Gültigkeitsgrenzen des Ohm’schen Gesetzes Auch wenn das Ohm’sche Gesetz in der Praxis sehr nützlich ist, sollte man wissen, dass es nur unter speziellen Bedingungen gilt und keineswegs ein Naturgesetz darstellt. Es gilt bei metallischen Leitern, wenn die Temperatur praktisch konstant ist. Es versagt aber, wenn sich die Temperatur stark ändert. Man behilft sich dann mit der Angabe, bei welcher Temperatur der Widerstand gemessen wird. Beispielsweise beträgt der Widerstand des Glühdrahts einer 230 V/40 W-Halogenlampe bei 20 °C ca. 70 Ω, im Betrieb bei 2 500 °C ca. 1 320 Ω, also fast 20-mal mehr. Der Widerstand von Kupfer (Leitungen im Haushalt) nimmt von 0 °C auf 50 °C um 20% zu! Sogenannte Schichtwiderstände (91.1) sind Elektronikbauteile mit geringer Temperaturabhängigkeit. Viele andere Bauteile der Elektronik beruhen auf sog. Halbleitern (siehe Physik 7). Sie haben keinen festen Widerstandswert, da ihre Eigenschaften wesentlich von den angelegten Spannungen abhängen. Widerstand metallischer Leiter Von welchen Eigenschaften eines metallischen Drahtes könnte sein Widerstand abhängen? Zunächst fragen wir uns, wie elektrischer Widerstand in einem Metall zustande kommt. Dazu benutzen wir das Teilchenmodell der Materie. Metalle sind sehr gute Leiter. Sie bestehen aus kleinen Kristallen. Die Atome bilden eine regelmäßige Anordnung, das sogenannte Kristallgitter. Metalle halten zusammen, weil jedes Atom ein oder mehrere Elektronen an das „Elektronengas“ abgegeben hat, das zwischen den Atomrümpfen (Metall-Ionen) verteilt ist. Jedes Elektron gehört nun nicht mehr nur einem einzigen Ion, sondern gleichzeitig allen. Die elektrische Anziehung zwischen den positiven Ionen und dem negativen Elektronengas hält das Metall zusammen. Die frei beweglichen Elektronen sorgen für die gute elektrische Leitfähigkeit. Legt man nun eine elektrische Spannung an, werden die Elektronen in eine Richtung beschleunigt. Aber bald stoßen sie an ein Metall-Ion – sie werden abgelenkt und übertragen Energie auf das Ion, das dadurch heftiger um seinen Platz im Kristallgitter schwingt. Das bedeutet eine stärkere Wärmebewegung der Ionen, das Metall wird wärmer (siehe Physik 5). Man kann daher vermuten, dass auch die Kristallstruktur eine wichtige Rolle für den elektrischen Widerstand spielt. Daher erwarten wir Unterschiede zwischen verschiedenen Metallen. Die anderen Einflussgrößen hängen mit der Geometrie des Drahts zusammen. Je größer der Querschnitt A, desto mehr Elektronen fließen bei gleicher Spannung durch den Querschnitt. Je länger der Draht ist, desto mehr Hindernisse finden die Elektronen vom Anfang zum Ende des Drahts vor. Dies führt zum Ansatz R = ρ· l _ A , wobei l die Drahtlänge ist. ρ nennt man den spezifischen Widerstand. Er hängt vom Leitermaterial ab und muss durch Messungen bestimmt werden (91.2). Silber und Kupfer leiten Strom am besten. Daher bestehen die flexiblen Gerätekabel und die starren Leitungen der Hausinstallation aus isolierten Kupferdrähten. Temperaturabhängigkeit des Widerstands Bei Halbleitern sinkt in der Regel der Widerstand bei Erwärmung, weil bei höherer Temperatur die Atome des festen Halbleiters leichter Elektronen abgeben und dadurch mehr Ladungsträger für die Stromleitung verfügbar sind. Bei metallischen Leitern steigt der Widerstand bei Erhöhung der Temperatur (91.3). Umgekehrt sinkt der Widerstand von Metallen, je mehr die Temperatur sinkt. Bei sehr tiefen Temperaturen verlieren manche Materialien ihren elektrischen Widerstand zur Gänze. Man nennt dieses Phänomen Supraleitung. In supraleitenden Stromspulen können starke Ströme widerstandslos fließen und dadurch intensive Magnetfelder erzeugen. Daher sind solche Spulen wesentliche Bestandteile von Magnetresonanz- Tomografen (MRT). Damit kann das Innere des menschlichen Körpers von außen und ohne ionisierende Röntgenstrahlung untersucht werden. Hinweis zur Sprache Im Englischen wird für die physikalische Eigenschaft, dass ein Körper einen elektrischen Widerstand hat, das Wort resistance verwendet, während für den Widerstandsbauteil das Wort resistor verwendet wird. Leider hat sich im Deutschen diese Unterscheidung nicht entwickelt und daher werden in schlampiger Sprechweise Bauteil, physikalische Eigenschaft und deren Wert mit demselben Wort Widerstand bezeichnet – was gemeint ist, ist meist aus dem Zusammenhang klar. 91.1 Schichtwiderstände bestehen aus einer dünnen Kohle- oder Metallschicht über einem Keramikkern. Ihr Widerstand ist kaum temperaturabhängig. Ihr Widerstandswert wird durch die Farbringe angegeben. Material ρ [Ωm] Leitung Silber 1,6·10 −8 Metall Kupfer 1,7·10 −8 Metall Gold 2,3·10 −8 Metall Aluminium 2,7·10 −8 Metall Stahl 1,1·10 −7 Metall Quecksilber 1·10 −6 Metall Konstantan 5·10 −6 Metall Grafit 3,3·10 −5 leitend in einer Ebene Silicium (rein) 4·10 3 Halbleiter Diamant 1·10 4 Nichtleiter Glas 2·10 12 Nichtleiter Porzellan 5·10 −12 Nichtleiter Gummi > 10 −13 Nichtleiter 91.2 Spezifischer Widerstand bei 20 °C. 91.3 Temperaturabhängigkeit des Widerstands bei Metallen und Halbleitern. 2500 2000 1500 1000 500 0 20 40 60 80 100 Temperatur in °C Widerstand in R Halbleiter Metall 91.4 Supraleiter: Unterhalb der „Sprungtemperatur“ wird der Widerstand null. Magnetfelder werden aus dem Supraleiter verdrängt, daher schwebt der Magnet über dem kalten Supraleiter. 91 E-Lehre 2 Der Stromkreis Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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