4. Götterspiele, Kunst und Wissenschaft Von „Götterspielen“ zum Berufsathletentum Die frühen Griechen glaubten an viele Naturgottheiten und an Magie. Erst in den Homer zugeschriebenen Epen „Ilias“ und „Odyssee“ begegnen wir im 8. vorchristlichen Jahrhundert den „olympischen Göttern“. Unter der Führung des Zeus und seiner Gattin Hera herrschten sie vom Olymp aus über die Menschen. Athene, Apollon, Poseidon, Ares und Aphrodite, sie alle waren durch Abstammung oder Heirat miteinander verbunden. Sie hatten menschliche Züge, waren unsterblich, voller Leidenschaften und griffen manchmal ins Leben der Sterblichen ein. Daneben gab es eine schlichtere Hirten- und Bauernreligion, deren Götter man in mannigfaltigen Festen verehrte. Auch der sportliche Wettkampf (= Agon) wurde ursprünglich als kultisches Fest zu Ehren der Götter abgehalten. Bis heute berühmt geblieben sind die dem Zeus geweihten „Olympischen Spiele“. Teilnahmeberechtigt zu diesen alle vier Jahre in Olympia stattfindenden Spielen (Olympiade = Zeitraum von vier Jahren) waren anfangs nur „Hellenen“, die Griechen der gesamten antiken Welt. Für die Zeit der Spiele war Waffenruhe angeordnet. Seit der Eingliederung der griechischen Staaten in das Römische Reich (146 v. Chr.) waren auch „Barbaren“ (= die Stammler, d.h. Menschen, deren Sprache man nicht verstand) zu den Spielen zugelassen. Erst als Kaiser Theodosius I. alle heidnischen Kulthandlungen verbot (391 n. Chr.), bedeutete dies auch das Ende der Spiele in Olympia. Ursprünglich war der Wettlauf die einzige Sportart, später kamen der Fünfkampf (Lauf, Weitsprung, Speerwurf, Diskuswurf und Ringkampf) sowie der Faustkampf, das Pankration (eine Art Freistilringen) und die Wagenrennen hinzu. Fünfkampf (Aquarell nach griechischer Vasenmalerei, 450 v. Chr.) Unverheiratete Frauen waren als Zuschauerinnen zu den Spielen zugelassen, den Verheirateten hingegen war Zuschauen bei Todesstrafe verboten. Seit dem 5. Jh. v. Chr. traten vorwiegend Berufsathleten zu den gymnischen (gymnos = nackt) Wettkämpfen in Olympia, Nemea oder auf dem Isthmos von Korinth an. Bei der Siegerehrung erhielten die Athleten nur einen Ölzweig oder Lorbeerkranz, in der Heimat aber wertvolle Preise: z. B. lebenslange Verköstigung auf Staatskosten oder die Steuerbefreiung. Erörtere Stellenwert und Zweck der Olympischen Spiele heute. Vergleiche sie mit den Spielen in Olympia und erstelle eine Liste mit den wichtigsten Unterschieden. Philosophie – vom Mythos zum Logos Bis zum Auftreten der ersten Philosophen („Freunde der Weisheit“) stellte man sich die Erscheinungen der Welt sagenumwoben und fantastisch (mythisch) vor: L Allen Feiern, Kultzentren und Stadtgründungen lagen mythische Traditionen zu Grunde, jede Naturerscheinung, den Lauf der Sonne, der Gestirne, Flüsse, Quellen, Erdbeben und Seuchen brachte man mit Mythen in Verbindung, die viele Funktionen hatten: Sie wirkten erklärend, belehrend und wegweisend. (Finley, Die frühe griechische Welt, 1982, S. 141) In den wirtschaftlich erfolgreichen Städten an der Küste Kleinasiens entstand im 7. und 6. Jh. v. Chr. eine neue Art zu denken: Dort erfolgte schon seit langem ein reger Austausch mit Erkenntnissen und Ideen der orientalischen Hochkulturen. Einige Menschen begannen nun diese mythischen Vorstellungen zu kritisieren. Sie bemühten sich, die Natur mit dem Verstand zu erforschen (logos = wissenschaftliches, prüfendes Denken), das „Wesen“ der Dinge und deren Gesetzmäßigkeiten zu erkennen. Thales (um 625–545 v. Chr.), Anaximander (um 610–545 v. Chr.) und Anaximenes (ca. 585–525 v. Chr.) aus der Stadt Milet waren die drei Philosophen, an denen die neue Art zu denken erstmals greifbar wird. Sie begannen nämlich die Gründe für die Entstehung der Welt und ihrer Erscheinungsformen durch forschendes Nachdenken in der Natur selbst zu suchen. Nach der Lehre des Thales beispielsweise ist der Urstoff, aus dem alles entstanden ist, das Wasser. Es wurden jedoch nur wenige Bruchstücke dieser Lehren überliefert. Die Philosophen, die ab dem 6. Jh. auftraten, beriefen sich immer stärker auf die Vernunft. Sie lösten sich von den mythisch-religiösen Bindungen der homerischen Götterwelt, welcher sich die überwiegende Mehrzahl der Griechen verbunden fühlte. Während also die einen die althergebrachte Götterwelt noch verteidigten, griffen die anderen sie scharf an: 19 Die antike Welt – Griechenland und Rom Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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