Zeitbilder 6, Schulbuch

Charakterisiere die Ziele Franz Josephs, die im Sylvesterpatent zum Ausdruck kommen. Bewerte das Herrschaftsverständnis des jungen Franz Joseph, das sich aus seinem Ausspruch (links unten) erschließen lässt. Erläutere, was die Aufhebung der Verfassung für Staatsbürgerinnen und Staatsbürger, was für die Regierung bedeutete. Anonym, Kaiser Franz Joseph und Kaiserin Elisabeth während der Verlobungszeit. Porzellangemälde, 1853. 4. Österreich auf dem Weg zum Verfassungsstaat Noch einmal Absolutismus Die Revolutionen der Jahre 1848 und 1849 waren niedergeschlagen worden (vgl. S. 228 ff.). Aber die „oktroyierte“ Verfassung vom März 1849 bestand noch – theoretisch zumindest. Denn regiert wurde absolutistisch. Am 31. Dezember 1851 verfügte schließlich Franz Joseph mit dem „Sylvesterpatent“ die Aufhebung der Verfassung. Damit begründete er die Zeit des „Neoabsolutismus“ (1851–1860): QUm zu denjenigen Einrichtungen zu gelangen, welche geeignet sind, den Bedürfnissen Unserer verschiedenen Völker sowie den Bedingungen der Wohlfahrt aller Schichten derselben zu entsprechen und die Stärke Unserer Regierung zur Befestigung der äußeren und inneren Sicherheit, Einheit und Macht des Staates zu bekräftigen, werden die Wege der Erfahrung und der sorgfältigen Prüfung aller Verhältnisse eingehalten und die daraus abgeleiteten organischen Gesetze fortschreitend zu Stande gebracht werden. (Zit. nach: Frass, Quellenbuch, Bd. 3, 1962, S. 214) Durch das Sylvesterpatent wurde neben der Pressefreiheit, den Geschworenengerichten und dem öffentlichen Gerichtsverfahren auch die Autonomie der Gemeinden abgeschafft. In allen habsburgischen Ländern sollten das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch (ABGB) und das österreichische Strafrecht die Grundlagen der Gerichtsbarkeit sein. Man wollte einen starken Zentralismus durchsetzen, der keine Rücksicht auf die Besonderheiten der vielen Völker nahm. Franz Joseph wird in diesem Zusammenhang folgende Äußerung zugeschrieben: „Nun, wo mein Name allein unter allen Verordnungen steht, ist jeder Tadel von derlei Maßregeln Hochverrat“. (zit. in Corti, Sokol: Kaiser Franz Joseph, 1965, S. 105) Freiheit für die Bauern Zwei wichtige Errungenschaften der Revolution, die Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz sowie die Beseitigung der bäuerlichen Grunduntertänigkeit und der damit verbundenen feudalen Pflichten (Zehent, Robot), wurden jedoch nicht angetastet, und ab 1851 ging man an die Durchführung der Bauernbefreiung: Kommissionen bestehend aus Grundherren, Beamten und Bauern bestimmten die Ablösesumme für die Robot- und Abgabenleistungen. Viele Grundherren modernisierten mit diesem Geld den eigenen Gutsbetrieb oder gründeten Industriebetriebe wie Ziegelwerke, Zuckerfabriken oder Molkereien. Trotz der relativ niedrigen Ablösesummen bedeutete für viele Bauern die neue Freiheit eine starke Verschuldung. Die meisten von ihnen waren gezwungen, Kredite aufzunehmen. Viele dieser verschuldeten Bauern mussten ihr Land und ihre Höfe verkaufen und sich selbst als Knechte bei einem reicheren Bauern verdingen. Oder sie gingen in die Stadt, um dort in den Fabriken zu arbeiten. Für Ruhe und Sicherheit auf dem Land sorgte die schon 1849 gegründete Gendarmerie. Verwaltung und Gerichtsbarkeit wurden getrennt, dafür schuf man Bezirkshauptmannschaften und Bezirksgerichte. Die Steuereinhebung übertrug man an neu eingerichtete Finanzämter. Bündnis mit der Kirche Neben dem Heer und den Beamten war die katholische Kirche eine wichtige Stütze der Herrschaft im Neoabsolutismus. Allerdings sorgten die ständigen Eingriffe des Staates in kirchliche Angelegenheiten (z. B. Verwaltung des kirchlichen Vermögens, Zensur der kirchlichen Verlautbarungen) für starke Unzufriedenheit in der Geistlichkeit. Im Konkordat von 1855 erhielt die Kirche folgende Rechte: die Selbstverwaltung ihres Vermögens, die Ehegerichtsbarkeit (Scheidungen wurden fast unmöglich) sowie die Zensur von Büchern religiösen Inhalts. Besonders viel Einfluss erhielt die Kirche im Schulwesen. In den Konkordatsbestimmungen heißt es in Artikel 5 und Artikel 8: 164 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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