978 Volksabstimmung über die friedliche Nutzung der Kernenergie 1995 EU Beitritt Österreich 2015/16 Migrationskrise in Europa 2020–2022 CoronaPandemie 150 151 In diesem Kapitel erfährst du über: • Grundrechte und demokratische Werte. • wählen und gewählt werden. • Parlament, Landtage und Jugendschutz. • direkte Demokratie (Bürgerbeteiligung). • Medien und politische Kommunikation. 1 Sprecht in der Klasse darüber, was ihr bereits über Politik und Mitbestimmung wisst. Schreibt Schlagwörter zu diesem Thema auf ein Plakat. (HFK II) 2 Beschreibt das Bild M1. (HMK I) 3 Diskutiert, was die Künstlerin damit aussagen wollte. (HMK III) Politik und Medien M1 Politik und Medien (Collage D. Pichler, 2023) XXXXX Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
4 So arbeitest du mit dem Buch „Zeitbilder“ Damit du dich in deinem neuen Geschichtebuch besser zurechtfinden kannst, gibt es hier einen kurzen Wegweiser: 102 103 Wir trainieren Kompetenzen 1945 M1 Plakat Sozialistische Partei 1945 M5 Plakat Kommunistische Partei 1945 M6 Plakat Österreichische Volkspartei 1945 M2 Bundeskanzler Leopold Figl, Regierungserklärung vor dem Nationalrat, 21.12.1945 Q Es wird heuer leider kein Weihnachten sein, so wie wir es gerne haben möchten. Auf den Christbäumen, so wir welche haben, wird ein schönes Päckchen voll Sorgen hängen. Trotzdem wollen und dürfen wir an diesem Weihnachtsabend, wo zum ersten Mal wieder die Kerzen in einem neuen demokratischen Österreich leuchten, versprechen, dass wir Stück um Stück und Stein um Stein gemeinsam zusammenlegen können für den Neuaufbau unseres geliebten Österreichs. Und nun wollen wir an die Arbeit gehen. (nach: bundeskanzleramt.gv.at) M3 Bundeskanzler Leopold Figl, Weihnachtsrede 1945 Q Ich kann euch zu Weihnachten nichts geben, ich kann euch für den Christbaum, wenn ihr überhaupt einen habt, keine Kerzen geben, kein Stück Brot, keine Kohle zum Heizen, kein Glas zum Einschneiden. Wir haben nichts. Ich kann euch nur bitten: Glaubt an dieses Österreich. (nach: mediathek.at) Neutralität 4 Fasse jeden der drei Standpunkte mit eigenen Worten zusammen. Definiere die Bezeichnungen „Mythos“ und „Feigheit“ in diesem Zusammenhang. Stelle fest, ob und in welcher Rolle die NATO erwähnt wird. Erkläre mithilfe der drei Texte den Unterschied zwischen militärischer und politischer Neutralität. (PSK II) M7 PRO: Ein lebendiger Mythos – Conrad Seidl D Kaum etwas definiert das Selbstverständnis der Republik Österreich so deutlich wie die Neutralität. Gern wird erzählt, dass der Zweiten Republik von der russischen Besatzungsmacht 1955 die Neutralität als Preis für deren Abzug aufgedrängt worden sei. Das ist nur ein Teil der Wahrheit – in Wirklichkeit taucht sie ein Jahrzehnt vorher in einem Memorandum von Heinrich Raab, dem Bruder des Staatsvertragskanzlers Julius Raab, auf. Ein Mythos ist auch, dass uns die Neutralität ewigen Frieden bringe – den verdanken Nationen kluger Außenpolitik und adäquater militärischer Stärke. Der Nutzen der Neutralität liegt in ihrem staatstragenden Mythos: Gerade das Bundesheer hat daran kräftig mitgewirkt, um halbwegs ausgerüstet zu werden. Politiker aller Couleur haben mit unterschiedlichen Akzenten den Faden weitergewoben – mit flexibler Handhabung funktioniert die Neutralität sehr gut. So bleibt der nationale Mythos lebendig – und Österreich frei von Bündnissen und militärischen Stützpunkten fremder Nationen. (nach: Der Standard, 19.11.2022) M8 NEUTRAL: Es ist, was es ist – Katharina Mittelstaedt D Österreich ist ein durch und durch neutrales Land. Dementsprechend ist es wenig verwunderlich, dass die Neutralität in Österreich immerwährende Popularität genießt: In einer Standard Umfrage vom Mai erklärten 71% der Befragten, dass das Land neutral bleiben soll. Es gibt allerdings auch gute Argumente gegen die heimische Neutralität. Allein könnte das heimische Heer das Land nicht verteidigen. Längst nimmt Österreich ohnehin an Auslandseinsätzen teil und kooperiert mit der NATO. Aktuell denkt die Regierung sogar über eine Beteiligung am europäischen Luftabwehrsystem Sky Shield nach. Ob sich das mit der Neutralität vereinbaren ließe? Wenn Österreich möchte, werden Wege gefunden, sagen Militärexperten. Die Neutralität sei oft nicht mehr als eine Frage der Auslegung. Solange sich in der Bevölkerung nicht überraschend die Stimmung dreht, wird sich die Politik hüten, etwas zu ändern. Es ist, was es ist, sagen gelernte Österreicher. (nach: Der Standard, 19.11.2022) M9 KONTRA: Schluss mit der Feigheit – Michael Völker D Die Neutralität wurde uns von den Russen vorgegeben. Das spricht nicht gegen die Neutralität, wird aber gerne vergessen. Die Neutralität, so wie wir sie anwenden, ist in erster Linie eines: feig. Österreich versucht mit einer Tarnkappe durch die weltpolitischen Unwegsamkeiten zu steuern. Aber gerade der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine hat gezeigt, dass Österreich nicht neutral ist, nicht neutral sein kann und es hoffentlich auch nicht sein will. Wir stehen an der Seite der Ukraine und beziehen klar gegen den Aggressor Position. Das ist nicht neutral, das ist eine anständige und aufrechte Position. Österreich verlässt sich auf die Staaten, die es umgeben. Irgendwer wird uns schon beschützen. Das ist unredlich. Österreich soll sich deklarieren, sich einbringen und aktiv an einem Bündnis teilnehmen. Das muss nicht zwangsläufig die NATO unter amerikanischer Dominanz sein. Das wäre im Idealfall ein europäisches Bündnis, das auf eine gemeinsame Verteidigung, ein gemeinsames Heer, eine gemeinsame Strategie setzt. (nach: Der Standard, 19.11.2022) 1 Beschreibe die drei Wahlplakate. Erläutere, welche Erinnerungen und Ängste M1 und M5 ansprechen. Erkläre den Unterschied zu M6. (PMK II) 2 Vergleiche die Ausschnitte der beiden Reden M2 und M3. Erkläre, wie darin Probleme und Hoffnungen zum Ausdruck kommen. Beurteile die Botschaft des neuen Kanzlers vor dem Nationalrat und dem Volk. (PMK III) 3 Erläutere die Ansichten des Zeichners über politische Koalitionen (M4). Bewerte seine Sichtweise mithilfe des Schulbuchtextes auf S. 87. (PMK III) M4 Koalition (Karikatur, Schwarwel, 4.7.2010) 114 Anwendungsbereich 7: Aspekte von Globalisierung im 20. und 21. Jahrhundert 115 1968 heute Aktuelle Konflikte M1 OSZE Hamburg (Karikatur, RABE, 9.12.2016) M4 Kalter Krieg in der Ukraine (Karikatur, Kostas Koufogiorgos, 19.1.2022) Atomsperrvertrag und Abrüstungsverträge Der Atomwaffensperrvertrag (1968) sollte atomare Aufrüstung und Weitergabe von Kernwaffen verbieten. Er wurde bisher von 191 Staaten unterzeichnet (Stand 2025). Die Atommächte Indien, Israel, Nordkorea und Pakistan sind keine Mitglieder. Seit 1972 schlossen die USA und die UdSSR Abkommen über Rüstungsbegrenzungen (Vernichtung aller Mittelstreckenraketen, Verringerung atomarer Sprengköpfe, Verringerung der Truppenstärken in Europa). Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE) und Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) Ab 1973 versuchten europäische Staaten, die USA, Kanada und die UdSSR, sich durch Beratungen politisch anzunähern und eine Vertrauensbasis zu schaffen. 1975 unterzeichneten sie die „Schlussakte von Helsinki“. Darin verpflichteten sie sich zu friedlicher Konfliktlösung, Anerkennung bestehender Grenzen, Nichteinmischung in innere Angelegenheiten der Staaten sowie zur Einhaltung der Menschenrechte. Weitere Konferenzen überprüften, ob die Schlussakte eingehalten wurde. Mit dem Ende des Kalten Kriegs endete auch die KSZE. Mit Sitz in Wien hat die Nachfolgeorganisation der KSZE 57 Mitglieder und elf außereuropäische Partnerstaaten. Sie arbeitet für Frieden und Sicherheit. M2 Atomwaffensperrvertrag Artikel I Q Jeder Kernwaffenstaat, der Vertragspartei ist, verpflichtet sich, Kernwaffen und sonstige Kernsprengkörper oder die Verfügungsgewalt darüber an niemanden weiterzugeben und einen Nichtkernwaffenstaat weder zu unterstützen noch zu ermutigen noch zu veranlassen, Kernwaffen oder sonstige Kernsprengkörper herzustellen oder sonst wie zu erwerben oder die Verfügungsgewalt darüber zu erlangen. (nach: ris.gv.at) M3 Der Ukrainer Pjotr (16) erzählt. O Ich stamme aus Charkiw. Meine Mutter ist Ukrainerin, mein Vater Russe. Mit den Angriffen Russlands hatten wir nicht gerechnet. Plötzlich war es mir peinlich, Halbrusse zu sein. Mama und Oma arbeiteten im Reha Zentrum. Am 24.2.2022 um fünf Uhr früh kam die Nachricht vom Angriff auf unsere Stadt. Schnell packten wir und flohen in den Keller des Reha Zentrums. Uns Kindern wurde gesagt, dass alles gut würde, aber wir durften nicht hinauf. Nur die Erwachsenen gingen einkaufen. Russische Panzer kamen in die Stadt, alle mussten im Keller bleiben. Nachrichten gab es nur über soziale Netzwerke. Kämpfe sah ich nicht, aber wir konnten die Flugzeuge hören. Ein paar Tage später war es plötzlich ruhiger, und wir verließen den Keller. Es gab auch Züge Richtung Westen, aber dort durften keine Haustiere mitfahren. Ein Freund mit einem Auto fuhr nach Westen. Wir haben nicht lange nachgedacht und fuhren mit. Unser Hund durfte auch mit, da es unvorstellbar war, ihn zurückzulassen. Vier Tage waren wir unterwegs und durften in Kindergärten und Schulen schlafen. An der Grenze trafen wir auf österreichische Hilfe. Meine Freunde sind jetzt auf viele Länder verteilt. Ich finde es sehr nett von allen Menschen, die uns geholfen haben. Wir hatten trotz allem Glück. Ob ich jemals zurückkann, weiß ich nicht: Es gibt keine Arbeit in der Ukraine. Außerdem hätte ich als Halbrusse in der Ukraine Schwierigkeiten. Aber vor den Russen habe ich Angst. (Oral History, Gespräch mit Pjotr, 2023) Rüstungsausgaben Die Militärausgaben betrugen im Jahr 2024 weltweit mindestens 2,5 Billionen Dollar. Davon gaben die USA etwa 900 Mrd. Dollar aus. China liegt mit ca. 300 Mrd. an zweiter Stelle. Die Entwicklung neuer Waffensysteme verursacht enorme Kosten. Waffenverkäufe sind aber ein sehr gutes Geschäft. USA US Präsident George Bush sen.* verkündete nach dem Ende des Kalten Krieges eine neue Weltordnung. Unter der Führung der USA sollten alle Staaten der Welt in Frieden und Freiheit leben können. Dazu kam es nicht. Seit 1990 gab es jährlich weltweit 20 bis 35 kriegerische Konflikte, in denen Millionen Menschen getötet oder vertrieben wurden. Unter US Kommando führte die NATO auch ohne Zustimmung der UNO einen Luftkrieg gegen Serbien (1999). Als islamistische Terroristen am 11. September 2001 das New Yorker World Trade Center zum Einsturz brachten (9/11), riefen die USA zum Krieg gegen den Terror auf. Anschließend wurde im Auftrag der UNO das Taliban Regime in Afghanistan gestürzt. Im Jahr 2003 führten die USA ohne UNO Zustimmung einen weiteren Krieg gegen den Irak und stürzten Diktator Saddam Hussein. Russland Schon Ende 2021 gab es im Westen Befürchtungen, Russland könnte eine Invasion in die Ukraine planen. Der russische Präsident Putin hatte seit Jahren einen Stopp der NATO Osterweiterung gefordert, die er als Bedrohung für Russland sah. Invasionspläne bestritt er. Doch am 24. Februar 2022 begann die russische Invasion in die Ukraine. Seitdem (Stand 2025) führt Russland mit Kriegsverbrechen an der Zivilbevölkerung und Zerstörung einen Angriffskrieg. NATO und EU M5 Nachruf auf George Bush senior D Seine Präsidentschaft endete vor mehr als einem Vierteljahrhundert. Das ist eine halbe Ewigkeit. Die Welt befand sich im Um und Aufbruch. Hoffnungen auf eine friedliche, geeinte Welt blühten auf. Es nützt nichts, der Welt, die Bush Senior hinterließ, nachzutrauern. Nostalgie muss sich in Behauptungswillen verwandeln. Trump, Putin und Xi sollten auf Europäer wie eine Eisdusche nach dem Mittagsschlaf wirken, als radikale Wachmachkur. Denn sie haben ja etwas zu verteidigen, ihre Werte, die liberale Demokratie. (nach: Tagessspiegel, 6.12.2018) M6 Zerstörungen durch russische Soldaten in der Ukraine (Foto 2023) beschlossen weitreichende Sanktionen gegen Russland. Viele Menschen flohen ins Ausland oder in den Westen der Ukraine. Die Ukraine erhält humanitäre Hilfslieferungen, aber auch Waffenlieferungen vor allem aus den USA, Großbritannien, Polen und Deutschland. Wiederholt droht Putin auch mit dem Einsatz atomarer Waffen. Volksrepublik China, Afrika, Naher Osten China erkennt die Autonomie des westlich orientierten Inselstaates Taiwan nicht an und sieht das mit den USA verbündete Land als chinesische Provinz. Immer wieder provoziert China durch Seemanöver und Spionageballons Taiwan und die USA. Die Kolonialmächte zogen in Afrika willkürliche Grenzen ohne Rücksicht auf Kulturen und Sprachen der Bevölkerung. Das führte zu vielen Kriegen in und zwischen den mittlerweile unabhängigen Staaten. Die Spannungen zwischen Israel und den Palästinensern sind nach wie vor (Stand 2025) nicht beigelegt. Provokationen am Tempelberg von Jerusalem, der Bau israelischer Siedlungen in Palästinensergebieten und Angriffe auf Israel vom Gazastreifen aus führen immer wieder zu gewalttätigen und kriegerischen Auseinandersetzungen. 1 Analysiere mithilfe von M1, wie der Zeichner das OSZETreffen in Hamburg sieht. Erläutere die abgebildeten Symbole. (PSK II) 2 Fasse M2 in eigenen Worten zusammen. Erläutere das Ziel des Atomwaffensperrvertrags. (PSK II) 3 Arbeite Pjotrs Probleme aus M3 heraus. Nimm Stellung, wie es dir in so einer Situation ginge. (HOK III) 4 Beurteile die Aussage der Karikatur M4 im Jänner 2022. Erläutere auch, warum der Zeichner den Begriff „Kalter Krieg“ verwendet. (PMK III) 5 Vergleiche mithilfe von M5 die Stimmung der Menschen nach dem Ende des Kalten Kriegs mit der heutigen. Erkläre, wovor der Verfasser warnt. (PSK II) 6 Erzähle, was einem Kind passiert sein könnte, sodass sein Teddy (M6) liegen bleibt. (PUK III) 7 Recherchiere, wie es zur Abspaltung Taiwans von der VR China kam. (PSK II) 8 Recherchiere die aktuelle Lage im Nahen Osten. (PSK II) 23 22 Faschismus, Nationalsozialismus, Kommunismus M1 Benito Mussolini besucht am 25. September 1937 Adolf Hitler in Berlin. Sie nehmen an einer Militärparade teil. (Farbillustration, 1937) p6ka74 In diesem Kapitel erfährst du über: • die Kommunistische Diktatur in der Sowjetunion (Russland). • faschistische Diktaturen in Italien, Österreich und im Deutschen Reich (Nationalsozialismus). • das Ende der Ersten Republik und den Nationalsozialismus in Österreich. • das Leben der Menschen in Diktaturen. • die Vorgeschichte, den Verlauf und das Ende des Zweiten Weltkriegs. 1 Sprecht in der Klasse darüber, was ihr bereits über Faschismus, Nationalsozialismus oder Kommunismus wisst. Schreibt Schlagwörter zu diesem Thema auf ein Plakat. (HFK II) 2 Beschreibt das Bild M1. (HMK I) 3 Diskutiert, was der Künstler oder die Künstlerin damit aussagen wollte. (HMK III) 1921 Gründung der ersten faschistischen Partei Europas in Italien 1921 Friede von Versailles 1922 Gründung der UdSSR In Italien gelangt Mussolini an die Macht. 1924 Stalin wird Nachfolger von Lenin. 1933 Nationalsozialistische Machtübernahme im Deutschen Reich: Hitler wird „Führer und Reichskanzler“. ab 1934 Austrofaschismus unter Dollfuß und Schuschnigg 1935 / 1936 Achse Berlin – Rom 1936–1939 Spanischer Bürgerkrieg 12. März 1938 „Anschluss“ Österreichs 1. September 1939 Deutsche Truppen greifen Polen an. 22. Juni 1941 Das Deutsche Reich greift die Sowjetunion an. 7. Dezember 1941 Japan greift Pearl Harbor an. August 1942– Februar 1943 Schlacht um Stalingrad 6. Juni 1944 DDay 8. Mai 1945 Ende des Zweiten Weltkriegs in Europa 6. und 9. August 1945 Atombombenabwurf auf Hiroshima und Nagasaki 29. September 1938 Münchner Abkommen 15. März 1939 Besetzung der Tschechoslowakei Auftaktseiten Jedes der sechs Großkapitel dieses Buches beginnt mit zwei besonders gestalteten Seiten, den Auftaktseiten. Bild, Text und Zeitleiste sollen dir einen ersten Eindruck davon geben, was dich in dem folgenden Kapitel erwartet. Diese Seiten wollen auch deine Neugier wecken. 166 Anwendungsbereich 11: Medien und politische Kommunikation in Gegenwart und Zukunft 167 167 Auf einen Blick Wir trainieren Methoden Menschen-, Grund- und Freiheitsrechte Menschenrechte gelten für alle Menschen, Grundrechte schützen Menschen im Staat vor staatlicher Willkür. Kinderrechte: Gesetzlich verankert sollen sie eine lebenswerte Umgebung für alle Kinder schaffen. Minderheitenrechte schützen in Österreich die Rechte von Volksgruppen, zB Sloweninnen und Slowenen, Kroatinnen und Kroaten, Ungarinnen und Ungarn sowie Roma und Sinti. Politische Mitbestimmung politische Vertretungen: Nationalrat, Landtag, Gemeinderat / Bezirksparlament, Bundespräsidentin / Bundespräsident, EU Parlament Wahlberechtigte: Österreicherinnen und Österreicher, Bürgerinnen und Bürger eines Bundeslandes, Bürgerinnen und Bürger einer Gemeinde, EU Bürgerinnen und EU Bürger Parlament, Landtage und Jugendschutz drei Gewalten im Staat: Legislative (Gesetzgebung), Exekutive (Verwaltung), Judikative (Rechtsprechung) Parlament: Nationalrat (Abgeordnete der Parteien) und Bundesrat (Ländervertretung) Landtage = Landesparlamente der neun Bundesländer Jugendschutzgesetze sind Landesgesetze, bei Ausgehzeiten, Rauchen und Alkohol sind sie seit 2019 bundeseinheitlich geregelt. Bürgerbeteiligung (direkte Demokratie) Volksbegehren: Wahlberechtigte verlangen eine Diskussion im Nationalrat. Volksabstimmung: Der Nationalrat bzw. die Regierung fragen die Wahlberechtigten über ein Gesetz. Volksbefragung: Der Nationalrat fragt die Wahlberechtigten vor einem Gesetzesbeschluss. Medien und politische Kommunikation Radio → Fernsehen → Internet → Mobilfunk Social Media: Vorteile sind zB eine rasche Informationsweiterleitung und die Möglichkeit, sich weltweit zu vernetzen. Nachteile sind zB Hasspostings, Shitstorms oder Fake News. Öffentlichkeitsarbeit der Politik: Fernsehen und soziale Medien Künstliche Intelligenz schafft ua vermeintlich „echte“ Fotos. Ich kenne Menschen , Grund – und Freiheitsrechte sowie demokratische Werte. Ich kann erklären, wer in Österreich welche politischen Vertretungen wählen darf. Ich kann die Aufgaben der politischen Vertretungen benennen. Ich kenne den Aufbau des Parlaments und der Landtage sowie Jugendschutzgesetze. Die Elemente der direkten Demokratie in Österreich sind mir ein Begriff. Ich weiß, dass soziale Medien Vor , aber auch Nachteile haben, und verstehe, wie sie von der Politik genutzt werden. Ich kann politische Reden analysieren und interpretieren. M1 Alexander Van der Bellen hält am 6. Oktober 2021 im Rahmen des Festaktes zum 75-jährigen Jubiläum er Austria Presse Agentur im Wiener Arsenal die Rede „Fundamente des Rechtsstaats“. 1 Analysiere und interpretiere M1 und M2 nach der Methode auf S.160. (PMK I, PMK II, PMK III) Nenne das Thema und beschreibe die Art der Rede. Analysiere den Inhalt. Ermittle Schlüsselwörter, Argumente, Gliederung und Wahrheitsgehalt. Stelle fest, wer die Rede in welcher Absicht gehalten hat. Finde heraus, wer die Rede hörte und ob sie schriftlich veröffentlicht wurde. Analysiere, ob informiert oder an das Publikum appelliert wird. Stelle fest, wann, wo und zu welchem Anlass die Rede gehalten wurde. Erörtere das Ziel der Rede. Bewerte die Rede (Vortrag und Inhalt) aus heutiger Sicht. Überprüfe, inwieweit Alexander Van der Bellen durch die Geste in M1 den Inhalt von M2 verdeutlicht. 2 Höre die Rede M3 auf Youtube an. Vergleiche sie mit dem Statement in M1 und M2 vom 6.10.2021. Überprüfe, inwieweit sich seine Sicht auf die Ereignisse ändert. (PMK III) 3 Arbeite aus M3 heraus, wie Alexander Van der Bellen die Notwendigkeit seiner Rede an das Volk begründet. (PMK II) M3 „Unsere Demokratie ist gerüstet für alle möglichen Situationen, so auch für diese.“ (Rede vom 8.10.2021, https://www.youtube.com/watch?v=OFvhk5CGCDM&t=13s; Suchbegriffe: Demokratie – gerüstet – Van der Bellen – Rede; Screenshot 4.9.2023) 10.12.1948 1955 1958 1967 1989 Gründung des ORF ORF Fernsehen ORF Farbfernsehen UN: Allgemeine Erklärung der Menschenrechte UN Kinderrechtskonvention 1991 1994 1996 2019 2024 Start des Internets erstes digitales Mobilfunknetz in Österreich erstes Smartphone ORF Haushaltsabgabe bundeseinheitliche Regelung mancher Jugendschutzgesetze M2 Rede „Fundamente des Rechtsstaats“ am 6.10.2021 Q Wir sind heute Zeugen eines doch sehr ungewöhnlichen und schwerwiegenden Vorganges geworden. Es gab Hausdurchsuchungen, und die Staatsanwaltschaft ermittelt in einer neuen Causa. Gerade bei solchen Vorgängen ist es wichtig, sich auf die Fundamente unseres Rechtsstaates zu besinnen: Dazu zählen die Gewaltentrennung zwischen Legislative, Exekutive und Justiz. Es ist Aufgabe der Staatsanwaltschaften, Verdachtsmomenten, unabhängig vom Ansehen der Person, nachzugehen, sowie Belastendes und Entlastendes zu ermitteln. Momentan wissen wir nur, dass es Erhebungen der Staatsanwaltschaften gibt. Es ist das gute Recht jedes Betroffenen, öffentlich seine eigene Meinung zu den ihn betreffenden Erhebungen zu äußern. Und es ist selbstverständlich erlaubt, sachliche Kritik an der Justiz zu üben. Der von einem Abgeordneten geäußerte Generalverdacht der Parteilichkeit gegenüber der Staatsanwaltschaft jedoch zeugt von mangelndem Respekt vor der Bundesverfassung. Das ist eine unzulässige Grenzüberschreitung. Im Sinne der Gewaltentrennung müssen die Strafverfolgungsbehörden unbeeinflusst arbeiten können. Unsere liberale Demokratie, der Rechtsstaat und die unabhängige Arbeit der Justiz sind für unsere Republik zentral. (nach: bundespraesident.at) Auf der Zeitleiste sind wesentliche Ereignisse der behandelten Epoche oder des Themas eingetragen. Themenseiten Jedes Großkapitel umfasst mehrere Einzelthemen, die in der Regel auf jeweils einer Doppelseite bearbeitet sind. Textzeugnisse aus der Geschichte oder Tatsachenberichte sind in Kästchen hervorgehoben. Ein Sternchen tragen alle die Namen und Begriffe, die am Schluss des Buches wie in einem Lexikon erklärt werden. Auf einen Blick Die Zusammenfassungen am Ende eines jeden Großkapitels wollen dir zeigen, was du aus diesem Abschnitt der Zeitbilder in Erinnerung behalten solltest. Wir trainieren Kompetenzen Am Ende eines Großkapitels findest du ein Kompetenztraining. Es gibt dir die Möglichkeit, deine erworbenen Kenntnisse anzuwenden. Wir trainieren Methoden Am Ende eines Großkapitels findest du ein Methodentraining. Es gibt dir die Möglichkeit, deine erworbenen Kenntnisse anzuwenden. Der Zeitstreifen zeigt dir, welcher Zeitraum auf der Doppelseite behandelt wird. Am Ende jeder Doppelseite findest du Fragen und Arbeitsaufträge. Hier fordern wir dich auf, die im Buch vorher dargestellten Informationen zu überdenken, zu wiederholen, zusammenzufassen oder deine Meinung zu einem Thema zu äußern. Q Quellentexte, also Texte, die uns aus vergangenen Zeiten zur Verfügung stehen O Oral history, also Interviews mit Zeitzeuginnen und Zeitzeugen. D Darstellungen von Geschichte Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
5 Kompetenzbeschreibungen Die Schülerinnen und Schüler können: Historische Fragekompetenz (HFK) • Fragen zu Kontinuität und Wandel an die Vergangenheit stellen (Schülerinnen und Schüler stellen Fragen wie ua.: Wie entwickelten sich Geschlechterrollen seit dem 19. Jahrhundert in Mitteleuropa? Waren Wanderungen und Migration immer schon Bestandteil von Gesellschaften?). Historische Methodenkompetenz (HMK) • Darstellungen beschreiben, unterscheiden, analysieren und hinterfragen (Schulbücher, TV-Dokumentationen, Internetangebote etc.) – Schwerpunkt: Erzählstrukturen von Darstellungen analysieren (Zielgruppenausrichtung, inhaltliche Schwerpunktsetzung, Emotionalisierung etc.). • Quellen beschreiben, unterscheiden, analysieren und interpretieren (Schriften, Bilder, Gegenstände etc.). • eigene Erzählungen über die Vergangenheit auf der Grundlage von Quellen und Darstellungen erstellen • unterschiedliche Darstellungen zum selben Thema vergleichen und Gründe für die Unterschiedlichkeit analysieren. Historische Orientierungskompetenz (HOK) • unterschiedliche Orientierungsangebote in Darstellungen zum selben Thema analysieren ua. Bedeutungszuweisungen/Stellenwert von historischen Ereignissen und Persönlichkeiten für Gegenwart/Zukunft, Handlungsempfehlungen für die Gegenwart/Zukunft. Historische Sachkompetenz (HSK) • fachspezifische Konzepte anwenden, reflektieren und weiterentwickeln (ua. „Darstellung“ und „Quelle“ unterscheiden; Gattungsmerkmale von Darstellungen erkennen; „Epoche“ als Form der Zeiteinteilung reflektieren; verschiedene Formen von „Perspektivität“ in Quellen und Darstellungen herausarbeiten); Politische Urteilskompetenz (PUK) • Interessen- und Standortgebundenheit von eigenen und fremden politischen Urteilen analysieren. Politikbezogene Methodenkompetenz (PMK) • politische Manifestationen (Formen der digitalen Kommunikation, Demonstrationsbanner, Flugzettel, aktionistische Formen, etc.) beschreiben, analysieren und hinterfragen sowie selbstständig erstellen. Politische Handlungskompetenz (PHK) • Formen von politischer Mitbestimmung und Vertretung nutzen und demokratische Mittel anwenden Politische Sachkompetenz (PSK) • fachspezifische Konzepte anwenden, reflektieren und weiterentwickeln ua. verschiedene Formen von „Perspektivität“ in Quellen und Darstellungen herausarbeiten; „Herrschaft“ und „Revolution“ in unterschiedlichen Zeiten vergleichen und mit den eigenen Vorstellungen in Verbindung setzen. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
6 Operatoren und Anforderungsbereiche Operator Beschreibung Anforderungsbereich I auflisten / zusammenstellen Du schreibst Informationen in Kurzform auf, zB in kurzen Sätzen, in Stichwörtern oder in einer Tabelle. aufzählen Du entnimmst einem Text oder einem anderen Material einzelne Aussagen und ordnest sie sinnvoll. beschreiben Du gibst wieder, was du auf einem Bild, in einem Text oder einem anderen Material zu einem Thema erkennen kannst. ermitteln Du stellst anhand von zur Verfügung gestellten Informationen Sachverhalte bzw. Zusammenhänge fest bzw. filterst sie heraus. feststellen Du gibst ein Ergebnis, einen Standpunkt, einen Eindruck kurz und genau wieder. gegenüberstellen Du beschreibst verschiedene Informationen, Aussagen oder Sachverhalte, ohne sie zu bewerten. nennen / benennen Du entnimmst einzelne Begriffe und Informationen aus vorgegebenen Texten und Materialien. wiedergeben Du suchst aus einem oder mehreren Texten nach wichtigen Informationen oder Aussagen und wiederholst diese. zusammenfassen Du liest einen oder mehrere längere Texte und gibst den Inhalt in verkürzter Form und in eigenen Worten wieder. Anforderungsbereich II analysieren / untersuchen Du untersuchst ein Material oder einen Sachverhalt umfassend nach allen vorgegebenen oder selbst gewählten Aspekten und stellst deine Ergebnisse begründet dar. begründen Du suchst in Texten und Materialien nach Gründen, warum sich Ereignisse in einer bestimmten Form zugetragen haben oder warum Menschen in einer bestimmten Art und Weise gehandelt haben. Anschließend gibst du die Zusammenhänge ausführlich mit deinen eigenen Worten wieder. charakterisieren Du beschreibst das Besondere einer Sache oder einer Person. erklären Du äußerst dich ausführlich zu Abläufen, Ereignissen, Zuständen oder Handlungen und machst dabei Gründe und Zusammenhänge deutlich. erläutern Du stellst Sachverhalte oder Handlungen ausführlich dar. Dabei entscheidest du selbst, was du für besonders wichtig hältst und du demzufolge sehr genau darlegst, was du nur kurz erwähnst oder was du weglassen willst. erstellen Du stellst einen Sachverhalt strukturiert dar. Dabei verwendest du wichtige Fachbegriffe. herausarbeiten Du liest einen Text oder siehst dir anderes Material unter einem bestimmten Gesichtspunkt an und gibst die wichtigsten Gedanken dazu in eigenen Worten wieder. herausfinden / recherchieren Du suchst in verschiedenen Texten und Materialien nach Antworten auf Fragen bzw. auf Lösungen bestimmter Probleme und formulierst diese mit deinen eigenen Worten. Möglichkeiten der Recherche bieten zB das Internet, ein Lexikon oder Fachliteratur. Gib bei deinen Antworten die Quellen an, die du verwendet hast. interpretieren / deuten Du erklärst einen Text oder eine Abbildung. prüfen / nachweisen Du vergleichst Informationen aus den Materialien mit vorhandenen Kenntnissen und stellst fest, ob beides übereinstimmt oder sich widerspricht. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
7 Operator Beschreibung vergleichen Du stellst unterschiedliche Aussagen oder Informationen gegenüber und findest heraus, worin sie sich gleichen, ähneln oder sich völlig unterscheiden. zuordnen / einordnen Du stellst Sachverhalte oder Positionen in einen Zusammenhang. Dabei kann es hilfreich sein, die Informationen unter bestimmten Überschriften oder Oberbegriffen zu sortieren. Anforderungsbereich III beurteilen Du untersuchst Sachverhalte, Aussagen, Vorschläge oder Maßnahmen unter einem bestimmten Aspekt und entscheidest begründet, ob sie zutreffen oder nicht. bewerten Du formulierst zu Sachverhalten, Aussagen, Vorschlägen oder Maßnahmen ein Werturteil. Dabei legst du offen, welche Maßstäbe du anlegst. darstellen / erzählen / gestalten Du beschreibst und erklärst einen Sachverhalt in einem weiteren Zusammenhang. diskutieren Du tauschst mit Gesprächspartnerinnen und -partnern Meinungen zu einer Frage- oder Problemstellung aus. Dabei wägt ihr ab, was für einen bestimmten Standpunkt spricht und was dagegen. entwickeln Du entwirfst zu einem Problem einen Lösungsvorschlag und begründest ihn. erörtern Du entwickelst zu einer Frage- oder Problemstellung eine begründete Position und stellst diese strukturiert und sprachlich angemessen dar. formulieren Du drückst einen Sachverhalt oder einen Zusammenhang in eigenen Worten mithilfe von Fachbegriffen aus. rekonstruieren Du erschließt die Aussage einer Quelle oder Darstellung und gibst ihren Inhalt genau wieder. Stellung nehmen Du prüfst eine Aussage oder eine Position auf der Grundlage fachlicher Kenntnisse und formulierst eine eigene begründete Einschätzung. überprüfen Du kontrollierst, ob eine Aussage, eine These, eine Argumentation oder ein Sachverhalt stimmig und angemessen ist. Dazu vergleichst du Informationen aus den Materialien mit vorhandenen Kenntnissen und stellst fest, ob beides übereinstimmt oder sich widerspricht. Handlungsorientierte Arbeitsaufträge einen Blogbeitrag schreiben / verfassen Du überlegst genau, was die Leserinnen und Leser wissen wollen. Finde eine passende Überschrift und Einleitung zu deinem Thema. Halte die Absätze möglichst kurz. Du kannst deinen Beitrag auch mit Bildern (mit Bildunterschriften und Quellenangaben!) versehen. einen Brief / eine E-Mail schreiben / verfassen Du musst dir genau überlegen, wer die Adressatin oder der Adressat deines Briefes ist und wie du zu ihr bzw. zu ihm stehst. Die Empfängerin oder der Empfänger des Briefes erwartet, dass du dich klar und verständlich ausdrückst. Sie bzw. er möchte genau wissen, worüber du schreibst, und möchte deine Gedanken und vielleicht auch deine Gefühle erkennen. einen Tagebucheintrag schreiben / verfassen Du vertraust dich nur dem Tagebuch an, kannst also deine ganz persönliche Sicht und deine Gefühle zum Ausdruck bringen, ohne auf andere Rücksicht zu nehmen. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
8 Österreich wird eine Republik M1 Historischer Reichsratssitzungssaal im Parlamentsgebäude in Wien: Der ehemalige UNO-Generalsekretär Kofi Annan hält am 28. Februar 2014 einen Vortrag zu „Elections and Democracy“. (Foto 2014) p6jz8j 1919 Friede von Saint Germain 1920 Volksabstimmung in Kärnten 1921 Burgenland wird Österreich zugesprochen. 1924 Einführung des Schilling als Währung 1926 Linzer Programm der Sozialdemokraten Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
9 In diesem Kapitel erfährst du über: • die Folgen des Ersten Weltkriegs für Österreich. • die Entstehung der Ersten Republik in Österreich. • die Rolle der politischen Parteien in der Ersten Republik. • innenpolitische Probleme und Radikalisierung. • die Entwicklung Österreichs zum Sozialstaat. 1 Sprecht in der Klasse darüber, was ihr bereits über die Zwischenkriegszeit wisst. Schreibt Schlagwörter zu diesem Thema auf ein Plakat. (HFK II) 2 Beschreibt das Foto M1. (HMK I) 3 Diskutiert, was der Fotograf damit aussagen wollte. (HMK III) 1927 Schattendorf und Justizpalastbrand 1934 Ständestaat / Juli-Putsch und Ermordung von Kanzler Dollfuß 1938 „Anschluss“ Österreichs, Besetzung des Sudetenlandes, November-Pogrom Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
10 Österreich wird eine Republik M4 Demobilisierung: aus dem Ersten Weltkrieg heimkehrende Soldaten an der Grenzstation Marchegg im November 1918 (Foto 1918) Das Ende der Habsburgermonarchie – Republik (Deutsch-)Österreich Als sich die Niederlage der Mittelmächte im Ersten Weltkrieg abzeichnete, begann die Auflösung der Donaumonarchie. Im Oktober 1918 erklärten Tschechen, Südslawen und Ungarn ihre Selbstständigkeit. Kaiser Karl I. verzichtete am 11. November 1918 auf jeden Anteil an den Staatsgeschäften. Schon am nächsten Tag riefen die Präsidenten der provisorischen Nationalversammlung vor dem Parlament vor einer riesigen Menschenmenge die „Republik Deutschösterreich“ aus. Der Friedensvertrag – „Österreich ist, was übrigbleibt!“ Im Friedensvertrag von Saint Germain vom 10. September 1919 waren die neuen Grenzen Österreichs festgelegt. Viele deutschsprachige Gebiete wurden anderen Nachfolgestaaten der Donaumonarchie zugesprochen: Das Sudetenland kam zur Tschechoslowakei, Südtirol sowie das Kanaltal zu Italien und die Untersteiermark zu Jugoslawien. Das überwiegend deutschsprachige Westungarn (seit 1921 Burgenland) wurde dem Kriegsverlierer Österreich zugesprochen. Aus Deutschösterreich wird Österreich Alle Parteien hofften auf eine Vereinigung mit dem Deutschen Reich, weil niemand glaubte, dass das kleine Österreich lebensfähig sei. Weil der Friedensvertrag eine solche Vereinigung verbot, musste die Bezeichnung „Deutschösterreich“ auf „Österreich“ geändert werden. Volksabstimmungen Jugoslawien erhob Anspruch auf die zweisprachigen (Deutsch und Slowenisch) Gebiete in Kärnten. Im November 1918 besetzten jugoslawische Truppen Südkärnten. Die provisorische Landesregierung beschloss den bewaffneten Widerstand. Die Menschen in Südkärnten mussten laut Friedensvertrag abstimmen, ob das Gebiet zu Jugoslawien oder zu Österreich gehören sollte. Die Volksabstimmung am 10. Oktober 1920 ging mit 59 % für Österreich aus. Viele Menschen mit slowenischer Muttersprache stimmten für einen Verbleib bei Österreich. Die ungarische Regierung widersetzte sich der Abtretung Westungarns und forderte schließlich Ödenburg (Sopron). Nach einer Volksabstimmung in Ödenburg (Sopron) im Dezember 1921 verblieben die Stadt und einige umliegende Dörfer bei Ungarn. M2 Plakat zur Wahl der konstituierenden Nationalversammlung 1919 M3 „Mutter, stimme nicht für Jugoslawien, sonst muss ich für König Peter in den Krieg ziehen!“ (österreichisches Propagandaplakat in slowenischer Sprache, 1920) M1 Aus der Verzichtserklärung Kaiser Karls I. Q Seit meiner Thronbesteigung war Ich unablässig bemüht, Meine Völker aus den Schrecknissen des Krieges herauszuführen, an dessen Ausbruch ich keinerlei Schuld trage. Nach wie vor von unwandelbarer Liebe für alle meine Völker erfüllt, will Ich ihrer freien Entfaltung Meine Person nicht als Hindernis entgegenstellen. Im Voraus erkenne Ich die Entscheidung an, die Deutschösterreich über seine künftige Staatsform trifft. Das Volk hat durch seine Vertreter die Regierung übernommen. Ich verzichte auf jeden Anteil an den Staatsgeschäften. (nach: Wiener Zeitung, Extraausgabe, 11.11.1918) Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
Anwendungsbereich 1: Demokratie in der Zwischenkriegszeit 11 M5 Holzsammler im Wienerwald (Foto 1919) M6 Wie entsteht Inflation? (Kronberger-Schmid / Pichler, 2024) Wirtschaftliche Schwierigkeiten Ist das kleine Österreich lebensfähig? Der Friedensvertrag forderte vom Kleinstaat Österreich hohe Reparationsforderungen* der Siegermächte. Das war schwierig: Industrie und Kohlevorkommen lagen vowiegend in der Tschechoslowakei, Anbaugebiete für landwirtschaftliche Produkte wie zB Getreide in Ungarn. Die Menschen hungerten, Rohstoffe fehlten. Schwarzhandel*, Arbeitslosigkeit und Inflation* nahmen zu. Österreich brauchte die Hilfe des Auslandes. Inflation verhindert Wirtschaftsaufschwung Schon während des Krieges wurden Lebensmittel und andere Waren immer knapper und deshalb teurer. Die Löhne wurden nicht im selben Ausmaß erhöht. Der Staat finanzierte seine Ausgaben durch vermehrtes Gelddrucken. Das erhöhte die Inflation und führte zu Hyperinflation*. Nach Kriegsende stiegen die Preise von Tag zu Tag. Löhne wurden daher täglich ausbezahlt. Die Menschen gingen am Abend mit dem Geld sofort einkaufen, denn am nächsten Tag war es viel weniger wert. Es kam zu Plünderungen und Hungerdemonstrationen. Geld für Modernisierungen von Betrieben, um die Produktion zu steigern, fehlte. Ein Geldbetrag, mit dem man 1914 noch ein Haus kaufen konnte, reichte 1922 gerade noch für ein Mittagessen. M7 Zeitungsinserat 1921 Q Ein Kriegsinvalider, derzeit arbeitslos, Vater eines sechs Monate alten Mädchens, bittet edelgesinnte Wohltäter um gütige Überlassung eines Kinderwagens. Durch gänzliche Mittellosigkeit nicht in der Lage, sich einen solchen zu verschaffen, appelliert er an die Güte wohltätiger Menschen. Johann Wogo, 5. Bezirk, Bräuhausgasse 31 (nach: Neue Freie Presse, 24.1.1921) 1918 1922 Völkerbundanleihe Der Völkerbund gewährte 1922 der österreichischen Regierung finanzielle Unterstützung in Form von Anleihen. So konnten der Staatshaushalt geordnet und die Inflation beendet werden. An die Anleihen waren Bedingungen geknüpft: keine Vereinigung mit dem Deutschen Reich, sparen bei den Staatsausgaben und ausländische Kontrolle der Finanzen. 1 Fasse M1 zusammen. Erläutere, wie sich Kaiser Karl selbst darstellte. (HMK II) 2 Beschreibe M2. Erkläre den Begriff „Mittelstand“. Formuliere die Forderungen in eigenen Worten. Analysiere anhand des Plakattextes die Ziele der Bürgerlich-Demokratischen Partei. Begründe, warum heute auf Wahlplakaten weniger Text zu finden ist. (Tipp: Wo befinden sich Plakate?) (PMK III) 3 Interpretiere M3. Recherchiere, wer mit „König Peter“ gemeint ist. (PMK III) 4 Beschreibe M4. Erläutere die Situation der Heimkehrer. (HMK II) 5 Beschreibe M5. Überprüfe mithilfe des Schulbuchtextes, warum die Menschen Holz sammeln mussten. (HOK III) 6 Erkläre mithilfe von M6, wie Inflation entsteht. (PSK II) 7 Rekonstruiere anhand von M7 die Lage des jungen Vaters. Erkläre, was man daraus, dass er Namen und Adresse nennt, über die Situation vieler Menschen in Österreich ablesen kann. (HOK III) Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
12 M8 Kinder spielen mit Geldscheinen. (Foto 1923, digital koloriert) M11 Eine Arbeiterwohnung bestand oft nur aus einem Raum. (Foto 1920, Dorfgasse, 1110 Wien) Der Schilling 1924 wurde der Schilling eingeführt. Den Regierungen war seine Wertbeständigkeit wichtiger als Wirtschaftswachstum und Beschäftigung. Ein Drittel der Beamten wurde abgebaut. Löhne, Gehälter und Pensionen wurden gekürzt, die Steuern erhöht und neue eingeführt. Niedriger Geldumlauf sollte eine neuerliche Inflation verhindern. Das senkte die Kaufkraft der Bevölkerung und brachte Produktionsrückgänge. Die Wirtschaft schrumpfte, viele Betriebe mussten schließen. Dadurch gab es in der Ersten Republik sehr viele Arbeitslose. Sozialgesetze Die Koalitionsregierung* verbesserte durch neue Sozialgesetze dennoch die Lage der Beschäftigten. Diese machten aus Österreich einen der fortschrittlichsten Sozialstaaten Europas: Arbeitslose erhielten Unterstützung, der achtstündige Arbeitstag und der Anspruch auf Urlaub wurden eingeführt. Frauen und Jugendliche durften nur noch maximal 44 Stunden pro Woche arbeiten. Betriebsräte sollten in den Betrieben die Interessen der Arbeitenden vertreten. Diese neuen Bestimmungen sollten das Vertrauen der Bevölkerung in die Republik Österreich und in ihre Regierung stärken. M9 Kontrolle der Nationalbank Q Dem Nationalrat ist eine Vorlage unterbreitet worden, durch welche für die Österreichische Nationalbank ein ausländischer Berater beigegeben werden soll. Durch den Generalkommissär ist die finanzielle Kontrolle eingeführt worden, durch den Berater wird sie auf die Notenbank übertragen und verschärft. Das Beschämende liegt nicht an der Bestellung eines fremden Beraters, sondern darin, dass in Österreich die Inflation nicht anders bekämpft werden kann. Im Publikum ist die Anschauung verbreitet, dass ein ausländischer Berater eine größere Autorität besitzt als ein inländischer Funktionär. Von einem ausländischen Berater kann im Interesse des Abbaus der Inflation eine wirksamere Tätigkeit erwartet werden als von einem Inländer. Er kann sich nämlich dem Einfluss von Parteien und anderen Strömungen weniger leicht entziehen. (nach: Kärntner Zeitung, 19.4.1923) M10 Sozialgesetze Q Der Referent sagte, dass die Arbeitslosenunterstützung 80% des Arbeitsverdienstes nicht überschreiten sollte. Die Nachschulung Arbeitsloser soll gefördert werden, indem die Arbeitslosenunterstützung für Kursteilnehmer bis zu dreißig Wochen gewährt werden kann. Ein Abgeordneter verlangte, dass bei Festsetzung der Arbeitslosenunterstützung jene nicht zu kurz kommen, die längere Zeit arbeitslos sind und deren letzter Arbeitsverdienst niedriger war. Ein anderer meinte, dass bei der Bemessung der Rente ein aktueller Arbeitsverdienst zugrunde gelegt wird. Dann wurde die Pensionsversicherung geändert. Alle diese Gesetze gelangen heute vor den Nationalrat. (nach: Neues Wiener Tagblatt, 27.3.1924) Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
Anwendungsbereich 1: Demokratie in der Zwischenkriegszeit 13 Politische Parteien Konflikte Nach dem Ende ihrer Koalition 1920 wurde die politische Auseinandersetzung zwischen Christlichsozialen und Sozialdemokraten härter und ihre Sprache radikaler. Sozialdemokratische Arbeiterpartei Die Sozialdemokratie war geteilt. Karl Renner* wollte mit anderen demokratischen Parteien zusammenarbeiten, Otto Bauer* lehnte dagegen eine Koalition mit den Christlichsozialen ab. Er vertrat die Lehre von Karl Marx: Die arbeitende Klasse werde am Ende die Macht im Staat übernehmen. Gemeinsam beschlossen sie schließlich auf dem Parteitag 1926 das „Linzer Programm“. Christlichsoziale Partei Die Christlichsoziale Partei stellte von 1920 bis 1938 fast durchgehend den Bundeskanzler. Langjähriger Parteiobmann und Kanzler war der Priester Ignaz Seipel*. Durch Koalitionen mit anderen Parteien verhinderte die Christlichsoziale Partei eine Regierungsbeteiligung der Sozialdemokratischen Partei. Weitere Parteien Das nationale Lager (Großdeutsche Volkspartei, Landbund) hatte als Koalitionspartner der Christlichsozialen politischen Einfluss. Die Kommunistische Partei blieb klein und hatte wenig Bedeutung. M14 Wahlplakat zur Nationalratswahl 1919 M12 Wahlplakat zur Nationalratswahl 1923 M13 Wahlplakat zur Nationalratswahl 1919 1 Beschreibe M8. Begründe, warum du als Kind nicht mit Geldscheinpäckchen spielen durftest oder konntest. Erläutere, was der Fotograf mit diesem Bild aussagen wollte. (HSK II) 2 Arbeite aus M9 mithilfe des Schulbuchtextes auf S.11 heraus, welche Rolle der Generalkommissär in Österreich einnahm. Begründe, warum sich der Verfasser für die Bestellung eines zusätzlichen Beraters schämt. Erläutere, warum er ihn dennoch für sinnvoll hält. (PUK II) 3 Vergleiche M10 mit dem Schulbuchtext. Fasse die beschlossenen Maßnahmen zusammen. Recherchiere auf der Website des Arbeitsmarktservice (ams.at), ob es auch heute noch Schulungen („Kurse“) für Arbeitslose gibt und wie hoch die Arbeitsstundenzahl pro Woche heute ist. (PSK II) 4 Beschreibe M11. Zähle die Merkmale auf, durch die du die Armut der Familie erkennen kannst. Erkläre die finanzielle Situation vieler Familien nach dem Ersten Weltkrieg. (HMK II) 5 Formuliere die Botschaft von M12 in eigenen Worten. Überprüfe, inwieweit sie mit dem Schulbuchtext übereinstimmt. (PMK III) 6 Beschreibe M13. Analysiere die hier dargestellten Ziele der Bürgerlich-Demokratischen Partei. (PMK II) 7 Erläutere mithilfe von M14 die Ziele der Sozialdemokratischen Partei. Beachte die dargestellten Gegenstände. Überlege, wofür sie stehen könnten. (PMK II) 1919 1938 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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