Zeitbilder 6, Schulbuch

6. Die „neue“ alte Ordnung „Herrschaft der Fünf“ und „Heilige Allianz“ Bei den Verhandlungen auf dem Wiener Kongress war es Großbritannien gemeinsam mit Metternich gelungen, seine Idee von einem „Gleichgewicht der Mächte“ auf dem Kontinent durchzusetzen. Russland, Österreich, Preußen, Großbritannien und Frankreich („Pentarchie“ = Herrschaft der Fünf) bestimmten von nun an bis zum Ersten Weltkrieg in ei- nem ständigen Mit- und Gegeneinander die Politik Europas. Die „Heilige Allianz“ wiederum hatte „Legitimität“ und „Stabilität“ als Aufgabe gestellt und sollte das Gleichgewicht der fünf europäischen Großmächte aufrechterhalten. Dieses System sicherte Europa eine der längsten Friedenszeiten seiner Geschichte. Aber unter der Oberfläche gärte es. Metternich wurde in der Zeit des Vormärz (1815–1848) auch als „Kutscher Europas“ bezeichnet. Er stand Neuerungen skeptisch, häufig ablehnend gegenüber. Diesen Aspekt seiner politischen Ansichten beschreibt Metternich so: Q Die Zeit schreitet in Stürmen vorwärts; ihren ungestümen Gang gewaltsam aufhalten zu wollen, wäre ein eitles Unternehmen. Nur durch Festigkeit, Mäßigung und Weisheit, durch vereinte und in der Vereinigung wohl berechnete Kraft, seine verheerenden Wirkungen zu mildern: Das allein ist den Beschützern und Freunden der Ordnung noch übrig geblieben. […] Dieses Ziel lässt sich sehr einfach bezeichnen, es ist heute nichts mehr und nichts minder als die Erhaltung des Bestehenden. In diesem Punkte, mit welchem alles gerettet ist, ja selbst das Verlorene zum Teil noch wieder gewonnen werden kann, müssen alle Anstrengungen des Einzelnen und alle gemeinschaftlichen Maßregeln der in gleichem Sinn und gleichem Interesse Verbundenen zusammentreffen. (Zit. nach: Krieger, Handbuch des Geschichtsunterrichts, Bd. 4, 1978, S. 262) Erkläre, wie Metternich sein politisches Ziel erreichen will und welche „Ordnung“ er meint. Neuere, umfassende Forschungen zeigen, dass von Metternich ein teilweise zu einseitig negatives Bild gezeichnet wurde. Der Historiker Wolfram Siemann veröffentlichte 2016 eine ausführliche Biographie über den österreichischen Staatskanzler. Er weist darauf hin, dass Metternich, ebenso wie viele seiner Zeitgenossen, stark unter dem Eindruck von jahrzehntelanger Gewalt durch die Französische Revolution und die Napoleonischen Kriege stand. Eines der wichtigsten politischen Anliegen Metternichs war daher die Verankerung eines wirksamen Friedenssystems. Er wollte dadurch verhindern, dass jeder Konflikt zwischen Staaten sofort in eine militärische Auseinandersetzung mündet. Die Entwicklung einer diplomatischen Gesprächskultur und das Instrument von politischen Konferenzen sollte zu mehr politischer Stabilität in Europa führen. Metternich selbst schrieb: Q Wir haben uns niemals von dem Wege entfernt, der uns durch das gute Recht vorgezeichnet schien. Unberührt von den Verirrungen unserer Zeit, Verirrungen, die stets die Gesellschaft dem Abgrund zuführen werden, haben wir die Befriedigung gehabt, in einer Epoche voll von Gefahren der Sache des Friedens und der Wohlfahrt der Nationen zu dienen , die niemals durch politische Umwälzungen gefördert wird. (Metternich, Nachgelassene Papiere 1, 141; zit. n. Wolfram Siemann, Metternich. Stratege und Visionär, 2017, S. 875) 104 Europa nach dem Wiener Kongress. Beschreibe die Inhalte dieser Karte und der Karte auf S. 103. Vergleiche sie und erkläre ihre territorialen Unterschiede. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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