Zeitbilder 7, Schulbuch

ökologisch verheerenden Zunahme des Gütertransports u. a. m. Eine andere Forschergruppe setzt vorwiegend auf „globale Verträge“. Damit sollen Demokratie, Toleranz und Solidarität mit den Schwächeren weltweit gefördert werden (vgl. Gruppe von Lissabon: Grenzen des Wettbewerbs, 1997). In einer Zusammenfassung neuester Untersuchungen gelangt der in Indien geborene und in Deutschland lebende Erziehungswissenschafter Asit Datta 2013 zur Auffassung, dass die Globalisierung zwar große Chancen biete. Diese ließen sich aber nur nützen, wenn stärker auf einen globalen Ausgleich geachtet werde und wenn – beginnend in den Industriestaaten – eine Änderung des Konsumverhaltens eintrete. Beides erachtet Datta als besonders schwierig (vgl. Datta, Armutszeugnis, 2013). ATTAC – Gegenbewegung „von unten“ Aufgrund einer Wirtschaftskrise in Südostasien im Jahr 1997 (Thailand, Hongkong, Südkorea), die durch Finanzspekulationen ausgelöst wurde, forderten immer mehr Expertinnen und Experten eine Kontrolle der internationalen Finanzmärkte. Ignacio Ramonet, der Chefredakteur der französischen Monatszeitung „Le Monde diplomatique“, machte den Vorschlag, Währungsspekulationen durch die Einführung einer geringen Umsatzsteuer (0,1 Prozent) bei spekulativen internationalen Geldgeschäften einzudämmen („Tobin Tax“). Da gegenwärtig (2022) täglich mehr als 7 500 Mrd. Dollar weltweit gehandelt werden, ergäbe das beträchtliche Einnahmen. Diese könnten z.B. für den Kampf gegen soziale Ungleichheiten und für das Schul- oder Gesundheitswesen eingesetzt werden. Im Jahr 1998 wurde aufgrund dieses Vorschlages in Paris die Charta von „ATTAC-International“ verabschiedet. Ziel der ATTAC-Bewegung ist es, die Bürgerinnen und Bürger zum aktiven Widerstand zu ermutigen. Man ist also bestrebt, unter ihrer Beteiligung auf globaler Ebene einen demokratischen Raum zu schaffen. L ATTAC-Österreich fordert in seiner Gründungsdeklaration (September 2000) gerechte Rahmenbedingungen für die Weltwirtschaft und den Vorrang demokratischer Politik vor neoliberaler Marktideologie. Die drei zentralen Institutionen – Internationaler Währungsfonds, Weltbank und Welthandelsorganisation – haben in dieser Frage nicht nur versagt, sondern sie ergreifen erwiesenermaßen einseitig Partei für kurzfristige Profitinteressen, erschweren alternative Entwicklungswege und stellen eine Bedrohung für das gesellschaftliche Über- und Zusammenleben dar. (Gründungsdeklaration von ATTAC-Österreich, September 2003) Wachsende Ungleichheit – Gefahr für die Demokratie Der globale Markt brachte in den letzten 20 Jahren eine breite Wohlstandszunahme. Trotzdem fürchten viele Menschen als Rationalisierungsopfer den sozialen Abstieg aufgrund von sinkenden Löhnen, Arbeitslosigkeit und den Verlust ihres sozialen Standes. Ihre Angst davor gefährdet den sozialen Frieden und in der Folge möglicherweise die Demokratie. Der britische Historiker Eric Hobsbawm fasste diese Probleme folgendermaßen zusammen: L Erstens hat die gegenwärtig so geschätzte Globalisierung des freien Marktes dazu geführt, dass die Ungleichheit auf nationaler wie auf internationaler Ebene dramatisch zugenommen hat. (…) Zweitens bekommen diejenigen die Globalisierung am stärksten zu spüren, die am wenigsten von ihr profitieren. Daher rührt auch die zunehmende Polarisierung der Ansichten über Globalisierung: zwischen denen, die weitgehend von ihren negativen Folgen geschützt sind – den Unternehmern, die ihre Kosten in Billigländer „outsourcen“ können, den Hightechfachkräften und den Hochschulabsolventen, die in jeder Marktwirtschaft mit hohen Löhnen Arbeit finden – und diejenigen, bei denen das nicht der Fall ist. (…) Drittens schließlich (…) sind die politischen und kulturellen Auswirkungen unverhältnismäßig groß. So ist die Zuwanderung in den meisten Volkswirtschaften des Westens ein zentrales politisches Problem. (Hobsbawm, Globalisierung, Demokratie und Terrorismus, 2009, S. 11 f.) Globalisierungskritik: „Tittytainment“ reicht nicht Die römischen Kaiser gaben dem Volk „Brot und Spiele“, um es für sich zu gewinnen und bei Laune zu halten. „Tittytainment“ ist dem vergleichbar. Martin und Schumann, die Verfasser des Bestsellers „Die Globalisierungsfalle“ meinen, 20 Prozent der arbeitsfähigen Bevölkerung dürften im 21. Jh. ausreichen, um die Weltwirtschaft in Schwung zu halten; die restlichen 80 Prozent würden gewaltige Problem bekommen. Sie befürchten, dass die 80 Prozent, die keine Arbeit bekommen, möglicherweise einer Kombination folgen von ausreichender Ernährung (titis = nährende Brüste – „Konsumismus“) und betäubender Unterhaltung (entertainment – „Event Kultur“, z. B. Musik- oder Sportveranstaltungen). Diese Diskussion aus den 1990er Jahren dürfte angesichts der schwer abschätzbaren Folgen des Einsatzes von Künstlicher Intelligenz gegenwärtig an Brisanz gewinnen. Die beiden Bestsellerautoren stellen folgende Vorschläge zur Bewältigung von Globalisierungsproblemen zur Diskussion: Soziale und ökologische Mindeststandards sollen für den Welthandel gelten. Weiters: Durchsetzung der Einhaltung von Konventionen, etwa der ILO (International Labour Organisation) gegen Sozialdumping; Boykott von Produkten aus Kinderarbeit, rücksichtsloser Umweltbelastung und Hungerlöhnen; Begrenzung der 148 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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