Zeitbilder 8, Schulbuch

Keine politische Liberalisierung bis heute 1978 begann die Modernisierung und Liberalisierung des chinesischen Wirtschaftssystems. Doch das politische System blieb von Reformen ausgenommen. Dies zeigte sich im Herbst 1988 in Tibet. Dort wurden Demonstrationen gegen die seit 1956 bestehende chinesische Herrschaft mit Polizei und Militärgewalt niedergeschlagen. Bis heute verbietet China die Rückkehr des 1959 geflohenen und im Exil lebenden Dalai Lama. 1989 begann der Zerfall des kommunistischen Systems in Europa. Auch in China forderte im Frühsommer 1989 besonders die studentische Jugend eine Demokratisierung der politischen Ordnung. Sie versammelte sich in Beijing tagelang auf dem Tian‘anmen-Platz („Platz des Himmlischen Friedens“) und verlangte Verhandlungen mit der Regierung. Der gleichzeitig stattfindende Staatsbesuch von Michail Gorbatschow, der für die Sowjetunion Perestroika und Glasnost ausgerufen hatte, verstärkte diese Bewegung. Anfang Juni 1989 jedoch wurde die Demokratiebewegung mit Panzern niedergewalzt. Mehr als 3 000 Menschen kamen ums Leben. Bis heute werden in China Systemkritikerinnen und Systemkritiker verhaftet und oft zu hohen Gefängnisstrafen verurteilt, wie z. B. der Friedensnobelpreisträger Liu Xiaobo. Wachsende regionale und soziale Ungleichheit Die wirtschaftliche Entwicklung in China hatte in verschiedenen Regionen und für verschiedene Bevölkerungsgruppen sehr unterschiedliche Auswirkungen. In den großen Metropolen und wohlhabenden Küstenregionen verbesserte sich die wirtschaftliche Situation vieler Menschen deutlich. Im Inneren des Landes hingegen gibt es nach wie vor weit ärmere Provinzen. Viele Menschen aus den ländlichen Gebieten verdingen sich auch gegenwärtig massenhaft als Wanderarbeiterinnen und -arbeiter in den Städten und auf Großbaustellen. Zahlreiche ländliche Gebiete weisen aus der Sicht der Regierung in Beijing ein bedrohliches Maß an sozialer Unzufriedenheit auf. Zu ihnen gehören z.B. entlassene oder schlecht bezahlte Arbeitskräfte sowie Bäuerinnen und Bauern, die im Zuge von industriellen Bauprojekten ihr Land verlieren. Aber auch ethnische Minderheiten wie z.B. die muslimischen Uiguren zählen dazu. Jeff Widener, „Tank Man“. Foto, 5. Juni 1989. Der Vorfall ereignete sich am 5.Juni 1989 in der Nähe des Tian’anmen- Platzes in Beijing. Am Tag zuvor waren die Demonstrationen am Tian’anmen-Platz gewaltsam niedergeschlagen worden. Der Mann stand allein auf der Fahrbahn, als sich die Panzer näherten. Die Panzer hielten an. Der Mann wurde unmittelbar nach seiner Protestaktion verhaftet. In chinesischen Suchmaschinen sind Tank Man u.a. blockiert. China gegen China Im Jahr 2005 verabschiedete der Nationale Volkskongress (vgl. S. 68) das „Antisezessionsgesetz“. Dieses ermächtigt die Regierung in Beijing, auch „nicht freundliche Mittel“ (= militärische Mittel) gegen Taiwan zur Wiedervereinigung mit dem Festland einzusetzen. Eine solche fordert Präsident Xi Jinping immer wieder. Um diesen Anspruch zu unterstreichen, finden häufig Militärmanöver in der Region statt. Taiwan wird nämlich von der VR China als Provinz angesehen. Die USA, die seit 1979 offiziell die Sicherheit Taiwans garantieren, werten solche Initiativen als eine Gefahr für den Frieden und die Sicherheit in der Region. Chinas stetiger Aufstieg zur Weltmacht Nach dem Ende des Kalten Krieges verstärkte China in der Außenpolitik seine Kontakte in viele Richtungen (Multilateralismus). Der Krieg in der Ukraine unterstreicht die Verschiebung der politischen Machtverhältnisse weg von Russland und hin zu China. Im Welthandel ringen die USA und China um die Vorherrschaft. Das rasche Wirtschaftswachstum führte jedoch sowohl bei der Versorgung mit Energie als auch bei Rohstoffen zu neuen Abhängigkeiten. Laut „World Energy Report“ löste China 2010 die USA von der Spitze des weltgrößten Energieverbrauchers ab. Seit 2015 ist es der größte Importeur von Erdöl. Inzwischen ist China auch zum größten Elektro-PKW-Markt der Welt geworden. Es exportiert E-Autos in steigendem Ausmaß auch nach Europa. Diese erfolgreiche Wirtschaftspolitik war das Ergebnis einer strategischen Vorgangsweise: L China förderte die Exporte, baute dabei aber gegen Importe Barrieren auf, um Arbeitsplätze in den staatlichen Unternehmen zu schützen; es warb ausländische Unternehmen an, um deren Know-how für einheimische Unternehmen zu nutzen. (Schlembach, Welthandel und Globalisierung, 2024, S.156; vereinf. d.A.) Diese Wirtschaftspolitik brachte China enorme Finanzüberschüsse. Diese Mittel wurden über riesige Kreditvergaben zur Stabilisierung des Finanzsystems hoch verschuldeter Staaten eingesetzt. So wurde China auch auf dem Finanzsektor zur Weltmacht. 104 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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