Zeitbilder 7, Schulbuch

Die intensivste Phase der Globalisierung waren die Jahrzehnte ab den 1980er Jahren: zunächst durch die Digitalisierung. Sie ermöglicht den Austausch von Informationen in Echtzeit. Darüber hinaus können innerhalb von Sekunden riesige Geldtransaktionen durchgeführt werden. So stieg etwa der durchschnittliche tägliche Devisenhandel von 4 Billionen Dollar/Tag im Jahr 2010 auf 7,51 Bio. Dollar/Tag im April 2022. Bestimmend waren ferner die wirtschaftliche Öffnung der Ostblockstaaten und die Förderung von Marktwirtschaft und internationalem Handel in China. Das eröffnete der Weltwirtschaft riesige neue Märkte. Das Volumen der US-Wirtschaft hat sich zwischen 1990 und 2020 fast verdreifacht; die chinesische Wirtschaft wuchs im selben Zeitraum um das Fünfundvierzigfache. Beispielsweise waren in China 1985 20000 PKWs zugelassen, im Jahr 2020 waren es über 240 Millionen. Aber auch das Verbrechen „globalisiert“ sich. Weltweite Verbindungen des organisierten Verbrechens bedrohen die Sicherheit in den Nationalstaaten. Die Spanne reicht vom Menschen- und Drogenhandel über illegale Geschäfte mit Waffen und Kunstschätzen bis hin zur „Mutter aller Verbrechen“, der Geldwäsche. (Nach: Castells, Der Aufstieg der Netzwerkgesellschaft, Band 1, 2001; Rödder, Eine kurze Geschichte der Gegenwart, 2016, S. 55 f; Frankopan, Zwischen Himmel und Erde, 2023, S.791; Schlembach 2024, S.38; BIZ 2022) Der KOF-Globalisierungsindex Als Maß für die Globalisierung der einzelnen Staaten wurde an der ETH Zürich der KOF-Globalisierungsindex entwickelt. Er hat eine wirtschaftliche, eine soziale und eine politische Dimension. Seit den 1970er Jahren ist die Globalisierung in allen drei Bereichen gestiegen. Die am stärksten globalisierten Länder sind gegenwärtig (2022) die Niederlande, die Schweiz und Belgien. 1970 1980 1990 2000 2010 2020 in Prozent 70 60 50 40 30 KOF-Globalisierungsindex insgesamt Wirtschaftliche Globalisierung Soziale Globalisierung Politische Globalisierung Entwicklung der Globalisierung Quelle: ETH Zürich, Konjunkturforschungsstelle. Online auf: https:// www.kof.ethz.ch/, 24.9.2025. Globalisierung meint – Im allgemeinsten Verständnis meint Globalisierung den Auf- und Ausbau sowie die Verschränkung weltweiter Wirtschaftsbeziehungen. L Die OECD (2005) charakterisiert Globalisierung als eine sich verstärkende Entwicklung von internationalen Unternehmenskooperationen. Die Aktivitäten im Ausland sind durch die Liberalisierung der Weltmärkte weit über den Globus verteilt. Globalisierung ist somit ein Prozess, durch den die Märkte über den Austausch von Gütern, Dienstleistungen und die internationalen Zahlungsströme immer mehr gegenseitige Abhängigkeiten und damit Verwundbarkeiten entwickeln. Treibende Kräfte sind technologische Neuerungen, Transport, Kommunikation und politische Maßnahmen. (Schlembach, Welthandel und Globalisierung, 2024, S. 39 u. 24; vereinf.) Entwicklungsphasen der Globalisierung Der Prozess der Globalisierung entwickelte sich über mehrere Jahrhunderte. Die Grundlage bildeten die Entdeckungs- und Eroberungsfahrten der Europäer im 16. und 17. Jahrhundert. Dabei schritt die Vernetzung der Welt immer weiter voran, und der Handel wurde allmählich zu einer weltumspannenden Wirtschaft verknüpft. Dies brachte eine Wohlstandsvermehrung vor allem bei den europäischen Seemächten. Für die Zeit etwa ab der Mitte des 19. Jh. bis 1914 spricht man von der „ersten Phase der Globalisierung“: L Dabei gab es eine ganze Reihe aneinander gekoppelter Entwicklungen: Das waren neue Entwicklungen im Produktionsbereich, also Mechanisierung, und die sich daraus ergebende Massenproduktion. Dadurch wurde der Weltmarkt als Absatzmarkt immer interessanter. Entsprechend boten sich Eisenbahn und Dampfschiff, die Revolutionen im Transportwesen, als Transportmittel an. Das Ganze konnte durch neue Kommunikationsmittel wie Funk, Telefon und Telegraf zeitnah koordiniert werden. (Schlembach 2024, S. 24 f.; vereinf.) Zwischen 1800 und 1913 nahm der Umfang des Welthandels um das 25-Fache zu. Doch die beiden Weltkriege haben in zahlreichen Staaten die wirtschaftliche Infrastruktur zerstört und die Handelsnetzwerke zerrissen. Nach dem Zweiten Weltkrieg begann die „zweite Phase der Globalisierung“. Wesentlich mitbestimmt wurde sie davon, dass die USA nun ihre Politik des Isolationismus beendeten. Sie ersetzten diese durch die Idee einer „One world“: Die Welt sollte durch internationale Verträge politisch und vor allem auch wirtschaftlich durch den Abbau von Handelsschranken (Liberalisierung) vernetzt werden. Wie schon in der ersten Globalisierungsphase erhoffte man sich eine zusätzliche Dynamik der Produktion und des Handels und damit einen weltweiten Wohlstandsgewinn. 4. Globalisierung und Gesellschaft 146 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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