Welche Gründe gibt es für die Entdeckungsfahrten? Nach der Eroberung Konstantinopels durch die Osmanen (1453) sperrten diese alle direkten Handelswege für die europäischen Kaufleute nach Indien, China und die ostasiatischen Gewürzinseln. Diese Situation nutzten Spanier und Portugiesen, um auf dem Seeweg vor allem die bis dahin mächtigen italienischen und arabischen Kaufleute auszuschalten. Neben den Handelsinteressen der Kaufleute gab es aber auch andere Motive, wie z.B. Abenteurertum, Gier nach Ruhm und reicher Beute oder missionarischer Eifer, die zu den „Entdeckungsfahrten“ seit dem 15. Jh. führten. Die Portugiesen auf dem Weg ins „alte“ Indien Schon in der ersten Hälfte des 15. Jh. waren die Portugiesen immer weiter die Küste Afrikas entlang gesegelt. Dort errichteten sie Handelsstützpunkte und -gesellschaften, die vor allem mit Gold, Elfenbein und Sklaven Gewinne machten. 1486 erreichte Bartholomäus Diaz das Kap der Guten Hoffnung an der Südspitze Afrikas. 1498 landete Vasco da Gama im Hafen Kalikut, dem Hauptumschlagplatz des arabischen Gewürzhandels in Indien. Seine Rückkehr mit den gewürzbeladenen Schiffen war ein enormer finanzieller Erfolg. Es folgten weitere Expeditionen. Binnen weniger Jahrzehnte eroberten die Portugiesen einen Großteil der ostasiatischen Inselwelt und errichteten Handelsgesellschaften bis nach China. Bis zum Ende des 16. Jh. kontrollierten sie den asiatischen Gewürzhandel. Später wurden sie von den Engländern (in Indien) und den Holländern (in Ostasien) verdrängt. Ersatz dafür fanden die Portugiesen im weiteren Herrschaftsausbau an der Westküste Afrikas sowie in Brasilien, das im Jahr 1500 durch einen Zufall von Pedro Cabral auf einer Reise nach Indien „entdeckt“ wurde. Die Spanier „entdecken“ das „neue“ Indien Von der Kugelgestalt der Erde überzeugt wollte der Genuese Christoph Kolumbus (1451–1506) Indien auf dem Westweg erreichen. Im Auftrag der spanischen Krone stach Kolumbus 1492 in See und erreichte nach mehr als zwei Monaten die kleine karibische Insel Guanahani. Kolumbus nannte sie zu Ehren des Erlösers „San Salvador“ und betrachtete sie gleich als spanischen Besitz. Im Bordtagebuch notierte Kolumbus seine Eindrücke vom ersten Kontakt mit den Inselbewohnern: QIn der Erkenntnis, dass es sich um Leute handle, die man weit besser durch Liebe als mit dem Schwert retten und zu unserem heiligen Glauben bekehren könne, gedachte ich sie mir zu Freunden zu machen und schenkte also einigen unter ihnen rote Kappen und Halsketten aus Glas und noch andere Kleinigkeiten von geringem Wert. […] Sie wurden so gute Freunde, dass es eine helle Freude war. Sie […] brachten Papageien, Knäuel von Wolle, lange Wurfspieße und viele andere Dinge noch, die sie mit dem eintauschten, was wir ihnen gaben wie Glasperlen und Glöckchen. […] Sie führten keine Waffen mit sich. […] Sie besaßen keine Art Eisen. Sie müssen gewiss treue und kluge Diener sein, da ich die Erfahrung machte, dass sie in Kürze alles, was ich sagte, zu wiederholen verstanden. Überdies glaube ich, dass sie leicht zum Christentum übertreten können. (Bordtagebuch des Kolumbus; in: Hug u.a., Geschichtliche Weltkunde, Bd. 2, 1977, S. 19) Untersuche die Einstellung und das Verhalten des Kolumbus den Inselbewohnern gegenüber. Bewerte dazu auch die Art seiner Geschenke bzw. Tauschwaren. Obwohl Kolumbus ohne Gewürze und mit nur wenig (Gold-)Schmuck von seiner ersten Fahrt zurückkehrte, wurde er in Spanien gefeiert. Hatte er doch, nach damaliger Überzeugung, den Seeweg nach Ostasien auf der Westroute entdeckt. Bis zu seinem Tod war er davon überzeugt, die Indien vorgelagerten Inseln (daher: Westindische Inseln) entdeckt zu haben. Erst mit der Überquerung der Landenge von Panama durch den spanischen Seefahrer Balboa (1513) bestätigte sich, dass Kolumbus einen neuen Erdteil „entdeckt“ hatte. Er erhielt den Namen Amerika nach dem Italiener Amerigo Vespucci, der den Kontinent als Erster beschrieb. Den endgültigen Beweis für den neuen Kontinent sowie für die Kugelgestalt der Erde aber erbrachte der in spanischen Diensten stehende Portugiese Magellan (Magalhães): Nach dreijähriger Fahrt kehrte eines seiner fünf Schiffe 2. Die Europäer „entdecken“ und erobern die Welt 66 Cathaja India Azores Äquator Canaros Java Cipango (Japan) Taprobane (Sri Lanka) Java major minor Africa (China) Europa Vorstellung über die Verteilung der Landflächen nach einem von Martin Behaim 1492 gefertigten Globus tatsächliche Küstenlinien der Landflächen 0 3000 6000 km (am Äquator) Toscanellis Weltkarte. Der italienische Arzt und Kartograf bestärkte Kolumbus in einem Brief darin, dass ein westlicher Seeweg nach Indien möglich sei. Kolumbus berechnete auf Basis dieser Karte, die als verschollen gilt, die Entfernungen. (Karte um 1479, Rekonstruktion) Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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