1.2 Afrika vor der Kolonialisierung Lange Zeit beschränkten sich die meisten europäischen Historikerinnen und Historiker auf die Erforschung der Geschichte Afrikas während der Altsteinzeit, erst seit wenigen Jahrzehnten beschäftigen sie sich auch intensiver mit der vielfältigen jüngere Geschichte Afrikas. Seit gut 2 000 Jahren gibt es südlich der Sahara ständig bewohnte Siedlungen. Ab ca. 500 n. Chr. bildeten sich dort in verschiedenen Regionen unterschiedliche Königreiche heraus. Erste Berichte von den kulturellen und wirtschaftlichen Reichtümern Afrikas stammen von arabischen Gelehrten. Die Araber hatten nämlich bereits seit dem 8. Jh. die nordafrikanische Mittelmeerküste erobert und Muslime waren bis nach Mauretanien vorgedrungen. Karawanenhandel und Seehandel vor dem 15. Jh. Ab diesem Zeitpunkt durchquerten arabische Kaufleute, Abenteurer und Forscher mit Karawanen die Sahara und traten so in Verbindung mit schon bestehenden westafrikanischen Reichen. Die Könige von Ghana lebten beispielsweise in prunkvollen Palästen, regierten ein Riesenreich und bezogen ihren Reichtum vor allem aus Steuern auf Kupfer-, Gold- und Salztransporte. Auch das westafrikanische Königreich Mali erlebte zwischen 1200 und 1500 eine beachtliche Blüte unter einheimischen, muslimischen Herrschern. Schon lange vor diesem Karawanenhandel mit Westafrika gab es einen regen Seehandel zwischen den ostafrikanischen Handelsplätzen (z.B. Mogadischu) und asiatischen Küstenstädten in Arabien und Indien. Von der ostafrikanischen Küste aus wurden hauptsächlich Elfenbein und Tierfelle gehandelt. Während an den Küstenstrichen der Islam weit vorgedrungen war, herrschten in den verschiedenen Reichen Innerafrikas die Naturreligionen vor. Weil diese afrikanischen Gesellschaften keinen Unterschied zwischen staatlicher und religiöser Funktion kannten, übten ihre Herrscher beide Gewalten aus. Der Handel zwischen diesen Reichen war sehr begrenzt: Es fehlten Straßen, Zugtiere und damit auch Wagen. Zu Wasser verwendete man vorwiegend Kanus, sofern nicht Stromschnellen, Überschwemmungen während der Regenzeit oder die ausgetrockneten Flusstäler in den Trockenperioden den Verkehr auf den Flüssen unmöglich machten. Das fehlende Verkehrssystem erschwerte die Bildung großer politischer Verwaltungseinheiten. Das häufig ungesunde Klima hemmte zusammen mit immer wiederkehrenden Seuchen (Malaria, Schlafkrankheit) die Entwicklung Afrikas und ein Ansteigen der Bevölkerung: Für die Gesamtfläche von 30 Millionen km2 werden im Jahre 1680 nur ca. 5 Millionen Menschen geschätzt. Insgesamt wissen wir über die Entwicklung dieser Reiche recht wenig, da bis ins 15. Jh. nie ein Europäer den Dschungel betreten hat und schriftliche Aufzeichnungen gänzlich fehlen. Grundbesitz spielte als Quelle von Macht und Reichtum wegen der dünnen Besiedlung Afrikas kaum eine Rolle. Die Afrikaner kannten keinen Pflug. Sie betrieben Hackbau, wo es der Boden zuließ. Nomadisierende Hirten zogen mit Schafen, Ziegen und Rindern umher. Die Tiere waren ein Zeichen von Wohlstand und ersetzten oft das fehlende Geld als Währung. An Bodenschätzen war das Eisen weit verbreitet. Seltener war schon das Kupfer, das in Barrenform auch als Währungseinheit, vor allem aber zur Schmuckherstellung verwendet wurde. Gold- und Sklavenhandel ab dem 15. Jh. Das Gold in Südostafrika und an der Guineaküste lockte schließlich fremde Kaufleute an. Besonders die Portugiesen verstärkten im 15. Jh. den Handelsaustausch an der Westküste Afrikas. Bald danach gründeten sie eigene Niederlassungen an der Küste und begannen von hier aus mit der Ausbeutung Afrikas. Bedeutend wurde besonders der Handel mit Sklavinnen und Sklaven, den die Afrikaner schon lange praktizierten. Nach den Portugiesen kamen auch Holländer und Engländer, die in den folgenden Jahrhunderten Millionen schwarzer Afrikanerinnen und Afrikaner als Sklavinnen und Sklaven nach Amerika verkauften. Die Durchdringung und Kolonialisierung des Kontinents setzte erst im 19. Jh. ein. Mecia de Viladestes, Mansa Musa (Ausschnitt). Pergament, 1413. Aus dem Atlas Karls V. Ausschnitt aus einer auf Pergament gezeichneten mittelalterlichen Seekarte: Sie zeigt Mansa Musa, den König des islamischen Königreiches Mali (1312–1337) mit einem Goldklumpen in der rechten Hand. Fragen und Arbeitsaufträge 1. Beschreibe, wie König Mansa Musa im Atlas Karls V. dargestellt ist. Erkläre dazu die europäischen Herrschafts- symbole. 2. Sammelt in Kleingruppen aus unterschiedlichen Medien politische, wirtschaftliche und kulturelle Informationen über ausgewählte afrikanische Staaten der Gegenwart. Expansion – vom Kolonialismus zum Imperialismus 65 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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