– Die vorläufige Einstellung des Gerichtsverfahrens mit einer Probezeit von zwei Jahren. Wenn es zu einem Strafverfahren kommt, haben jugendliche Täterinnen und Täter immerhin noch die Chance eines „Schuldspruchs ohne Strafe“. Vor allem der „Außergerichtliche Tatausgleich“ hat sich auf die Resozialisierung gefährdeter Jugendlicher sehr positiv ausgewirkt. Deshalb wird er im Rahmen der Diversion seit dem Jahr 2000 auch im Erwachsenenstrafrecht angewendet. Diversionen nehmen zu, Verurteilungen ab 2016 wurden in Österreich 537 792 „gerichtlich strafbare Handlungen“ angezeigt. Die Aufklärungsquote betrug dabei 46 Prozent. Im Jahr 2022 wurden 488 949 Straftaten angezeigt und davon 52 Prozent aufgeklärt. Immer mehr Straftaten wurden seit 2000 aber durch die Diversion geregelt: 45 317 Fälle im Jahr 2007 (bei 43 158 rechtskräftigen Verurteilungen durch Gerichte). Im Jahr 2022 gab es 53 760 Diversionsregelungen bei 26 442 Verurteilungen. Fast die Hälfte dieser außergerichtlichen Regelungen betraf Suchtmitteldelikte. Österreich liegt mit der Anzahl seiner Strafgefangenen (relativ zu seiner Bevölkerungszahl) im unteren europäischen Spitzenfeld. Diese Situation hat sich auch dadurch nicht wesentlich verbessert, dass die Verurteilten bei guter Führung bereits nach Verbüßung der Hälfte der Strafzeit mit einer bedingten Entlassung rechnen dürfen. Im Jahr 2022 befanden sich 8 707 Personen in den österreichischen Justizanstalten. Wegen der Überfüllung der Gefängnisse und der damit verbundenen Kosten kam es seit 2010 zur Einführung des elektronisch überwachten Hausarrestes mit Hilfe der „Fußfessel“. Eine wesentliche Voraussetzung dafür ist allerdings, dass die zu verbüßende (Rest-)Strafe 12 Monate nicht übersteigt. Im August 2020 trugen 324 Personen (knapp 4 Prozent aller Strafgefangenen) eine „Fußfessel“. Strafvollzug „im Geist der Menschenwürde“? Seit 1992 gibt es ein Strafvollzugsrecht „im Geist der Menschenwürde“. Ziel der Reformen seither war es vor allem, die Resozialisierungschancen der Häftlinge zu verbessern: – Höherer Arbeitslohn und Einbeziehung in die Sozialversicherung: Der Lohn orientiert sich am Kollektivvertrag der Metallarbeiter. Etwa 75 Prozent davon werden für die Vollzugskosten und die Sozialversicherungsbeiträge abgezogen. Im Durchschnitt erhielten Häftlinge im Jahr 2017 rund fünf Euro pro Hafttag. Davon bekommen sie die Hälfte ausbezahlt, die andere Hälfte wird angespart (z. B. für Schadensgutmachung, Schuldentilgung, Unterhaltszahlungen bzw. Starthilfe für den Wiedereinstieg). – Erleichterung und Erweiterung der Häftlingsbesuche – Erleichterungen bei Ausgängen vor der Haftentlassung, zur Vorbereitung auf ein Leben in Freiheit – Erweiterung der Berufsausbildung vor allem im Jugendstrafvollzug – Möglichkeiten sinnvoller Freizeitgestaltung (Sport, Lesen, Radiohören und Fernsehen) 2022 Delikte insgesamt Jugendliche (14- bis 17-Jährige) Junge Erwachsene (18- bis 20-Jährige) 43 449 3 495 8 % 4 355 10 % Davon: Strafbare Handlungen gegen Leib und Leben 8 203 729 8,9 % 923 11,3 % gegen fremdes Vermögen 12 570 1 287 10,2 % 1 156 9,2 % gegen die sexuelle Integrität 1 570 169 10,8 % 163 10,4 % gegen das Suchtmittelgesetz 6 413 244 3,8 % 757 11,8 % Sonstige 14 738 1 066 7,2 % 1 356 9,2 % Schuldspruch unter Vorbehalt der Strafe 10,2 % Sonstige Maßnahmen 2,6% Teils bedingte FS, teils unbedingte GS 2,6% Schuldspruch ohne Strafe 1,2% Bedingte Freiheitsstrafen 49,5% Unbedingte Geldstrafen 10,7% Teilbedingte Geldstrafen 8,6% Teilbedingte Freiheitsstrafen 10,6% Unbedingte Freiheitsstrafen 7,3% Ausgesprochene Strafen und Maßnahmen bei Jugendlichen 2022 Tabelle und Grafik: Quelle: Statistik Austria, Gerichtliche Kriminalstatistik. In: Sicherheitsbericht 2022, S. 71 u. 125. Online auf: www.parlament. gv.at. Fragen und Arbeitsaufträge 1. Erkläre den Unterschied zwischen öffentlichem und privatem Recht. 2. Recherchiere im Internet, welches Strafausmaß das österreichische Strafrecht für Jugendliche und Erwachsene vorsieht für: (leichter, schwerer) Diebstahl (§ 127, 128 StGB), Datenbeschädigung (§ 126a StGB), Missbrauch von Computerprogrammen (§ 126c StGB), Raufhandel (§ 91 StGB), Vergewaltigung (§ 201 StGB), Suchtmittelbesitz (§ 27, 28 SMG). Nimm Stellung zum unterschiedlichen Strafausmaß für die Delikte. 3. Nimm Stellung dazu, wie sinnvoll Freiheitsstrafen sind. Nenne mögliche Alternativen. Politische und rechtliche Systeme 53 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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