Zeitbilder 6, Schulbuch

QDer ganze Unterricht der katholischen Jugend wird in allen sowohl öffentlichen als nicht öffentlichen Schulen der Lehre der katholischen Religion angemessen sein; die Bischöfe werden […] darüber wachen, dass bei keinem Lehrgegenstande Etwas vorkomme, was dem katholischen Glauben und der sittlichen Reinheit zuwiderläuft. […] Der Glaube und die Sittlichkeit des zum Schullehrer zu Bestellenden muss makellos sein. Wer vom rechten Pfade abirrt, wird von seiner Stelle entfernt werden. (Zit. nach: Engelbrecht, Geschichte des österreichischen Bildungswesens, Bd. 4, 1986, S. 544 f.) Nimm Stellung zur Frage, ob die Kirche großen, kleinen oder gar keinen Einfluss in den oben angeführten Bereichen besitzen soll. Beurteile ihren Einfluss im öffentlichen Leben heute. Begründe deine Meinung. „Schwachstelle“ Außenpolitik Der Historiker Helmut Rumpler kommentiert die außenpolitische Entwicklung der 1850er Jahre und ihre Folgen: L Die europäischen Rahmenbedingungen, die Metternich zum Vorteil Österreichs einst so kunstvoll konstruiert hatte, hatten sich so verändert, daß der Habsburgerstaat im Nerv seiner Existenz getroffen war. Auf den Schlachtfeldern der Lombardei läuteten die Totenglocken daher nicht nur dem Neoabsolutismus. Österreich war auf den Krieg nicht vorbereitet und verlor ihn, weil es nicht wahrhaben wollte, daß es eine europäische Mächtesolidarität zur Erhaltung des Friedens nicht mehr gab. Was Rußland im Krimkrieg noch nicht gelang, das schaffte Frankreich 1859 mit der Rückendeckung durch England und Preußen. Mit Lombardei Venetien wurde ein entscheidendes Stück aus dem nationalen und ökonomischen Gleichgewichtssystem der österreichischen Staatskonstruktion herausgebrochen. Es war daher nicht übertrieben, wenn gesagt wurde, daß der Sieg der italienischen Nationalbewegung, des „Risorgimento“, über Österreich die Zündung war für den Zerfallsprozeß in der Habsburgermonarchie, der zur großen Katastrophe von 1918 unaufhaltsam ablief. (Rumpler, Eine Chance für Mitteleuropa, 1997, S. 364) Arbeite die Ansicht des Autors zur damaligen österreichischen Außenpolitik heraus. Außenpolitisch wurde Österreich u. a. durch politische Fehleinschätzungen isoliert. Diese rächten sich schon bald in Italien. Hier unterdrückte Österreich mit aller Strenge jeden nationalistischen Ansatz. Sardinien-Piemont hatte sich die nationale Einigung Italiens zum Ziel gesetzt. Mit Frankreich bestand ein Militärabkommen. Dieses wurde aber von Österreich unterschätzt, es erklärte nämlich Sardinien-Piemont den Krieg. Dadurch stand Österreich vor der ganzen Welt als Aggressor da. Im folgenden Krieg (1859) musste es gegen die vereinigten Franzosen und Piemontesen zwei schwere Niederlagen hinnehmen: Zunächst bei Magenta und dann – unter dem persönlichen und einzigen Kommando, das Kaiser Franz Joseph je führte – in der blutigen Schlacht bei Solferino. Die italienischen Besitzungen mussten aufgegeben werden. Nur Venetien blieb (noch) habsburgisch. Zwei Verfassungsversuche Durch die Niederlage in Italien wuchs die Unzufriedenheit in der Bevölkerung. Das liberale Bürgertum forderte immer lauter Reformen, d.h. eine Verfassung. In Ungarn war die Revolutionsstimmung schon ein Dauerzustand. Der Kaiser musste letztendlich doch nachgeben. Im Oktober 1860 wurde ein Staatsgrundgesetz verordnet. Dieses „Oktoberdiplom“ war föderalistisch, denn es verlegte das Schwergewicht der Gesetzgebung in die einzelnen Landtage. Sofort regte sich Widerstand bei den Deutschliberalen, die zentralistisch eingestellt waren, und bei den Ungarn, die ihre alte Verfassung verlangten. Der Reichsrat wurde boykottiert. Das Scheitern des Oktoberdiploms veranlasste Franz Joseph zu einer radikalen Wende. Er ließ das „Februarpatent“ (1861) ausarbeiten, das wieder einen zentralistisch geführten Staat vorsah. Aber auch dieses Verfassungsexperiment scheiterte – diesmal am Widerstand der Tschechen, der Italiener, der Kroaten und der Ungarn. Ihre Abgeordneten blieben dem Reichsrat fern. Regiert wurde auf Grund eines Notstandsparagrafen. Er ermächtigte die Regierung, Gesetze zu erlassen. 1865 hob Franz Joseph schließlich auch das Februarpatent auf und kündigte eine neue, bessere Verfassung an. Fragen und Arbeitsaufträge 1. Beschreibe in Stichworten, was man unter „Neoabsolutismus“ versteht. 2. Erkläre in diesem Zusammenhang auch die Begriffe Sylvesterpatent, Bauernbefreiung, Konkordat, Solferino, Oktoberdiplom und Februarpatent. Urkunde „Oktoberdiplom“, erlassen am 20. Oktober 1860 von Kaiser Franz Joseph I. Das im förderalistischen Sinn verfasste Staatsgrundgesetz bringt die Rückkehr zum Konstitutio- nalismus. Österreich vom Aufgeklärten Absolutismus bis zum Ende der Monarchie 165 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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