Zeitbilder 6, Schulbuch

6. Österreich wird eine konstitutionelle Monarchie Dezemberverfassung 1867 Das Jahr des „Ausgleichs“ mit Ungarn brachte auch das Ende der absolutistischen Monarchie in Österreich. Am 21. Dezember 1867 setzte der Kaiser fünf Staatsgrundgesetze in Kraft. Sie machten Österreich zu einem konstitutionellen Staat. Nun wurde der Grundsatz der Gewaltentrennung auch in Österreich angewendet. Dies geschah aber doch nicht ganz ohne Vorbehalte. Die Rechte des Reichsrates wurden entscheidend eingeschränkt: Er konnte durch Notverordnungen der Regierung, welche Gesetzeskraft hatten, jederzeit umgangen werden. Die Minister wurden vom Kaiser ernannt und konnten nur von ihm entlassen werden. Die Dezembergesetze regelten das öffentliche Leben in Österreich bis zum Ende der Monarchie im Jahre 1918. Als besonders langlebig erwies sich das „Staatsgrundgesetz über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger für die im Reichsrate vertretenen Königreiche und Länder“. Dieser Grundrechtskatalog überdauerte die Monarchie und ist (mit einigen Änderungen und Anpassungen) noch heute ein Teil der Österreichischen Bundesverfassung. Vergleiche diese Bestimmungen mit schon im Unterricht behandelten Menschen- und Bürgerrechten. QArt. 2. Vor dem Gesetz sind alle Staatsbürger gleich. […] Art. 4. Die Freizügigkeit der Person und des Vermögens innerhalb des Staatsgebietes unterliegt keiner Beschränkung. Die Freiheit der Auswanderung ist von Staates wegen nur durch die Wehrpflicht beschränkt. Art. 5. Das Eigentum ist unverletzlich. […] Art. 8. Die Freiheit der Person ist gewährleistet. Jede gesetzwidrig verfügte oder verlängerte Verhaftung verpflichtet den Staat zum Schadenersatz. Art. 9. Das Hausrecht ist unverletzlich. Art. 10. Das Briefgeheimnis darf nicht verletzt und die Beschlagnahme von Briefen, außer dem Falle einer gesetzlichen Verhaftung oder Haussuchung, nur in Kriegsfällen oder auf Grund eines richterlichen Befehles vorgenommen werden. […] Art. 12. Die österreichischen Staatsbürger haben das Recht, sich zu versammeln und Vereine zu bilden. Art. 13. Jedermann hat das Recht, durch Wort, Schrift, Druck oder bildliche Darstellung seine Meinung innerhalb der gesetzlichen Schranken frei zu äußern. […] Art. 17. Die Wissenschaft und ihre Lehre ist frei. […] Art. 19. Alle Volksstämme des Staates sind gleichberechtigt, und jeder Volksstamm hat ein unverletzliches Recht auf Wahrung und Pflege seiner Nationalität und Sprache. Die Gleichberechtigung aller landesüblichen Sprachen in Schule, Amt und öffentlichem Leben wird vom Staate anerkannt. In Ländern, in welchen mehrere Volksstämme wohnen, sollen die öffentlichen Unterrichtsanstalten derart eingerichtet sein, dass ohne Anwendung eines Zwanges zur Erlernung einer zweiten Landessprache jeder dieser Volksstämme die erforderlichen Mittel zur Ausbildung in seiner Sprache erhält. (Zit. nach: Frass, Quellenbuch, Bd. 3, 1962, S. 259 ff.) Die Verfassung Österreichs nach den Dezembergesetzen 1867 Kaiser Staatsgrundgesetz über Reichsvertretung bürgerliche Grundrechte Reichsgericht richterliche Gewalt Regierungs- und Vollzugsgewalt Garantie der allgemeinen Rechte der Staatsbürger Exekutive Regierung Notverordnungsrecht ernennt, entlässt Anrufung Anrufung Vetorecht rechtlich, nicht politisch verantwortlich Jurisdiktion Verwaltungsgerichtshof Reichsgericht (Verfassungsgerichtshof) Legislative Reichsrat Herrenhaus: Sitz erblich oder vom Kaiser verliehen Abgeordnetenhaus: seit 1873 direkte Wahl 168 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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